Über die Absorption gewisser Flüssigkeiten durch die Drüsen an der Klappe und dem Kragen. -- Die Drüsen rund um die Mündungen der Blasen, welche noch jung sind oder welche lange in mäszig reinem Wasser gehalten worden sind, sind farblos; und der Primordialschlauch in ihren Zellen ist nur unbedeutend oder kaum irgendwie körnig. Aber in der Mehrzahl der Pflanzen im Naturzustande -- und hier müssen wir uns daran erinnern, dasz sie meistens in sehr fauligem Wasser wachsen -- und in Pflanzen, welche in einem Aquarium mit faulem Wasser gehalten werden, sind die meisten Drüsen von einer blasz-bräunlichen Färbung; der Primordial- schlauch ihrer Zellen war mehr oder weniger geschrumpft, zuweilen ge- rissen und der ganze Zelleninhalt häufig grob granulirt oder zu kleinen Massen zusammengeballt. Dasz dieser Zustand der Drüsen eine Folge davon ist, dasz sie Stoffe aus dem umgebenden Wasser absorbirt haben, daran kann ich nicht zweifeln, denn wie wir sofort sehen wer- den, tritt dasselbe Resultat ein, wenn sie wenige Stunden lang in verschiedene Lösung gelegt werden. Es ist auch nicht wahrschein- lich, dasz diese Aufsaugung nutzlos ist, wenn wir sehen, dasz sie bei Pflanzen, welche im Naturzustande wachsen, die Fälle ausgenommen, wo das Wasser merkwürdig rein ist, beinahe ganz allgemein ist.
Die Stiele der Drüsen, welche dicht an der schlitzförmigen Mün- dung sowohl auf der Klappe als auch auf dem Kragen stehen, sind kurz; während die Stiele der entfernter stehenden Drüsen sehr ver- längert sind und nach innen vorspringen. Hiernach sind die Drüsen ganz gut dazu angeordnet, dasz sie von jeder, durch die Mündung aus der Blase tretenden Flüssigkeit umspült werden. Nach den Er- folgen eines Einlegens unverletzter Blasen in verschiedenartige Lösun- gen zu urtheilen, schlieszt die Klappe so dicht an, dasz es zweifel- haft ist, ob irgend welche faulige Flüssigkeit für gewöhnlich nach auszen tritt. Wir müssen uns aber daran erinnern, dasz eine Blase meistens mehrere Thiere fängt, und dasz jedes Mal, wenn ein frisches Thier in dieselbe eintritt, ein Stosz fauligen Wassers austreten und die Drüsen umspülen musz. Überdies habe ich wiederholt gefunden, dasz, wenn man Blasen, welche Luft enthalten, sanft drückt, äuszerst kleine Luftbläschen durch die Mündung nach auszen getrieben werden; und wenn eine Blase auf Löschpapier gelegt und leicht gedrückt wird, so quillt Wasser heraus. Sobald in diesem letzteren Falle mit dem Drucke nachgelassen wird, wird Luft eingezogen und die Blase erhält
Utricularia neglecta. Cap. 17.
Über die Absorption gewisser Flüssigkeiten durch die Drüsen an der Klappe und dem Kragen. — Die Drüsen rund um die Mündungen der Blasen, welche noch jung sind oder welche lange in mäszig reinem Wasser gehalten worden sind, sind farblos; und der Primordialschlauch in ihren Zellen ist nur unbedeutend oder kaum irgendwie körnig. Aber in der Mehrzahl der Pflanzen im Naturzustande — und hier müssen wir uns daran erinnern, dasz sie meistens in sehr fauligem Wasser wachsen — und in Pflanzen, welche in einem Aquarium mit faulem Wasser gehalten werden, sind die meisten Drüsen von einer blasz-bräunlichen Färbung; der Primordial- schlauch ihrer Zellen war mehr oder weniger geschrumpft, zuweilen ge- rissen und der ganze Zelleninhalt häufig grob granulirt oder zu kleinen Massen zusammengeballt. Dasz dieser Zustand der Drüsen eine Folge davon ist, dasz sie Stoffe aus dem umgebenden Wasser absorbirt haben, daran kann ich nicht zweifeln, denn wie wir sofort sehen wer- den, tritt dasselbe Resultat ein, wenn sie wenige Stunden lang in verschiedene Lösung gelegt werden. Es ist auch nicht wahrschein- lich, dasz diese Aufsaugung nutzlos ist, wenn wir sehen, dasz sie bei Pflanzen, welche im Naturzustande wachsen, die Fälle ausgenommen, wo das Wasser merkwürdig rein ist, beinahe ganz allgemein ist.
Die Stiele der Drüsen, welche dicht an der schlitzförmigen Mün- dung sowohl auf der Klappe als auch auf dem Kragen stehen, sind kurz; während die Stiele der entfernter stehenden Drüsen sehr ver- längert sind und nach innen vorspringen. Hiernach sind die Drüsen ganz gut dazu angeordnet, dasz sie von jeder, durch die Mündung aus der Blase tretenden Flüssigkeit umspült werden. Nach den Er- folgen eines Einlegens unverletzter Blasen in verschiedenartige Lösun- gen zu urtheilen, schlieszt die Klappe so dicht an, dasz es zweifel- haft ist, ob irgend welche faulige Flüssigkeit für gewöhnlich nach auszen tritt. Wir müssen uns aber daran erinnern, dasz eine Blase meistens mehrere Thiere fängt, und dasz jedes Mal, wenn ein frisches Thier in dieselbe eintritt, ein Stosz fauligen Wassers austreten und die Drüsen umspülen musz. Überdies habe ich wiederholt gefunden, dasz, wenn man Blasen, welche Luft enthalten, sanft drückt, äuszerst kleine Luftbläschen durch die Mündung nach auszen getrieben werden; und wenn eine Blase auf Löschpapier gelegt und leicht gedrückt wird, so quillt Wasser heraus. Sobald in diesem letzteren Falle mit dem Drucke nachgelassen wird, wird Luft eingezogen und die Blase erhält
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Utricularia neglecta. Cap. 17.
Über die Absorption gewisser Flüssigkeiten durch
die Drüsen an der Klappe und dem Kragen. — Die Drüsen
rund um die Mündungen der Blasen, welche noch jung sind oder
welche lange in mäszig reinem Wasser gehalten worden sind, sind
farblos; und der Primordialschlauch in ihren Zellen ist nur unbedeutend
oder kaum irgendwie körnig. Aber in der Mehrzahl der Pflanzen im
Naturzustande — und hier müssen wir uns daran erinnern, dasz sie
meistens in sehr fauligem Wasser wachsen — und in Pflanzen, welche
in einem Aquarium mit faulem Wasser gehalten werden, sind die
meisten Drüsen von einer blasz-bräunlichen Färbung; der Primordial-
schlauch ihrer Zellen war mehr oder weniger geschrumpft, zuweilen ge-
rissen und der ganze Zelleninhalt häufig grob granulirt oder zu kleinen
Massen zusammengeballt. Dasz dieser Zustand der Drüsen eine Folge
davon ist, dasz sie Stoffe aus dem umgebenden Wasser absorbirt
haben, daran kann ich nicht zweifeln, denn wie wir sofort sehen wer-
den, tritt dasselbe Resultat ein, wenn sie wenige Stunden lang in
verschiedene Lösung gelegt werden. Es ist auch nicht wahrschein-
lich, dasz diese Aufsaugung nutzlos ist, wenn wir sehen, dasz sie bei
Pflanzen, welche im Naturzustande wachsen, die Fälle ausgenommen,
wo das Wasser merkwürdig rein ist, beinahe ganz allgemein ist.
Die Stiele der Drüsen, welche dicht an der schlitzförmigen Mün-
dung sowohl auf der Klappe als auch auf dem Kragen stehen, sind
kurz; während die Stiele der entfernter stehenden Drüsen sehr ver-
längert sind und nach innen vorspringen. Hiernach sind die Drüsen
ganz gut dazu angeordnet, dasz sie von jeder, durch die Mündung
aus der Blase tretenden Flüssigkeit umspült werden. Nach den Er-
folgen eines Einlegens unverletzter Blasen in verschiedenartige Lösun-
gen zu urtheilen, schlieszt die Klappe so dicht an, dasz es zweifel-
haft ist, ob irgend welche faulige Flüssigkeit für gewöhnlich nach
auszen tritt. Wir müssen uns aber daran erinnern, dasz eine Blase
meistens mehrere Thiere fängt, und dasz jedes Mal, wenn ein frisches
Thier in dieselbe eintritt, ein Stosz fauligen Wassers austreten und
die Drüsen umspülen musz. Überdies habe ich wiederholt gefunden,
dasz, wenn man Blasen, welche Luft enthalten, sanft drückt, äuszerst
kleine Luftbläschen durch die Mündung nach auszen getrieben werden;
und wenn eine Blase auf Löschpapier gelegt und leicht gedrückt wird,
so quillt Wasser heraus. Sobald in diesem letzteren Falle mit dem
Drucke nachgelassen wird, wird Luft eingezogen und die Blase erhält
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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/390>, abgerufen am 27.11.2024.
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