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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
Ambrosius ließ ihn nicht zur Communion/ und weiset ihn mit diesen Wor-
ten ab: An nescis Imperator, quae sit atrocitas a te commissi facinoris?
annon meministi, alium esse nobis Imperatorem, te superiorem, Deum?
quae est ista tua feritas & confidens impietas, ut nihil verearis, manus tu-
as adhuc cruore stillantes ad percipiendum sacratissimum Domini cor-
pus extendere? atque os tuum, quo damnasti innocentes, pretioso Do-
mini sangaini admovere?
das ist: Weistu nicht Kayser/ wie greu-
lich und abscheulich deine begangene Mißhandlung seye?
weistu nicht/ daß wir noch einen höhern Kayser/ dann du bist/
über uns haben/ GOtt? wie darffst du so frech und kühn seyn/
daß du deine mit Blut noch besudelte Hände wilt außstrecken/
den allerheiligsten Leib deines HErrn Christi zu empfahen?
und deinen Mund/ mit welchem du die Unschuldigen verdam-
met hast/ darreichen/ seines allertheuresten und köstlichsten
Bluts zu geniessen? Darauff machet sich der Kayser heim in sein
Schloß/ erkennet mit Schmertzen sein Unrecht/ und enthält sich des of-
fentlichen Gottes-Diensts und der Kirchen 8. Monat lang/ biß auff Weyh-
nachten. Als ihn aber Ruffinus gefragt: warum er so hefftig weyne?
und er geantwortet: es seye ihm der Spruch Christi in den Sinn gefal-
lkn: Welchen ihr die Sünde behaltet/ denen seind sie behalten/
und was ihr auff Erden binden werdet/ das soll auch im Him-
mel gebunden seyn; Da laßt er durch seinen Hoffmeister bitten/ man
soll ihm doch erlauben/ zum Tisch des Herrn zu gehen. O nein/ sagte
Ambrosius, er muß zuvor die Kirchen-Disciplin außstehen/ und verspre-
chen/ daß hinfort kein Kayserlich Edict, Leib und Leben betreffend/ vor dem
dreyssigsten Tag solle exequirt werden/ damit der Kayser sich nicht über-
eyle. Das geschicht nun/ er legt seine Crone beyseit/ fället zur Erden/ thut
offentliche Kirchen-Buß/ bekennet mit Thränen seine Sünd/ rufft GOt-
tes Barmhertzigkeit an/ stehet nicht in seinem Kayserlichen Stuhl/ son-
dern in loco peccatorum, an dem Ort der Unehren.

Dieses ist Historia admiranda, eine wunder-würdige Histori/ daß
ein solch grosser Potentat des Orient- und Occidentalischen Reichs/ gegen
welcher Majestät das heutige Kayserthum kaum wie ein Schatten zu
rechnen/ von einem armen wehrlosen Pfarrer zu Mayland sich also tracti-
ren lassen; daß er nicht den Ambrosium beym Kopff genommen/ und
Johannem den Täuffer mit ihm gespielt. Man hat wol Exempel/ daß
mit manchem Edelmann noch nicht so streng wäre verfahren worden/
der aber eher seinen Pfarrer abgestrafft/ als sich der Disciplin unterwerffen

wollen.

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
Ambroſius ließ ihn nicht zur Communion/ und weiſet ihn mit dieſen Wor-
ten ab: An neſcis Imperator, quæ ſit atrocitas à te commiſſi facinoris?
annon meminiſti, alium eſſe nobis Imperatorem, te ſuperiorem, Deum?
quæ eſt iſta tua feritas & confidens impietas, ut nihil verearis, manus tu-
as adhuc cruore ſtillantes ad percipiendum ſacratiſſimum Domini cor-
pus extendere? atque os tuum, quo damnaſti innocentes, pretioſo Do-
mini ſangaini admovere?
das iſt: Weiſtu nicht Kayſer/ wie greu-
lich und abſcheulich deine begangene Mißhandlung ſeye?
weiſtu nicht/ daß wir noch einen hoͤhern Kayſer/ dann du biſt/
uͤber uns haben/ GOtt? wie darffſt du ſo frech und kuͤhn ſeyn/
daß du deine mit Blut noch beſudelte Haͤnde wilt außſtrecken/
den allerheiligſten Leib deines HErꝛn Chriſti zu empfahen?
und deinen Mund/ mit welchem du die Unſchuldigen verdam-
met haſt/ darreichen/ ſeines allertheureſten und koͤſtlichſten
Bluts zu genieſſen? Darauff machet ſich der Kayſer heim in ſein
Schloß/ erkennet mit Schmertzen ſein Unrecht/ und enthaͤlt ſich des of-
fentlichen Gottes-Dienſts und der Kirchen 8. Monat lang/ biß auff Weyh-
nachten. Als ihn aber Ruffinus gefragt: warum er ſo hefftig weyne?
und er geantwortet: es ſeye ihm der Spruch Chriſti in den Sinn gefal-
lkn: Welchen ihr die Suͤnde behaltet/ denen ſeind ſie behalten/
und was ihr auff Erden binden werdet/ das ſoll auch im Him-
mel gebunden ſeyn; Da laßt er durch ſeinen Hoffmeiſter bitten/ man
ſoll ihm doch erlauben/ zum Tiſch des Herrn zu gehen. O nein/ ſagte
Ambroſius, er muß zuvor die Kirchen-Diſciplin außſtehen/ und verſpre-
chen/ daß hinfort kein Kayſerlich Edict, Leib und Leben betreffend/ vor dem
dreyſſigſten Tag ſolle exequirt werden/ damit der Kayſer ſich nicht uͤber-
eyle. Das geſchicht nun/ er legt ſeine Crone beyſeit/ faͤllet zur Erden/ thut
offentliche Kirchen-Buß/ bekennet mit Thraͤnen ſeine Suͤnd/ rufft GOt-
tes Barmhertzigkeit an/ ſtehet nicht in ſeinem Kayſerlichen Stuhl/ ſon-
dern in loco peccatorum, an dem Ort der Unehren.

Dieſes iſt Hiſtoria admiranda, eine wunder-wuͤrdige Hiſtori/ daß
ein ſolch groſſer Potentat des Orient- und Occidentaliſchen Reichs/ gegen
welcher Majeſtaͤt das heutige Kayſerthum kaum wie ein Schatten zu
rechnen/ von einem armen wehrloſen Pfarrer zu Mayland ſich alſo tracti-
ren laſſen; daß er nicht den Ambroſium beym Kopff genommen/ und
Johannem den Taͤuffer mit ihm geſpielt. Man hat wol Exempel/ daß
mit manchem Edelmann noch nicht ſo ſtreng waͤre verfahren worden/
der aber eher ſeinen Pfarrer abgeſtrafft/ als ſich der Diſciplin unterwerffen

wollen.
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[303/0321] Vom Gewalt der Schluͤſſel. Ambroſius ließ ihn nicht zur Communion/ und weiſet ihn mit dieſen Wor- ten ab: An neſcis Imperator, quæ ſit atrocitas à te commiſſi facinoris? annon meminiſti, alium eſſe nobis Imperatorem, te ſuperiorem, Deum? quæ eſt iſta tua feritas & confidens impietas, ut nihil verearis, manus tu- as adhuc cruore ſtillantes ad percipiendum ſacratiſſimum Domini cor- pus extendere? atque os tuum, quo damnaſti innocentes, pretioſo Do- mini ſangaini admovere? das iſt: Weiſtu nicht Kayſer/ wie greu- lich und abſcheulich deine begangene Mißhandlung ſeye? weiſtu nicht/ daß wir noch einen hoͤhern Kayſer/ dann du biſt/ uͤber uns haben/ GOtt? wie darffſt du ſo frech und kuͤhn ſeyn/ daß du deine mit Blut noch beſudelte Haͤnde wilt außſtrecken/ den allerheiligſten Leib deines HErꝛn Chriſti zu empfahen? und deinen Mund/ mit welchem du die Unſchuldigen verdam- met haſt/ darreichen/ ſeines allertheureſten und koͤſtlichſten Bluts zu genieſſen? Darauff machet ſich der Kayſer heim in ſein Schloß/ erkennet mit Schmertzen ſein Unrecht/ und enthaͤlt ſich des of- fentlichen Gottes-Dienſts und der Kirchen 8. Monat lang/ biß auff Weyh- nachten. Als ihn aber Ruffinus gefragt: warum er ſo hefftig weyne? und er geantwortet: es ſeye ihm der Spruch Chriſti in den Sinn gefal- lkn: Welchen ihr die Suͤnde behaltet/ denen ſeind ſie behalten/ und was ihr auff Erden binden werdet/ das ſoll auch im Him- mel gebunden ſeyn; Da laßt er durch ſeinen Hoffmeiſter bitten/ man ſoll ihm doch erlauben/ zum Tiſch des Herrn zu gehen. O nein/ ſagte Ambroſius, er muß zuvor die Kirchen-Diſciplin außſtehen/ und verſpre- chen/ daß hinfort kein Kayſerlich Edict, Leib und Leben betreffend/ vor dem dreyſſigſten Tag ſolle exequirt werden/ damit der Kayſer ſich nicht uͤber- eyle. Das geſchicht nun/ er legt ſeine Crone beyſeit/ faͤllet zur Erden/ thut offentliche Kirchen-Buß/ bekennet mit Thraͤnen ſeine Suͤnd/ rufft GOt- tes Barmhertzigkeit an/ ſtehet nicht in ſeinem Kayſerlichen Stuhl/ ſon- dern in loco peccatorum, an dem Ort der Unehren. Dieſes iſt Hiſtoria admiranda, eine wunder-wuͤrdige Hiſtori/ daß ein ſolch groſſer Potentat des Orient- und Occidentaliſchen Reichs/ gegen welcher Majeſtaͤt das heutige Kayſerthum kaum wie ein Schatten zu rechnen/ von einem armen wehrloſen Pfarrer zu Mayland ſich alſo tracti- ren laſſen; daß er nicht den Ambroſium beym Kopff genommen/ und Johannem den Taͤuffer mit ihm geſpielt. Man hat wol Exempel/ daß mit manchem Edelmann noch nicht ſo ſtreng waͤre verfahren worden/ der aber eher ſeinen Pfarrer abgeſtrafft/ als ſich der Diſciplin unterwerffen wollen.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/321>, abgerufen am 25.11.2024.