Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.Vom Gewalt der Schlüssel. Dem König gefiel dieser Auffzug so wohl/ daß er sich selbs dazu schlug/ undder siebende seyn wolte. Was geschicht? man hätte den siebenden gern gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nimmt Hertzog von Orleans einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit dem König unter das Gesicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar- ren-Kleid an/ daß der König davon anfieng zu brennen. Die andere Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergassen ihrer eygenen Narren-Kleider/ und wolten dem König helffen. Aber in dem sie löschen wolten/ gerathen sie gleicher gestalt in die Flamme/ und weil jederman dem König zulieff/ verbranten vier Herren so jämmerlich/ daß sie daran sterben mußten. Der König wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobsucht oder Tollheit/ deren er biß an sein End nicht kunte ledig werden und abkommen. Diese Histori/ M. L. ist wohl ein augenscheinlich Exempel Göttlichen Man M m iil
Vom Gewalt der Schluͤſſel. Dem Koͤnig gefiel dieſer Auffzug ſo wohl/ daß er ſich ſelbs dazu ſchlug/ undder ſiebende ſeyn wolte. Was geſchicht? man haͤtte den ſiebenden gern gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nim̃t Hertzog von Orleans einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit dem Koͤnig unter das Geſicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar- ren-Kleid an/ daß der Koͤnig davon anfieng zu brennen. Die andere Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergaſſen ihrer eygenen Narren-Kleider/ und wolten dem Koͤnig helffen. Aber in dem ſie loͤſchen wolten/ gerathen ſie gleicher geſtalt in die Flamme/ und weil jederman dem Koͤnig zulieff/ verbranten vier Herren ſo jaͤmmerlich/ daß ſie daran ſterben mußten. Der Koͤnig wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobſucht oder Tollheit/ deren er biß an ſein End nicht kunte ledig werden und abkommen. Dieſe Hiſtori/ M. L. iſt wohl ein augenſcheinlich Exempel Goͤttlichen Man M m iil
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Vom Gewalt der Schluͤſſel.
Dem Koͤnig gefiel dieſer Auffzug ſo wohl/ daß er ſich ſelbs dazu ſchlug/ und
der ſiebende ſeyn wolte. Was geſchicht? man haͤtte den ſiebenden gern
gekennet/ derowegen als der Tantz angegangen/ nim̃t Hertzog von Orleans
einem Diener eine Fackel oder Wind-Liecht auß der Hand/ leuchtet damit
dem Koͤnig unter das Geſicht/ davon gieng der Hanff und Pech am Nar-
ren-Kleid an/ daß der Koͤnig davon anfieng zu brennen. Die andere
Faßnacht-Butzen lieffen herzu/ vergaſſen ihrer eygenen Narren-Kleider/
und wolten dem Koͤnig helffen. Aber in dem ſie loͤſchen wolten/ gerathen
ſie gleicher geſtalt in die Flamme/ und weil jederman dem Koͤnig zulieff/
verbranten vier Herren ſo jaͤmmerlich/ daß ſie daran ſterben mußten.
Der Koͤnig wurde zwar errettet/ gerieth aber in eine Tobſucht oder Tollheit/
deren er biß an ſein End nicht kunte ledig werden und abkommen.
Dieſe Hiſtori/ M. L. iſt wohl ein augenſcheinlich Exempel Goͤttlichen
Straff-Gerichts uͤber ſolche Faßnacht-Narrey/ daran ſich die jenige/ ſo zu
Hoff und anders wo mit ſolchen Mum̃ſchantzen umgehen/ wohl ſpieglen
ſolten. Sie iſt aber auch ein Bildnuß des menſchlichen Lebens-Lauffs/
wie derſelbe ins gemein durch und durch ſchaͤndlich gefuͤhret und vollbracht
wird. Dann was iſt derſelbe anders/ als 1. ein rechtes Faßnacht-Spiel/
da die vermumte und mit des Teuffels Larv nach dem Fall bekleidete ſuͤnd-
liche Welt anders nichts thut/ als Aergernus geben/ tanquam re præ-
clarè geſtâ, als haͤtte ſie es gar wol getroffen/ und wills doch niemand ge-
than haben. Es gehet alles vermum̃t her: die Heucheley ſchmincket ſich
mit ſonderbahrem Eyffer und Heiligkeit/ der Geitz vermummet ſich unter
die Sparſamkeit/ die Trunckenheit unter die Froͤligkeit/ die Ungerechtig-
keit unter den Schein des Rechten/ Lugen unter die Warheit. Die poli-
tiſche Entſchuldigungen ſeind das Narren-Kleid/ darunter ſich mancher
Schalck verbirgt. Kommt nun 2. das Liecht der Warheit darzu/ wel-
ches die Welt nicht leidet/ da heißt es/ Veritas odium parit, Warheit brin-
get Feindſchafft/ wer die Warheit geiget/ dem ſchlaͤgt man den Fidel-Bo-
gen auff den Kopff/ da greift man dem Kaͤlblein ins Aug/ und es brennet
alsbald. Unſer alte Adam/ der hitzige Eſel-Reuter kans nicht leiden/ er
wird zu einem feurigen Mann ja gar zu einem feurigen Drachen. Dazu
ſchlagen ſich 3. unſelige Loͤſcher/ zum Exempel/ unzeitige und unvernuͤnff-
tige Correctores und Conſores, Silber- und Zanck-Suͤchtige Juriſten/
welche/ damit ſie auch eine Feder von der Ganß kriegen/ ehe ſie davon fleugt/
allerhand weit außſehende/ Beutel-laͤrende Rechts-Haͤndel anfangen.
Die Calumnia und Laͤſter-Zung thut auch ihr beſtes dabey/ ſonderlich wo
der Zaun am niedrigſten iſt/ und jederman daruͤber ſpringen wil. Sum̃a:
Man
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Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/295>, abgerufen am 16.02.2025. |