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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Eylffte Predigt
die Schaaffe; ein Miedling aber/ der nicht Hirte ist/ siehet
den Wolff kommen/ und verläßt die Schaaffe/ und fleucht/
und der Wolff erhaschet und zerstreuet die Schaffe/ Act. 20.
So habt nun acht auff euch selbs/ und auff die gantze Heerde/
unter welche euch der Heilige Geist gesetzet hat zu Bischoffen/
zu weyden die Gemeine GOttes/ welche er durch sein eigen
Blut erworben hat. Dann das weiß ich/ daß nach meinem
Abschied werden unter euch kommen greuliche Wölffe/ die der
Heerde nicht verschonen werden. Das seynd nun fürnemlich die
Ketzer und Jrrgeister/ die barei~s, greuliche Wölffe/ die das arme Schäff-
lein verfolgen/ und sonderlich nach der Seelen grasen. Autokletoi, kom-
men unberuffen und ungepfiffen/ von denen Christus sagt/ Joh. 10. Alle
die vor mir kommen seynd/ (nicht ratione temporis, der Zeit nach/ dann
sonst wären auch Moses und die Propheten vor Christo solche Gesellen
geweßt/ sondern) ordine causae, dem Beruff nach/ die ohn meinen Be-
ruff/ nicht durch die Thüre des Schaaff-Stalls/ sonderen als selbs beruf-
fene durch die Thüre der Unwissen- und Freyheit eingeschlichen/ und sich
eingetrungen. Die subtile und listige Wölffe/ so im Finsternuß maußen/
wie sie dann in der Nacht scharffe Augen haben/ Psal. 104, 19. Du
machest Finsternuß/ daß Nacht wird/ da regen sich die wilden
Thier. Also wann Barbarey einreisset/ die Schulen fallen/ gelehrte
Leute nicht mehr seynd/ so gibt es Ketzerey; da kommen die Wölffe in des
Hirten Stimm/ wie die Hyena/ und sonderlich im Schaffs-Beltz/
Matth. 7.

Es seynd aber auch Wölff actu primo, in ihrer Natur alle Menschen
nach dem Fall/ ob man sie schon mit Schaaffs-Milch auffzieht/ werden sie
doch nicht zahm/ dann Art laßt von Art nicht. Actu secundo, in würckli-
cher That aber alle Jnjurianten/ alle scandalosi und ärgerliche Personen/
die Christo seine Schäflein stehlen/ sein peculium, das ihm ans Hertz ge-
wachsen/ rauben/ einen Diebstal und Kirchen-Raub begehen. Das seind
rechte Seelen-Mörder/ von welchen allen es heisset: Es müssen Rotten
oder Secten unter euch seyn. Anders als die Cathari, die Donati-
sten und Widertäuffer ihnen einbilden. Dahin auch gehöret das Gleich-
nuß von dem Unkraut/ so unter den guten Saamen gestreuet worden/ und
geduldet werden muß biß zur Zeit der Ernde. Man darff nicht Feur vom
Himmel über sie erbetten. Damit aber ist eine ordentliche Cur/ die geist-
liche Wolffs-Jagd nicht verbotten/ und seind sonderlich als Jäger dazu
verordnet die Bischoffe der Kirchen/ Lehrer und Prediger/ Act. 20. Habt

acht

Die Eylffte Predigt
die Schaaffe; ein Miedling aber/ der nicht Hirte iſt/ ſiehet
den Wolff kommen/ und verlaͤßt die Schaaffe/ und fleucht/
und der Wolff erhaſchet und zerſtreuet die Schaffe/ Act. 20.
So habt nun acht auff euch ſelbs/ und auff die gantze Heerde/
unter welche euch der Heilige Geiſt geſetzet hat zu Biſchoffen/
zu weyden die Gemeine GOttes/ welche er durch ſein eigen
Blut erworben hat. Dann das weiß ich/ daß nach meinem
Abſchied werden unter euch kommen greuliche Woͤlffe/ die der
Heerde nicht verſchonen werden. Das ſeynd nun fuͤrnemlich die
Ketzer und Jrꝛgeiſter/ die βαρει῀ς, greuliche Woͤlffe/ die das arme Schaͤff-
lein verfolgen/ und ſonderlich nach der Seelen graſen. Ἀυτόκλητοι, kom-
men unberuffen und ungepfiffen/ von denen Chriſtus ſagt/ Joh. 10. Alle
die vor mir kommen ſeynd/ (nicht ratione temporis, der Zeit nach/ dann
ſonſt waͤren auch Moſes und die Propheten vor Chriſto ſolche Geſellen
geweßt/ ſondern) ordine cauſæ, dem Beruff nach/ die ohn meinen Be-
ruff/ nicht durch die Thuͤre des Schaaff-Stalls/ ſonderen als ſelbs beruf-
fene durch die Thuͤre der Unwiſſen- und Freyheit eingeſchlichen/ und ſich
eingetrungen. Die ſubtile und liſtige Woͤlffe/ ſo im Finſternuß maußen/
wie ſie dann in der Nacht ſcharffe Augen haben/ Pſal. 104, 19. Du
macheſt Finſternuß/ daß Nacht wird/ da regen ſich die wilden
Thier. Alſo wann Barbarey einreiſſet/ die Schulen fallen/ gelehrte
Leute nicht mehr ſeynd/ ſo gibt es Ketzerey; da kommen die Woͤlffe in des
Hirten Stimm/ wie die Hyena/ und ſonderlich im Schaffs-Beltz/
Matth. 7.

Es ſeynd aber auch Woͤlff actu primo, in ihrer Natur alle Menſchen
nach dem Fall/ ob man ſie ſchon mit Schaaffs-Milch auffzieht/ werden ſie
doch nicht zahm/ dann Art laßt von Art nicht. Actu ſecundo, in wuͤrckli-
cher That aber alle Jnjurianten/ alle ſcandaloſi und aͤrgerliche Perſonen/
die Chriſto ſeine Schaͤflein ſtehlen/ ſein peculium, das ihm ans Hertz ge-
wachſen/ rauben/ einen Diebſtal und Kirchen-Raub begehen. Das ſeind
rechte Seelen-Moͤrder/ von welchen allen es heiſſet: Es muͤſſen Rotten
oder Secten unter euch ſeyn. Anders als die Cathari, die Donati-
ſten und Widertaͤuffer ihnen einbilden. Dahin auch gehoͤret das Gleich-
nuß von dem Unkraut/ ſo unter den guten Saamen geſtreuet worden/ und
geduldet werden muß biß zur Zeit der Ernde. Man darff nicht Feur vom
Himmel uͤber ſie erbetten. Damit aber iſt eine ordentliche Cur/ die geiſt-
liche Wolffs-Jagd nicht verbotten/ und ſeind ſonderlich als Jaͤger dazu
verordnet die Biſchoffe der Kirchen/ Lehrer und Prediger/ Act. 20. Habt

acht
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[294/0312] Die Eylffte Predigt die Schaaffe; ein Miedling aber/ der nicht Hirte iſt/ ſiehet den Wolff kommen/ und verlaͤßt die Schaaffe/ und fleucht/ und der Wolff erhaſchet und zerſtreuet die Schaffe/ Act. 20. So habt nun acht auff euch ſelbs/ und auff die gantze Heerde/ unter welche euch der Heilige Geiſt geſetzet hat zu Biſchoffen/ zu weyden die Gemeine GOttes/ welche er durch ſein eigen Blut erworben hat. Dann das weiß ich/ daß nach meinem Abſchied werden unter euch kommen greuliche Woͤlffe/ die der Heerde nicht verſchonen werden. Das ſeynd nun fuͤrnemlich die Ketzer und Jrꝛgeiſter/ die βαρει῀ς, greuliche Woͤlffe/ die das arme Schaͤff- lein verfolgen/ und ſonderlich nach der Seelen graſen. Ἀυτόκλητοι, kom- men unberuffen und ungepfiffen/ von denen Chriſtus ſagt/ Joh. 10. Alle die vor mir kommen ſeynd/ (nicht ratione temporis, der Zeit nach/ dann ſonſt waͤren auch Moſes und die Propheten vor Chriſto ſolche Geſellen geweßt/ ſondern) ordine cauſæ, dem Beruff nach/ die ohn meinen Be- ruff/ nicht durch die Thuͤre des Schaaff-Stalls/ ſonderen als ſelbs beruf- fene durch die Thuͤre der Unwiſſen- und Freyheit eingeſchlichen/ und ſich eingetrungen. Die ſubtile und liſtige Woͤlffe/ ſo im Finſternuß maußen/ wie ſie dann in der Nacht ſcharffe Augen haben/ Pſal. 104, 19. Du macheſt Finſternuß/ daß Nacht wird/ da regen ſich die wilden Thier. Alſo wann Barbarey einreiſſet/ die Schulen fallen/ gelehrte Leute nicht mehr ſeynd/ ſo gibt es Ketzerey; da kommen die Woͤlffe in des Hirten Stimm/ wie die Hyena/ und ſonderlich im Schaffs-Beltz/ Matth. 7. Es ſeynd aber auch Woͤlff actu primo, in ihrer Natur alle Menſchen nach dem Fall/ ob man ſie ſchon mit Schaaffs-Milch auffzieht/ werden ſie doch nicht zahm/ dann Art laßt von Art nicht. Actu ſecundo, in wuͤrckli- cher That aber alle Jnjurianten/ alle ſcandaloſi und aͤrgerliche Perſonen/ die Chriſto ſeine Schaͤflein ſtehlen/ ſein peculium, das ihm ans Hertz ge- wachſen/ rauben/ einen Diebſtal und Kirchen-Raub begehen. Das ſeind rechte Seelen-Moͤrder/ von welchen allen es heiſſet: Es muͤſſen Rotten oder Secten unter euch ſeyn. Anders als die Cathari, die Donati- ſten und Widertaͤuffer ihnen einbilden. Dahin auch gehoͤret das Gleich- nuß von dem Unkraut/ ſo unter den guten Saamen geſtreuet worden/ und geduldet werden muß biß zur Zeit der Ernde. Man darff nicht Feur vom Himmel uͤber ſie erbetten. Damit aber iſt eine ordentliche Cur/ die geiſt- liche Wolffs-Jagd nicht verbotten/ und ſeind ſonderlich als Jaͤger dazu verordnet die Biſchoffe der Kirchen/ Lehrer und Prediger/ Act. 20. Habt acht

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/312>, abgerufen am 24.11.2024.