Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Cap. 13. Secretion und Absorption. sollten. Es ist überraschend, in wie unbedeutendem Grade ein Stück-chen Fleisch oder Eiweisz feucht zu sein braucht, um Absonderung und später langsame Bewegung anzuregen, und in gleicher Weise überraschend ist es, eine wie minutiös kleine Menge animaler Sub- stanz, wenn sie absorbirt wird, hinreicht, diese beiden Wirkungen hervorzubringen. Es erscheint kaum glaublich und ist doch sicher- lich eine Thatsache, dasz ein Stückchen hart gekochten Eiereiweiszes, erst vollständig getrocknet und dann für ein paar Minuten in Wasser gelegt und auf Löschpapier herumgerollt, in wenigen Stunden genug animale Substanz an die Drüsen abgeben kann, um sie zum Abson- dern und später die Lappen zum Schlieszen zu veranlassen. Dasz die Drüsen die Fähigkeit der Absorption haben, zeigt sich gleichfalls in der sehr verschiedenen Länge Zeit (wie wir sofort sehen werden), während welcher die Lappen über Insecten und andern lösliche stick- stoffhaltige Substanz darbietenden Körpern und über solchen, welche keine solche Substanz abgeben, geschlossen bleiben. Es liegt aber ein directer Beweis für die Absorption in dem Zustand der Drüsen, welche einige Zeit lang mit animaler Substanz in Berührung geblie- ben sind. So wurden Stückchen Fleisch und zerdrückte Insecten mehrere Male auf Drüsen gelegt und diese nach Verlauf einiger Stun- den mit andern Drüsen von entfernten Stellen des Blattes verglichen. Die letzteren zeigten nicht eine Spur von Zusammenballung, während diejenigen, welche mit der animalen Substanz in Berührung gewesen waren, gut zusammengeballt waren. Man kann sehen, wie Zusammen- ballung sehr schnell eintritt, wenn ein Stückchen eines Blattes in eine schwache Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetaucht wird. Ferner wurden kleine Würfelchen von Eiweisz und Gelatine acht Tage lang auf einem Blatte gelassen, welches dann aufgeschnitten wurde. Die ganze Oberfläche war mit saurem Secrete benetzt, und eine jede Zelle in den vielen Drüsen, welche untersucht wurden, bot eine Zusammenballung des Inhalts dar, und zwar zeigten sich in einer wunderschönen Art dunkel oder blasz purpurne oder farblose kuglige Massen von Protoplasma. Diese erlitten unaufhörliche lang- same Formveränderungen, zuweilen trennten sie sich von einander und vereinigten sich dann wieder, genau so wie in den Zellen der Dro- sera. Kochendes Wasser macht den Inhalt der Drüsenzellen weisz und opak, aber nicht so rein weisz und porzellanartig, wie es bei Drosera der Fall ist. Wie lebende Insecten, wenn sie auf natür- Cap. 13. Secretion und Absorption. sollten. Es ist überraschend, in wie unbedeutendem Grade ein Stück-chen Fleisch oder Eiweisz feucht zu sein braucht, um Absonderung und später langsame Bewegung anzuregen, und in gleicher Weise überraschend ist es, eine wie minutiös kleine Menge animaler Sub- stanz, wenn sie absorbirt wird, hinreicht, diese beiden Wirkungen hervorzubringen. Es erscheint kaum glaublich und ist doch sicher- lich eine Thatsache, dasz ein Stückchen hart gekochten Eiereiweiszes, erst vollständig getrocknet und dann für ein paar Minuten in Wasser gelegt und auf Löschpapier herumgerollt, in wenigen Stunden genug animale Substanz an die Drüsen abgeben kann, um sie zum Abson- dern und später die Lappen zum Schlieszen zu veranlassen. Dasz die Drüsen die Fähigkeit der Absorption haben, zeigt sich gleichfalls in der sehr verschiedenen Länge Zeit (wie wir sofort sehen werden), während welcher die Lappen über Insecten und andern lösliche stick- stoffhaltige Substanz darbietenden Körpern und über solchen, welche keine solche Substanz abgeben, geschlossen bleiben. Es liegt aber ein directer Beweis für die Absorption in dem Zustand der Drüsen, welche einige Zeit lang mit animaler Substanz in Berührung geblie- ben sind. So wurden Stückchen Fleisch und zerdrückte Insecten mehrere Male auf Drüsen gelegt und diese nach Verlauf einiger Stun- den mit andern Drüsen von entfernten Stellen des Blattes verglichen. Die letzteren zeigten nicht eine Spur von Zusammenballung, während diejenigen, welche mit der animalen Substanz in Berührung gewesen waren, gut zusammengeballt waren. Man kann sehen, wie Zusammen- ballung sehr schnell eintritt, wenn ein Stückchen eines Blattes in eine schwache Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetaucht wird. Ferner wurden kleine Würfelchen von Eiweisz und Gelatine acht Tage lang auf einem Blatte gelassen, welches dann aufgeschnitten wurde. Die ganze Oberfläche war mit saurem Secrete benetzt, und eine jede Zelle in den vielen Drüsen, welche untersucht wurden, bot eine Zusammenballung des Inhalts dar, und zwar zeigten sich in einer wunderschönen Art dunkel oder blasz purpurne oder farblose kuglige Massen von Protoplasma. Diese erlitten unaufhörliche lang- same Formveränderungen, zuweilen trennten sie sich von einander und vereinigten sich dann wieder, genau so wie in den Zellen der Dro- sera. Kochendes Wasser macht den Inhalt der Drüsenzellen weisz und opak, aber nicht so rein weisz und porzellanartig, wie es bei Drosera der Fall ist. 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Dasz die<lb/> Drüsen die Fähigkeit der Absorption haben, zeigt sich gleichfalls in<lb/> der sehr verschiedenen Länge Zeit (wie wir sofort sehen werden),<lb/> während welcher die Lappen über Insecten und andern lösliche stick-<lb/> stoffhaltige Substanz darbietenden Körpern und über solchen, welche<lb/> keine solche Substanz abgeben, geschlossen bleiben. Es liegt aber<lb/> ein directer Beweis für die Absorption in dem Zustand der Drüsen,<lb/> welche einige Zeit lang mit animaler Substanz in Berührung geblie-<lb/> ben sind. So wurden Stückchen Fleisch und zerdrückte Insecten<lb/> mehrere Male auf Drüsen gelegt und diese nach Verlauf einiger Stun-<lb/> den mit andern Drüsen von entfernten Stellen des Blattes verglichen.<lb/> Die letzteren zeigten nicht eine Spur von Zusammenballung, während<lb/> diejenigen, welche mit der animalen Substanz in Berührung gewesen<lb/> waren, gut zusammengeballt waren. 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Cap. 13. Secretion und Absorption.
sollten. Es ist überraschend, in wie unbedeutendem Grade ein Stück-
chen Fleisch oder Eiweisz feucht zu sein braucht, um Absonderung
und später langsame Bewegung anzuregen, und in gleicher Weise
überraschend ist es, eine wie minutiös kleine Menge animaler Sub-
stanz, wenn sie absorbirt wird, hinreicht, diese beiden Wirkungen
hervorzubringen. Es erscheint kaum glaublich und ist doch sicher-
lich eine Thatsache, dasz ein Stückchen hart gekochten Eiereiweiszes,
erst vollständig getrocknet und dann für ein paar Minuten in Wasser
gelegt und auf Löschpapier herumgerollt, in wenigen Stunden genug
animale Substanz an die Drüsen abgeben kann, um sie zum Abson-
dern und später die Lappen zum Schlieszen zu veranlassen. Dasz die
Drüsen die Fähigkeit der Absorption haben, zeigt sich gleichfalls in
der sehr verschiedenen Länge Zeit (wie wir sofort sehen werden),
während welcher die Lappen über Insecten und andern lösliche stick-
stoffhaltige Substanz darbietenden Körpern und über solchen, welche
keine solche Substanz abgeben, geschlossen bleiben. Es liegt aber
ein directer Beweis für die Absorption in dem Zustand der Drüsen,
welche einige Zeit lang mit animaler Substanz in Berührung geblie-
ben sind. So wurden Stückchen Fleisch und zerdrückte Insecten
mehrere Male auf Drüsen gelegt und diese nach Verlauf einiger Stun-
den mit andern Drüsen von entfernten Stellen des Blattes verglichen.
Die letzteren zeigten nicht eine Spur von Zusammenballung, während
diejenigen, welche mit der animalen Substanz in Berührung gewesen
waren, gut zusammengeballt waren. Man kann sehen, wie Zusammen-
ballung sehr schnell eintritt, wenn ein Stückchen eines Blattes in
eine schwache Lösung von kohlensaurem Ammoniak eingetaucht wird.
Ferner wurden kleine Würfelchen von Eiweisz und Gelatine acht
Tage lang auf einem Blatte gelassen, welches dann aufgeschnitten
wurde. Die ganze Oberfläche war mit saurem Secrete benetzt, und
eine jede Zelle in den vielen Drüsen, welche untersucht wurden, bot
eine Zusammenballung des Inhalts dar, und zwar zeigten sich in
einer wunderschönen Art dunkel oder blasz purpurne oder farblose
kuglige Massen von Protoplasma. Diese erlitten unaufhörliche lang-
same Formveränderungen, zuweilen trennten sie sich von einander und
vereinigten sich dann wieder, genau so wie in den Zellen der Dro-
sera. Kochendes Wasser macht den Inhalt der Drüsenzellen weisz
und opak, aber nicht so rein weisz und porzellanartig, wie es bei
Drosera der Fall ist. Wie lebende Insecten, wenn sie auf natür-
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