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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Dritte Predigt
ein letzer Schlüssel/ der auff thut/ was Christus beschlossen/ und beschliesset/
was Christus auffgethan. Summa/ ein Greuel-Schlüssel. Von wel-
chem falschen/ und im gegentheil rechten Schlüssel wir für dißmahl etwas
weiters zu reden haben. Dann nachdem wir bißher [c]lavis originem,
und Clavigerum erwogen/ so folget der Schlüssel selbst/ ist zwar in un-
serm Text nicht benamset/ sondern wir müssen ihn entlehnen und herholen
auß dem 16. Cap. Matthaei/ da der Herr zu Petro sagt: Dir will ich
des Himmelreichs Schlüssel geben. Jst aber gnugsam in unsern
Worten ex effectibus beschrieben/ nemlich dem Binden und Lösen. Hie-
von zu reden zu GOttes Ehre/ und unserer Erbauung/ wolle Jesus Chri-
stus selbs kräfftiglich mitwürcken/ sampt dem Vater und H. Geist. Amen!

GEliebte in Christo. Quid clavis? Was ist nun dieser
Schlüssel-Gewalt? was wird dadurch verstanden und angedeu-
tet? Jn richtiger Beantwortung nun dieser Frag/ wollen wir
per arsin & thesin gehen. Und zwar per arsin; So ist nun 1. dieser
Schlüssel-Gewalt nicht clavis potestatis terrenae, ein Welt-Geld-Reich-
Macht- und Gewalt-Schlüssel/ wie er zwar im Papstthum dahin geträhet
wird. Pontificem habere potestatem in temporalibus, licet non tem-
poralem,
schreibet Bellarm. contra Barclai. c. 12. Der Römische
Papst habe Gewalt in zeitlichen Sachen/ wiewol keinen zeitli-
chen Gewalt. Zwar/ wie Bellarminus gewolt; aber deßwegen am
Römischen Hoff übel angesehen worden/ potestatem indirectam, einen
ungraden Gewalt. Gleichwie der Kayser keinem sein Haab und Nah-
rung nemmen/ oder davon disponiren kan/ directe, aber im fall salus Rei-
publicae
es erfordert/ kan er wohl/ verstehe indirecte. Kein Obrigkeit
kan keinem/ zum Exempel seinen Garten oder Hauß nehmen/ aber indirecte,
wann es der Stadt Werck/ Pasteyen und Bollwerck erfordern. Also
verhält es sich auch mit dem Papst. Gedachter Bellarminus erkläret es
also: Si nolit Imperator (contra Barclai. cap. 19.) ad nutum Sacerdotis
gladium stringere, vel si contra nutum ejus strinxerit, & si res sit ad bo-
num spirituale, necessario coget illum Pontifex gladio spirituali, h. e,
censuris.
Wann der Kayser nicht nach des Papsts willen das
Schwerdt führen will/ oder wider seinen Willen geführet hat/
kan ihn der Papst/ so fern es zu der Kirchen Bestem gereichet/
mit dem Schwerdt des Geistes/ dem Bann zwingen. Jst aber
so breit als lang/ das ist eben Gewalts gnug/ und nur zuviel.

Nicht

Die Dritte Predigt
ein letzer Schluͤſſel/ der auff thut/ was Chriſtus beſchloſſen/ und beſchlieſſet/
was Chriſtus auffgethan. Summa/ ein Greuel-Schluͤſſel. Von wel-
chem falſchen/ und im gegentheil rechten Schluͤſſel wir fuͤr dißmahl etwas
weiters zu reden haben. Dann nachdem wir bißher [c]lavis originem,
und Clavigerum erwogen/ ſo folget der Schluͤſſel ſelbſt/ iſt zwar in un-
ſerm Text nicht benamſet/ ſondern wir muͤſſen ihn entlehnen und herholen
auß dem 16. Cap. Matthæi/ da der Herr zu Petro ſagt: Dir will ich
des Himmelreichs Schluͤſſel geben. Jſt aber gnugſam in unſern
Worten ex effectibus beſchrieben/ nemlich dem Binden und Loͤſen. Hie-
von zu reden zu GOttes Ehre/ und unſerer Erbauung/ wolle Jeſus Chri-
ſtus ſelbs kraͤfftiglich mitwuͤrcken/ ſampt dem Vater und H. Geiſt. Amen!

GEliebte in Chriſto. Quid clavis? Was iſt nun dieſer
Schluͤſſel-Gewalt? was wird dadurch verſtanden und angedeu-
tet? Jn richtiger Beantwortung nun dieſer Frag/ wollen wir
per ἄρσιν & ϑέσιν gehen. Und zwar per ἀρσιν; So iſt nun 1. dieſer
Schluͤſſel-Gewalt nicht clavis poteſtatis terrenæ, ein Welt-Geld-Reich-
Macht- und Gewalt-Schluͤſſel/ wie er zwar im Papſtthum dahin getraͤhet
wird. Pontificem habere poteſtatem in temporalibus, licet non tem-
poralem,
ſchreibet Bellarm. contra Barclai. c. 12. Der Roͤmiſche
Papſt habe Gewalt in zeitlichen Sachen/ wiewol keinen zeitli-
chen Gewalt. Zwar/ wie Bellarminus gewolt; aber deßwegen am
Roͤmiſchen Hoff uͤbel angeſehen worden/ poteſtatem indirectam, einen
ungraden Gewalt. Gleichwie der Kayſer keinem ſein Haab und Nah-
rung nemmen/ oder davon diſponiren kan/ directè, aber im fall ſalus Rei-
publicæ
es erfordert/ kan er wohl/ verſtehe indirectè. Kein Obrigkeit
kan keinem/ zum Exempel ſeinen Garten oder Hauß nehmen/ aber indirectè,
wann es der Stadt Werck/ Paſteyen und Bollwerck erfordern. Alſo
verhaͤlt es ſich auch mit dem Papſt. Gedachter Bellarminus erklaͤret es
alſo: Si nolit Imperator (contrà Barclai. cap. 19.) ad nutum Sacerdotis
gladium ſtringere, vel ſi contra nutum ejus ſtrinxerit, & ſi res ſit ad bo-
num ſpirituale, neceſſariò coget illum Pontifex gladio ſpirituali, h. e,
cenſuris.
Wann der Kayſer nicht nach des Papſts willen das
Schwerdt fuͤhren will/ oder wider ſeinen Willen gefuͤhret hat/
kan ihn der Papſt/ ſo fern es zu der Kirchen Beſtem gereichet/
mit dem Schwerdt des Geiſtes/ dem Bann zwingen. Jſt aber
ſo breit als lang/ das iſt eben Gewalts gnug/ und nur zuviel.

Nicht
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[210/0228] Die Dritte Predigt ein letzer Schluͤſſel/ der auff thut/ was Chriſtus beſchloſſen/ und beſchlieſſet/ was Chriſtus auffgethan. Summa/ ein Greuel-Schluͤſſel. Von wel- chem falſchen/ und im gegentheil rechten Schluͤſſel wir fuͤr dißmahl etwas weiters zu reden haben. Dann nachdem wir bißher clavis originem, und Clavigerum erwogen/ ſo folget der Schluͤſſel ſelbſt/ iſt zwar in un- ſerm Text nicht benamſet/ ſondern wir muͤſſen ihn entlehnen und herholen auß dem 16. Cap. Matthæi/ da der Herr zu Petro ſagt: Dir will ich des Himmelreichs Schluͤſſel geben. Jſt aber gnugſam in unſern Worten ex effectibus beſchrieben/ nemlich dem Binden und Loͤſen. Hie- von zu reden zu GOttes Ehre/ und unſerer Erbauung/ wolle Jeſus Chri- ſtus ſelbs kraͤfftiglich mitwuͤrcken/ ſampt dem Vater und H. Geiſt. Amen! GEliebte in Chriſto. Quid clavis? Was iſt nun dieſer Schluͤſſel-Gewalt? was wird dadurch verſtanden und angedeu- tet? Jn richtiger Beantwortung nun dieſer Frag/ wollen wir per ἄρσιν & ϑέσιν gehen. Und zwar per ἀρσιν; So iſt nun 1. dieſer Schluͤſſel-Gewalt nicht clavis poteſtatis terrenæ, ein Welt-Geld-Reich- Macht- und Gewalt-Schluͤſſel/ wie er zwar im Papſtthum dahin getraͤhet wird. Pontificem habere poteſtatem in temporalibus, licet non tem- poralem, ſchreibet Bellarm. contra Barclai. c. 12. Der Roͤmiſche Papſt habe Gewalt in zeitlichen Sachen/ wiewol keinen zeitli- chen Gewalt. Zwar/ wie Bellarminus gewolt; aber deßwegen am Roͤmiſchen Hoff uͤbel angeſehen worden/ poteſtatem indirectam, einen ungraden Gewalt. Gleichwie der Kayſer keinem ſein Haab und Nah- rung nemmen/ oder davon diſponiren kan/ directè, aber im fall ſalus Rei- publicæ es erfordert/ kan er wohl/ verſtehe indirectè. Kein Obrigkeit kan keinem/ zum Exempel ſeinen Garten oder Hauß nehmen/ aber indirectè, wann es der Stadt Werck/ Paſteyen und Bollwerck erfordern. Alſo verhaͤlt es ſich auch mit dem Papſt. Gedachter Bellarminus erklaͤret es alſo: Si nolit Imperator (contrà Barclai. cap. 19.) ad nutum Sacerdotis gladium ſtringere, vel ſi contra nutum ejus ſtrinxerit, & ſi res ſit ad bo- num ſpirituale, neceſſariò coget illum Pontifex gladio ſpirituali, h. e, cenſuris. Wann der Kayſer nicht nach des Papſts willen das Schwerdt fuͤhren will/ oder wider ſeinen Willen gefuͤhret hat/ kan ihn der Papſt/ ſo fern es zu der Kirchen Beſtem gereichet/ mit dem Schwerdt des Geiſtes/ dem Bann zwingen. Jſt aber ſo breit als lang/ das iſt eben Gewalts gnug/ und nur zuviel. Nicht

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/228>, abgerufen am 23.11.2024.