oft das Vermögen fehlen, dieß, was durch die Fi- gur möglich ist, würklich zu machen. Und darum feh- let diesem Werke die wesentliche Vollkommenheit. (§. 528.)
Anmerk. Wir wollen diese Regel mit einigen Beyspielen erläutern. Ein Künstler will Strüm- pfe machen, die den Fuß im Winter wärmen sollen. Er nimmt dikken Zwirn, der vom Flachs gemacht, und verfertiget seine Strümpfe. Die Figur ist würklich, durch welche die Bedekkung und Erwär- mung der Füße möglich. Allein dem Zwirn feh- let die innere Wärme, und daher sind seine Strüm- pfe wesentlich unvollkommen. Ein anderer nimmt Zwirn, der z. B. aus dem Werke der Brenn- Nesseln bereitet ist, und er erlanget seine Absicht. Ferner, ein Künstler bereitet Zeug zum Kleide, und es ist nicht biegsam. Das Kleid wird daraus gemacht, und die Unbiegsamkeit des Zeuges verhin- dert den Gebrauch des Kleides, und darum ist das Zeug wesentlich unvollkommen, u. s. f.
§. 530.
Der Zufälli- ge hat ver- schiedene Gründe. Der erste die Schönheit.
Die zufälligen Vollkommenheiten dieser Werke der Kunst gründen sich in den sinnlichen Begriffen und in den verschiedenen Umständen der Menschen. Dieß ist genug zu begreifen, daß man diese Vollkommen- heit unmöglich aus einer allgemeinen Regel beurthei- len könne. Wir wollen es versuchen, ob wir diese ver- schiedene Stükke, auf welche es bey dieser Vollkom- menheit ankommt, auf einige allgemeine Regeln brin- gen könne.
Die erste Regel ist diese: Zur Vollkommenheit dieser Werke der Kunst wird die Schönheit erfodert.
Dieß
Der Stadt-Wirthſchaft 3 Abſchnitt,
oft das Vermoͤgen fehlen, dieß, was durch die Fi- gur moͤglich iſt, wuͤrklich zu machen. Und darum feh- let dieſem Werke die weſentliche Vollkommenheit. (§. 528.)
Anmerk. Wir wollen dieſe Regel mit einigen Beyſpielen erlaͤutern. Ein Kuͤnſtler will Struͤm- pfe machen, die den Fuß im Winter waͤrmen ſollen. Er nimmt dikken Zwirn, der vom Flachs gemacht, und verfertiget ſeine Struͤmpfe. Die Figur iſt wuͤrklich, durch welche die Bedekkung und Erwaͤr- mung der Fuͤße moͤglich. Allein dem Zwirn feh- let die innere Waͤrme, und daher ſind ſeine Struͤm- pfe weſentlich unvollkommen. Ein anderer nimmt Zwirn, der z. B. aus dem Werke der Brenn- Neſſeln bereitet iſt, und er erlanget ſeine Abſicht. Ferner, ein Kuͤnſtler bereitet Zeug zum Kleide, und es iſt nicht biegſam. Das Kleid wird daraus gemacht, und die Unbiegſamkeit des Zeuges verhin- dert den Gebrauch des Kleides, und darum iſt das Zeug weſentlich unvollkommen, u. ſ. f.
§. 530.
Der Zufaͤlli- ge hat ver- ſchiedene Gruͤnde. Der erſte die Schoͤnheit.
Die zufaͤlligen Vollkommenheiten dieſer Werke der Kunſt gruͤnden ſich in den ſinnlichen Begriffen und in den verſchiedenen Umſtaͤnden der Menſchen. Dieß iſt genug zu begreifen, daß man dieſe Vollkommen- heit unmoͤglich aus einer allgemeinen Regel beurthei- len koͤnne. Wir wollen es verſuchen, ob wir dieſe ver- ſchiedene Stuͤkke, auf welche es bey dieſer Vollkom- menheit ankommt, auf einige allgemeine Regeln brin- gen koͤnne.
Die erſte Regel iſt dieſe: Zur Vollkommenheit dieſer Werke der Kunſt wird die Schoͤnheit erfodert.
Dieß
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Der Stadt-Wirthſchaft 3 Abſchnitt,
oft das Vermoͤgen fehlen, dieß, was durch die Fi-
gur moͤglich iſt, wuͤrklich zu machen. Und darum feh-
let dieſem Werke die weſentliche Vollkommenheit.
(§. 528.)
Anmerk. Wir wollen dieſe Regel mit einigen
Beyſpielen erlaͤutern. Ein Kuͤnſtler will Struͤm-
pfe machen, die den Fuß im Winter waͤrmen ſollen.
Er nimmt dikken Zwirn, der vom Flachs gemacht,
und verfertiget ſeine Struͤmpfe. Die Figur iſt
wuͤrklich, durch welche die Bedekkung und Erwaͤr-
mung der Fuͤße moͤglich. Allein dem Zwirn feh-
let die innere Waͤrme, und daher ſind ſeine Struͤm-
pfe weſentlich unvollkommen. Ein anderer nimmt
Zwirn, der z. B. aus dem Werke der Brenn-
Neſſeln bereitet iſt, und er erlanget ſeine Abſicht.
Ferner, ein Kuͤnſtler bereitet Zeug zum Kleide,
und es iſt nicht biegſam. Das Kleid wird daraus
gemacht, und die Unbiegſamkeit des Zeuges verhin-
dert den Gebrauch des Kleides, und darum iſt das
Zeug weſentlich unvollkommen, u. ſ. f.
§. 530.
Die zufaͤlligen Vollkommenheiten dieſer Werke der
Kunſt gruͤnden ſich in den ſinnlichen Begriffen und
in den verſchiedenen Umſtaͤnden der Menſchen. Dieß
iſt genug zu begreifen, daß man dieſe Vollkommen-
heit unmoͤglich aus einer allgemeinen Regel beurthei-
len koͤnne. Wir wollen es verſuchen, ob wir dieſe ver-
ſchiedene Stuͤkke, auf welche es bey dieſer Vollkom-
menheit ankommt, auf einige allgemeine Regeln brin-
gen koͤnne.
Die erſte Regel iſt dieſe: Zur Vollkommenheit
dieſer Werke der Kunſt wird die Schoͤnheit
erfodert.
Dieß
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/356>, abgerufen am 21.11.2024.
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