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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Erste Predigt
innocentes, vel solvere se noxios arbitrentur, cum apud DEUM non
sententia sacerdotum, sed reorum vita quaeratur.
das ist: Diesen
Spruch verstehen etliche Bischöffe und Pfarrer nicht recht/ und
massen ihnen etwas von der Pharisäer Hoffart an/ daß sie sich
vermessen/ und ihnen einbilden/ sie können entweder die Un-
schuldigen verdammen/ oder die schuldigen absolviren/ da doch
GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Priester/ sondern nach
dem Leben und Wandel der Menschen/ so fern sie schuldig oder
unschuldig seynd. Tanquam actum dulcissimum, als ein hoch-
tröstliche Handlung/ die entgegen zu setzen des Teuffels Zweiffel-Strick.
Es geschicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Sün-
der die Absolution hört/ aber gedencket/ ist auch GOtt mit zu frieden? was
sagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der
soll alsdann zuruck sehen auff Christi Verheissung/ mit einem Eyd betheu-
ret/ warlich/ ich sage euch/ was ihr auff Erden lösen werdet soll
auch im Himmel loß seyn. Weiter sage ich euch: wo zween
unter euch eins werden auff Erden/ warum es ist/ daß sie bitten
wollen/ das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him-
mel. Matth. 18/ 18. 19. Geschicht also schon die Absolution nicht imme-
diate
auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbrüchtigen: Sey getrost
mein Sohn/ dir seynd deine Sünde vergeben/ so geschicht sie doch
warhafftig/ und mit dieser tessera mag man kecklich erscheinen am Jüng-
sten Tag. Maßen nach diesem seinem Wort wird der Sohn Gottes rich-
ten. Dann so der Vater seinen Sohn darum in die Welt gesand/ der
Sohn selbs/ der kleidophoros und Schlüssel-Träger selbs den Schlüssel her-
ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geist zu solchem End den
Jüngern angehaucht und angeblasen worden. Was wil dann ein ar-
mer Sünder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick ist
entzwey/ und ich bin frey: Demselben Dreyeinigen GOtt/ von wel-
chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/
sey Ehre in Ewigkeit.

AMEN.

Die

Die Erſte Predigt
innocentes, vel ſolvere ſe noxios arbitrentur, cum apud DEUM non
ſententia ſacerdotum, ſed reorum vita quæratur.
das iſt: Dieſen
Spruch verſtehen etliche Biſchoͤffe und Pfarrer nicht recht/ und
maſſen ihnen etwas von der Phariſaͤer Hoffart an/ daß ſie ſich
vermeſſen/ und ihnen einbilden/ ſie koͤnnen entweder die Un-
ſchuldigen verdammen/ oder die ſchuldigen abſolviren/ da doch
GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Prieſter/ ſondern nach
dem Leben und Wandel der Menſchen/ ſo fern ſie ſchuldig oder
unſchuldig ſeynd. Tanquam actum dulciſſimum, als ein hoch-
troͤſtliche Handlung/ die entgegen zu ſetzen des Teuffels Zweiffel-Strick.
Es geſchicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Suͤn-
der die Abſolution hoͤrt/ aber gedencket/ iſt auch GOtt mit zu frieden? was
ſagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der
ſoll alsdann zuruck ſehen auff Chriſti Verheiſſung/ mit einem Eyd betheu-
ret/ warlich/ ich ſage euch/ was ihr auff Erden loͤſen werdet ſoll
auch im Himmel loß ſeyn. Weiter ſage ich euch: wo zween
unter euch eins werden auff Erden/ warum es iſt/ daß ſie bitten
wollen/ das ſoll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him-
mel. Matth. 18/ 18. 19. Geſchicht alſo ſchon die Abſolution nicht imme-
diatè
auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbruͤchtigen: Sey getroſt
mein Sohn/ dir ſeynd deine Suͤnde vergeben/ ſo geſchicht ſie doch
warhafftig/ und mit dieſer teſſera mag man kecklich erſcheinen am Juͤng-
ſten Tag. Maßen nach dieſem ſeinem Wort wird der Sohn Gottes rich-
ten. Dann ſo der Vater ſeinen Sohn darum in die Welt geſand/ der
Sohn ſelbs/ der κλειδοφόρος und Schluͤſſel-Traͤger ſelbs den Schluͤſſel her-
ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geiſt zu ſolchem End den
Juͤngern angehaucht und angeblaſen worden. Was wil dann ein ar-
mer Suͤnder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick iſt
entzwey/ und ich bin frey: Demſelben Dreyeinigen GOtt/ von wel-
chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/
ſey Ehre in Ewigkeit.

AMEN.

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[198/0216] Die Erſte Predigt innocentes, vel ſolvere ſe noxios arbitrentur, cum apud DEUM non ſententia ſacerdotum, ſed reorum vita quæratur. das iſt: Dieſen Spruch verſtehen etliche Biſchoͤffe und Pfarrer nicht recht/ und maſſen ihnen etwas von der Phariſaͤer Hoffart an/ daß ſie ſich vermeſſen/ und ihnen einbilden/ ſie koͤnnen entweder die Un- ſchuldigen verdammen/ oder die ſchuldigen abſolviren/ da doch GOtt nicht gehet nach dem Urtheil der Prieſter/ ſondern nach dem Leben und Wandel der Menſchen/ ſo fern ſie ſchuldig oder unſchuldig ſeynd. Tanquam actum dulciſſimum, als ein hoch- troͤſtliche Handlung/ die entgegen zu ſetzen des Teuffels Zweiffel-Strick. Es geſchicht zwar offt durch allerhand Anfechtungen/ daß ein armer Suͤn- der die Abſolution hoͤrt/ aber gedencket/ iſt auch GOtt mit zu frieden? was ſagt der dazu? vielleicht hat man die Zech ohne den Wirth gemacht? der ſoll alsdann zuruck ſehen auff Chriſti Verheiſſung/ mit einem Eyd betheu- ret/ warlich/ ich ſage euch/ was ihr auff Erden loͤſen werdet ſoll auch im Himmel loß ſeyn. Weiter ſage ich euch: wo zween unter euch eins werden auff Erden/ warum es iſt/ daß ſie bitten wollen/ das ſoll ihnen widerfahren von meinem Vater im Him- mel. Matth. 18/ 18. 19. Geſchicht alſo ſchon die Abſolution nicht imme- diatè auß GOttes Mund/ wie bey dem Gichtbruͤchtigen: Sey getroſt mein Sohn/ dir ſeynd deine Suͤnde vergeben/ ſo geſchicht ſie doch warhafftig/ und mit dieſer teſſera mag man kecklich erſcheinen am Juͤng- ſten Tag. Maßen nach dieſem ſeinem Wort wird der Sohn Gottes rich- ten. Dann ſo der Vater ſeinen Sohn darum in die Welt geſand/ der Sohn ſelbs/ der κλειδοφόρος und Schluͤſſel-Traͤger ſelbs den Schluͤſſel her- ab vom Himmel mit gebracht: und der H. Geiſt zu ſolchem End den Juͤngern angehaucht und angeblaſen worden. Was wil dann ein ar- mer Suͤnder zweiffeln/ daß er nicht mit Freudigkeit außruffe: Strick iſt entzwey/ und ich bin frey: Demſelben Dreyeinigen GOtt/ von wel- chem/ und durch welchen/ und in welchem alle dinge/ ſey Ehre in Ewigkeit. AMEN. Die

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/216>, abgerufen am 22.11.2024.