Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Cap. 6. Verdauung. äuszerst kräftig auf die Blätter wirkt; ob dies aber in Folge des inihr enthaltenen Caseins oder Albumins geschieht, weisz ich nicht. Ziemlich grosze Tropfen Milch regen eine so starke Absonderung an (die sehr sauer ist), dasz sie zuweilen von den Blättern abtröpfelt; dies ist gleichfalls für chemisch präparirtes Casein characteristisch. Sehr kleine Tropfen Milch auf Blätter gebracht, waren in ungefähr zehn Minuten geronnen. Schiff läugnet9, dasz die Gerinnung der Milch durch den Magensaft ausschlieszlich Folge der vorhandenen Säure sei, sondern schreibt sie theilweise dem Pepsin zu; es scheint auch zweifelhaft zu sein, ob bei Drosera die Coagulation gänzlich eine Folge der Säure ist, da das Secret gewöhnlich Lackmus-Papier nicht eher färbt, als bis die Tentakeln ordentlich eingebogen worden sind, während doch, wie wir gesehen haben, die Coagulation in un- gefähr zehn Minuten beginnt. Sehr kleine Tropfen abgerahmter Milch wurden auf die Scheiben von fünf Blättern gebracht; ein groszer Theil der geronnenen Substanz oder des Quarks war in 6 Stunden und noch vollständiger in 8 Stunden aufgelöst. Diese Blätter breiteten sich nach zwei Tagen wieder aus, und nun wurde die auf ihren Scheiben zurückgelassene klebrige Flüssigkeit sorgfältig abgekratzt und untersucht. Auf den ersten Blick schien es, als ob nicht alles Casein aufgelöst worden sei, denn es blieb ein wenig Substanz zurück, welche bei auffallendem Lichte weisz erschien. Wenn aber diese Sub- stanz unter starker Vergröszerung untersucht und mit einem minu- tiösen Tropfen abgerahmter, durch Essigsäure zur Gerinnung gebrachter Milch verglichen wurde, so sah man, dasz sie ausschlieszlich aus mehr oder weniger aggregirten Fettkügelchen ohne eine Spur von Casein be- stand. Da ich mit der mikroskopischen Erscheinung der Milch nicht vertraut war, bat ich Dr. Lauder Brunton die Präparate zu unter- suchen; er prüfte die Kügelchen mit Äther und fand, dasz sie sich darin lösten. Wir dürfen daher schlieszen, dasz das Secret das Casein in dem Zustande, in dem es in der Milch existirt, schnell auflöst. Chemisch präparirtes Casein. -- Diese Substanz, welche 9 Lecons etc. Tom. II. p. 151.
Cap. 6. Verdauung. äuszerst kräftig auf die Blätter wirkt; ob dies aber in Folge des inihr enthaltenen Casëins oder Albumins geschieht, weisz ich nicht. Ziemlich grosze Tropfen Milch regen eine so starke Absonderung an (die sehr sauer ist), dasz sie zuweilen von den Blättern abtröpfelt; dies ist gleichfalls für chemisch präparirtes Casëin characteristisch. Sehr kleine Tropfen Milch auf Blätter gebracht, waren in ungefähr zehn Minuten geronnen. Schiff läugnet9, dasz die Gerinnung der Milch durch den Magensaft ausschlieszlich Folge der vorhandenen Säure sei, sondern schreibt sie theilweise dem Pepsin zu; es scheint auch zweifelhaft zu sein, ob bei Drosera die Coagulation gänzlich eine Folge der Säure ist, da das Secret gewöhnlich Lackmus-Papier nicht eher färbt, als bis die Tentakeln ordentlich eingebogen worden sind, während doch, wie wir gesehen haben, die Coagulation in un- gefähr zehn Minuten beginnt. Sehr kleine Tropfen abgerahmter Milch wurden auf die Scheiben von fünf Blättern gebracht; ein groszer Theil der geronnenen Substanz oder des Quarks war in 6 Stunden und noch vollständiger in 8 Stunden aufgelöst. Diese Blätter breiteten sich nach zwei Tagen wieder aus, und nun wurde die auf ihren Scheiben zurückgelassene klebrige Flüssigkeit sorgfältig abgekratzt und untersucht. Auf den ersten Blick schien es, als ob nicht alles Casëin aufgelöst worden sei, denn es blieb ein wenig Substanz zurück, welche bei auffallendem Lichte weisz erschien. Wenn aber diese Sub- stanz unter starker Vergröszerung untersucht und mit einem minu- tiösen Tropfen abgerahmter, durch Essigsäure zur Gerinnung gebrachter Milch verglichen wurde, so sah man, dasz sie ausschlieszlich aus mehr oder weniger aggregirten Fettkügelchen ohne eine Spur von Casëin be- stand. Da ich mit der mikroskopischen Erscheinung der Milch nicht vertraut war, bat ich Dr. Lauder Brunton die Präparate zu unter- suchen; er prüfte die Kügelchen mit Äther und fand, dasz sie sich darin lösten. Wir dürfen daher schlieszen, dasz das Secret das Casëin in dem Zustande, in dem es in der Milch existirt, schnell auflöst. Chemisch präparirtes Casëin. — Diese Substanz, welche 9 Leçons etc. Tom. II. p. 151.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0115" n="101"/><fw place="top" type="header">Cap. 6. Verdauung.</fw><lb/> äuszerst kräftig auf die Blätter wirkt; ob dies aber in Folge des in<lb/> ihr enthaltenen Casëins oder Albumins geschieht, weisz ich nicht.<lb/> Ziemlich grosze Tropfen Milch regen eine so starke Absonderung an<lb/> (die sehr sauer ist), dasz sie zuweilen von den Blättern abtröpfelt;<lb/> dies ist gleichfalls für chemisch präparirtes Casëin characteristisch.<lb/> Sehr kleine Tropfen Milch auf Blätter gebracht, waren in ungefähr<lb/> zehn Minuten geronnen. <hi rendition="#k">Schiff</hi> läugnet<note place="foot" n="9">Leçons etc. Tom. II. p. 151.</note>, dasz die Gerinnung der<lb/> Milch durch den Magensaft ausschlieszlich Folge der vorhandenen<lb/> Säure sei, sondern schreibt sie theilweise dem Pepsin zu; es scheint<lb/> auch zweifelhaft zu sein, ob bei <hi rendition="#i">Drosera</hi> die Coagulation gänzlich<lb/> eine Folge der Säure ist, da das Secret gewöhnlich Lackmus-Papier<lb/> nicht eher färbt, als bis die Tentakeln ordentlich eingebogen worden<lb/> sind, während doch, wie wir gesehen haben, die Coagulation in un-<lb/> gefähr zehn Minuten beginnt. Sehr kleine Tropfen abgerahmter Milch<lb/> wurden auf die Scheiben von fünf Blättern gebracht; ein groszer Theil<lb/> der geronnenen Substanz oder des Quarks war in 6 Stunden und<lb/> noch vollständiger in 8 Stunden aufgelöst. Diese Blätter breiteten<lb/> sich nach zwei Tagen wieder aus, und nun wurde die auf ihren<lb/> Scheiben zurückgelassene klebrige Flüssigkeit sorgfältig abgekratzt<lb/> und untersucht. Auf den ersten Blick schien es, als ob nicht alles<lb/> Casëin aufgelöst worden sei, denn es blieb ein wenig Substanz zurück,<lb/> welche bei auffallendem Lichte weisz erschien. Wenn aber diese Sub-<lb/> stanz unter starker Vergröszerung untersucht und mit einem minu-<lb/> tiösen Tropfen abgerahmter, durch Essigsäure zur Gerinnung gebrachter<lb/> Milch verglichen wurde, so sah man, dasz sie ausschlieszlich aus mehr<lb/> oder weniger aggregirten Fettkügelchen ohne eine Spur von Casëin be-<lb/> stand. Da ich mit der mikroskopischen Erscheinung der Milch nicht<lb/> vertraut war, bat ich Dr. <hi rendition="#k">Lauder Brunton</hi> die Präparate zu unter-<lb/> suchen; er prüfte die Kügelchen mit Äther und fand, dasz sie sich<lb/> darin lösten. Wir dürfen daher schlieszen, dasz das Secret das Casëin<lb/> in dem Zustande, in dem es in der Milch existirt, schnell auflöst.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Chemisch präparirtes Casëin.</hi> — Diese Substanz, welche<lb/> in Wasser unlöslich ist, wird von vielen Chemikern für von dem<lb/> Casëin der frischen Milch verschieden gehalten. Ich verschaffte etwas<lb/> davon, aus harten Kügelchen bestehend, von den Herren <hi rendition="#k">Hopkins</hi> und<lb/><hi rendition="#k">Williams</hi> und stellte viele Versuche damit an. Kleine Stückchen und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [101/0115]
Cap. 6. Verdauung.
äuszerst kräftig auf die Blätter wirkt; ob dies aber in Folge des in
ihr enthaltenen Casëins oder Albumins geschieht, weisz ich nicht.
Ziemlich grosze Tropfen Milch regen eine so starke Absonderung an
(die sehr sauer ist), dasz sie zuweilen von den Blättern abtröpfelt;
dies ist gleichfalls für chemisch präparirtes Casëin characteristisch.
Sehr kleine Tropfen Milch auf Blätter gebracht, waren in ungefähr
zehn Minuten geronnen. Schiff läugnet 9, dasz die Gerinnung der
Milch durch den Magensaft ausschlieszlich Folge der vorhandenen
Säure sei, sondern schreibt sie theilweise dem Pepsin zu; es scheint
auch zweifelhaft zu sein, ob bei Drosera die Coagulation gänzlich
eine Folge der Säure ist, da das Secret gewöhnlich Lackmus-Papier
nicht eher färbt, als bis die Tentakeln ordentlich eingebogen worden
sind, während doch, wie wir gesehen haben, die Coagulation in un-
gefähr zehn Minuten beginnt. Sehr kleine Tropfen abgerahmter Milch
wurden auf die Scheiben von fünf Blättern gebracht; ein groszer Theil
der geronnenen Substanz oder des Quarks war in 6 Stunden und
noch vollständiger in 8 Stunden aufgelöst. Diese Blätter breiteten
sich nach zwei Tagen wieder aus, und nun wurde die auf ihren
Scheiben zurückgelassene klebrige Flüssigkeit sorgfältig abgekratzt
und untersucht. Auf den ersten Blick schien es, als ob nicht alles
Casëin aufgelöst worden sei, denn es blieb ein wenig Substanz zurück,
welche bei auffallendem Lichte weisz erschien. Wenn aber diese Sub-
stanz unter starker Vergröszerung untersucht und mit einem minu-
tiösen Tropfen abgerahmter, durch Essigsäure zur Gerinnung gebrachter
Milch verglichen wurde, so sah man, dasz sie ausschlieszlich aus mehr
oder weniger aggregirten Fettkügelchen ohne eine Spur von Casëin be-
stand. Da ich mit der mikroskopischen Erscheinung der Milch nicht
vertraut war, bat ich Dr. Lauder Brunton die Präparate zu unter-
suchen; er prüfte die Kügelchen mit Äther und fand, dasz sie sich
darin lösten. Wir dürfen daher schlieszen, dasz das Secret das Casëin
in dem Zustande, in dem es in der Milch existirt, schnell auflöst.
Chemisch präparirtes Casëin. — Diese Substanz, welche
in Wasser unlöslich ist, wird von vielen Chemikern für von dem
Casëin der frischen Milch verschieden gehalten. Ich verschaffte etwas
davon, aus harten Kügelchen bestehend, von den Herren Hopkins und
Williams und stellte viele Versuche damit an. Kleine Stückchen und
9 Leçons etc. Tom. II. p. 151.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |