jeden die Freyheit, unsere Lehren nach seiner Einsicht zu verändern. Vielleicht redet die Erfahrung mir das Wort.
§. 544.
Von der Zu- bereitung der Materia- lien, insbe- sondere vom Rösten.
Zuerst von der Zubereitung der Materialien. Jns- gemein wird das Leinwand aus Flachs und Hanf ver- fertiget. Beyde Gewächse, wenn die Knoten, wo- von der Saame ist, sind abgerüffelt worden, sind nichts als Körper, die aus aneinander hängenden Fäden sind zusammen gesetzet, die gleichsam in einer spröden Haut, die man den Bast nennt, eingeschlos- sen. Daher erfodert die Zudereitung dieses Gewäch- ses eine Auflösung der cohaesion dieser Fäden, und daß man den Bast mürbe macht, damit er durch das Pochen von den Fäden könne getrennet werden. Aus dieser Ursache wird der Flachs zuerst einige Tage ins Wasser geleget, um durch die Erweichung beydes zu würken. Dieß nennet man den Flachs rösten.
§. 545.
Worauf hie- bey zu sehen.
Dieß scheinet eine geringe Arbeit zu seyn. Sie ist aber eine sehr wichtige, von der ein merklicher Theil in der Güthe des Garns abhänget. Sie würket Un- vollkommenheiten einmahl, wenn sie die cohaesion der Theile, die den Faden machen, entweder völlig, oder zum Theil auflöset. Jn dem ersten Fall bekom- men wir bey der Zubereitung des Flachses keine Fä- den, sondern Staub; und in dem andern Fall ver- liehren die Fäden ihre Biegsamkeit. Sie werden spröde, und daher zu vollkommenen Werken unbrauch- bar. Fürs andere, wenn sie nicht die cohaesion aller Fäden trennet, sondern die feinen in der Ver- knüpfung mit den groben stehen läst. Diese Wür- kungen gründen sich in der Unvollkommenheit des Wassers, worin der Flachs geröstet wird. Jst dieses
hart,
Der Stadt-Wirthſchaft 3 Abſchnitt,
jeden die Freyheit, unſere Lehren nach ſeiner Einſicht zu veraͤndern. Vielleicht redet die Erfahrung mir das Wort.
§. 544.
Von der Zu- bereitung der Materia- lien, insbe- ſondere vom Roͤſten.
Zuerſt von der Zubereitung der Materialien. Jns- gemein wird das Leinwand aus Flachs und Hanf ver- fertiget. Beyde Gewaͤchſe, wenn die Knoten, wo- von der Saame iſt, ſind abgeruͤffelt worden, ſind nichts als Koͤrper, die aus aneinander haͤngenden Faͤden ſind zuſammen geſetzet, die gleichſam in einer ſproͤden Haut, die man den Baſt nennt, eingeſchloſ- ſen. Daher erfodert die Zudereitung dieſes Gewaͤch- ſes eine Aufloͤſung der cohaeſion dieſer Faͤden, und daß man den Baſt muͤrbe macht, damit er durch das Pochen von den Faͤden koͤnne getrennet werden. Aus dieſer Urſache wird der Flachs zuerſt einige Tage ins Waſſer geleget, um durch die Erweichung beydes zu wuͤrken. Dieß nennet man den Flachs roͤſten.
§. 545.
Worauf hie- bey zu ſehen.
Dieß ſcheinet eine geringe Arbeit zu ſeyn. Sie iſt aber eine ſehr wichtige, von der ein merklicher Theil in der Guͤthe des Garns abhaͤnget. Sie wuͤrket Un- vollkommenheiten einmahl, wenn ſie die cohaeſion der Theile, die den Faden machen, entweder voͤllig, oder zum Theil aufloͤſet. Jn dem erſten Fall bekom- men wir bey der Zubereitung des Flachſes keine Faͤ- den, ſondern Staub; und in dem andern Fall ver- liehren die Faͤden ihre Biegſamkeit. Sie werden ſproͤde, und daher zu vollkommenen Werken unbrauch- bar. Fuͤrs andere, wenn ſie nicht die cohaeſion aller Faͤden trennet, ſondern die feinen in der Ver- knuͤpfung mit den groben ſtehen laͤſt. Dieſe Wuͤr- kungen gruͤnden ſich in der Unvollkommenheit des Waſſers, worin der Flachs geroͤſtet wird. Jſt dieſes
hart,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0366"n="346"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Stadt-Wirthſchaft 3 Abſchnitt,</hi></fw><lb/>
jeden die Freyheit, unſere Lehren nach ſeiner Einſicht<lb/>
zu veraͤndern. Vielleicht redet die Erfahrung mir<lb/>
das Wort.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 544.</head><lb/><noteplace="left">Von der Zu-<lb/>
bereitung<lb/>
der Materia-<lb/>
lien, insbe-<lb/>ſondere vom<lb/>
Roͤſten.</note><p>Zuerſt von der Zubereitung der Materialien. Jns-<lb/>
gemein wird das Leinwand aus Flachs und Hanf ver-<lb/>
fertiget. Beyde Gewaͤchſe, wenn die Knoten, wo-<lb/>
von der Saame iſt, ſind <hirendition="#fr">abgeruͤffelt</hi> worden, ſind<lb/>
nichts als Koͤrper, die aus aneinander haͤngenden<lb/>
Faͤden ſind zuſammen geſetzet, die gleichſam in einer<lb/>ſproͤden Haut, die man den Baſt nennt, eingeſchloſ-<lb/>ſen. Daher erfodert die Zudereitung dieſes Gewaͤch-<lb/>ſes eine Aufloͤſung der <hirendition="#aq">cohaeſion</hi> dieſer Faͤden, und<lb/>
daß man den Baſt muͤrbe macht, damit er durch das<lb/>
Pochen von den Faͤden koͤnne getrennet werden.<lb/>
Aus dieſer Urſache wird der Flachs zuerſt einige Tage<lb/>
ins Waſſer geleget, um durch die Erweichung beydes<lb/>
zu wuͤrken. Dieß nennet man den <hirendition="#fr">Flachs roͤſten.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 545.</head><lb/><noteplace="left">Worauf hie-<lb/>
bey zu ſehen.</note><p>Dieß ſcheinet eine geringe Arbeit zu ſeyn. Sie iſt<lb/>
aber eine ſehr wichtige, von der ein merklicher Theil<lb/>
in der Guͤthe des Garns abhaͤnget. Sie wuͤrket Un-<lb/>
vollkommenheiten <hirendition="#fr">einmahl,</hi> wenn ſie die <hirendition="#aq">cohaeſion</hi><lb/>
der Theile, die den Faden machen, entweder voͤllig,<lb/>
oder zum Theil aufloͤſet. Jn dem erſten Fall bekom-<lb/>
men wir bey der Zubereitung des Flachſes keine Faͤ-<lb/>
den, ſondern Staub; und in dem andern Fall ver-<lb/>
liehren die Faͤden ihre Biegſamkeit. Sie werden<lb/>ſproͤde, und daher zu vollkommenen Werken unbrauch-<lb/>
bar. <hirendition="#fr">Fuͤrs andere,</hi> wenn ſie nicht die <hirendition="#aq">cohaeſion</hi><lb/>
aller Faͤden trennet, ſondern die feinen in der Ver-<lb/>
knuͤpfung mit den groben ſtehen laͤſt. Dieſe Wuͤr-<lb/>
kungen gruͤnden ſich in der Unvollkommenheit des<lb/>
Waſſers, worin der Flachs geroͤſtet wird. Jſt dieſes<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hart,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[346/0366]
Der Stadt-Wirthſchaft 3 Abſchnitt,
jeden die Freyheit, unſere Lehren nach ſeiner Einſicht
zu veraͤndern. Vielleicht redet die Erfahrung mir
das Wort.
§. 544.
Zuerſt von der Zubereitung der Materialien. Jns-
gemein wird das Leinwand aus Flachs und Hanf ver-
fertiget. Beyde Gewaͤchſe, wenn die Knoten, wo-
von der Saame iſt, ſind abgeruͤffelt worden, ſind
nichts als Koͤrper, die aus aneinander haͤngenden
Faͤden ſind zuſammen geſetzet, die gleichſam in einer
ſproͤden Haut, die man den Baſt nennt, eingeſchloſ-
ſen. Daher erfodert die Zudereitung dieſes Gewaͤch-
ſes eine Aufloͤſung der cohaeſion dieſer Faͤden, und
daß man den Baſt muͤrbe macht, damit er durch das
Pochen von den Faͤden koͤnne getrennet werden.
Aus dieſer Urſache wird der Flachs zuerſt einige Tage
ins Waſſer geleget, um durch die Erweichung beydes
zu wuͤrken. Dieß nennet man den Flachs roͤſten.
§. 545.
Dieß ſcheinet eine geringe Arbeit zu ſeyn. Sie iſt
aber eine ſehr wichtige, von der ein merklicher Theil
in der Guͤthe des Garns abhaͤnget. Sie wuͤrket Un-
vollkommenheiten einmahl, wenn ſie die cohaeſion
der Theile, die den Faden machen, entweder voͤllig,
oder zum Theil aufloͤſet. Jn dem erſten Fall bekom-
men wir bey der Zubereitung des Flachſes keine Faͤ-
den, ſondern Staub; und in dem andern Fall ver-
liehren die Faͤden ihre Biegſamkeit. Sie werden
ſproͤde, und daher zu vollkommenen Werken unbrauch-
bar. Fuͤrs andere, wenn ſie nicht die cohaeſion
aller Faͤden trennet, ſondern die feinen in der Ver-
knuͤpfung mit den groben ſtehen laͤſt. Dieſe Wuͤr-
kungen gruͤnden ſich in der Unvollkommenheit des
Waſſers, worin der Flachs geroͤſtet wird. Jſt dieſes
hart,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/366>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.