Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.Die Achtzehende Predigt jenem aber wirds gleichsam im Schlaff/ da er nicht daran gedacht/ Rom.9. Ursach/ es ligt nicht an jemands wollen und lauffen/ sondern an GOttes Erbarmen; Grosse Potentaten theilen ihre Lehen-Güter auß nach dem Churman und Paßporten. An den Kindern Jsrael/ de- nen er das Land Canaan eingegeben/ nicht auß eygenem Verdienst/ sie kunten nicht sagen in ihrem Hertzen/ meine Krafft und meiner Hände Stärcke haben mir dieses Vermögen außgerichtet/ Deut. 8/ 17. sie seind nicht in das Land kommen um ihrer Ge- rechtigkeit und um ihres auffrichtigen Hertzens willen/ Deut. 9/ 5. Und dann sonderlich auch in dieser unserer vorhabenden schönen Parabel/ da tritt auff ein armer Sünder/ bringt nichts mit sich als Blöße/ Elend/ und etliche Regimenter Ungeziffer/ dabey ein reuendes bußferti- ges Hertz; auff der andern scena tritt herein ein stoltzer auffgeblassener Werckheiliger/ er schmincket seine Federn wie ein Pfau/ und stehet da als idea Pharisaismi antiqui, als ein lebendiges Muster des alten Pharisäi- schen Unwesens. Heut acht Tag haben wir an demselben wargenom- men pharisaicam coecitatem, die Pharisäische Blindheit/ folget an- jetzo pharisaica justitia, die Pharisäische Gerechtigkeit. Hievon nun nutzlich und aufferbaulich zu reden und zu handlen/ wolle uns der Va- ter des Liechts mit dem Liecht seines Heiligen Geistes von oben herab mildiglich erscheinen. Amen. SO wird uns nun/ Geliebte im Herrn/ die Pharisäische auff
Die Achtzehende Predigt jenem aber wirds gleichſam im Schlaff/ da er nicht daran gedacht/ Rom.9. Urſach/ es ligt nicht an jemands wollen und lauffen/ ſondern an GOttes Erbarmen; Groſſe Potentaten theilen ihre Lehen-Guͤter auß nach dem Churman und Paßporten. An den Kindern Jſrael/ de- nen er das Land Canaan eingegeben/ nicht auß eygenem Verdienſt/ ſie kunten nicht ſagen in ihrem Hertzen/ meine Krafft und meiner Haͤnde Staͤrcke haben mir dieſes Vermoͤgen außgerichtet/ Deut. 8/ 17. ſie ſeind nicht in das Land kommen um ihrer Ge- rechtigkeit und um ihres auffrichtigen Hertzens willen/ Deut. 9/ 5. Und dann ſonderlich auch in dieſer unſerer vorhabenden ſchoͤnen Parabel/ da tritt auff ein armer Suͤnder/ bringt nichts mit ſich als Bloͤße/ Elend/ und etliche Regimenter Ungeziffer/ dabey ein reuendes bußferti- ges Hertz; auff der andern ſcena tritt herein ein ſtoltzer auffgeblaſſener Werckheiliger/ er ſchmincket ſeine Federn wie ein Pfau/ und ſtehet da als idea Phariſaiſmi antiqui, als ein lebendiges Muſter des alten Phariſaͤi- ſchen Unweſens. Heut acht Tag haben wir an demſelben wargenom- men phariſaicam cœcitatem, die Phariſaͤiſche Blindheit/ folget an- jetzo phariſaica juſtitia, die Phariſaͤiſche Gerechtigkeit. Hievon nun nutzlich und aufferbaulich zu reden und zu handlen/ wolle uns der Va- ter des Liechts mit dem Liecht ſeines Heiligen Geiſtes von oben herab mildiglich erſcheinen. Amen. SO wird uns nun/ Geliebte im Herrn/ die Phariſaͤiſche auff
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Die Achtzehende Predigt
jenem aber wirds gleichſam im Schlaff/ da er nicht daran gedacht/ Rom.
9. Urſach/ es ligt nicht an jemands wollen und lauffen/ ſondern
an GOttes Erbarmen; Groſſe Potentaten theilen ihre Lehen-Guͤter
auß nach dem Churman und Paßporten. An den Kindern Jſrael/ de-
nen er das Land Canaan eingegeben/ nicht auß eygenem Verdienſt/ ſie
kunten nicht ſagen in ihrem Hertzen/ meine Krafft und meiner
Haͤnde Staͤrcke haben mir dieſes Vermoͤgen außgerichtet/
Deut. 8/ 17. ſie ſeind nicht in das Land kommen um ihrer Ge-
rechtigkeit und um ihres auffrichtigen Hertzens willen/ Deut.
9/ 5. Und dann ſonderlich auch in dieſer unſerer vorhabenden ſchoͤnen
Parabel/ da tritt auff ein armer Suͤnder/ bringt nichts mit ſich als Bloͤße/
Elend/ und etliche Regimenter Ungeziffer/ dabey ein reuendes bußferti-
ges Hertz; auff der andern ſcena tritt herein ein ſtoltzer auffgeblaſſener
Werckheiliger/ er ſchmincket ſeine Federn wie ein Pfau/ und ſtehet da als
idea Phariſaiſmi antiqui, als ein lebendiges Muſter des alten Phariſaͤi-
ſchen Unweſens. Heut acht Tag haben wir an demſelben wargenom-
men phariſaicam cœcitatem, die Phariſaͤiſche Blindheit/ folget an-
jetzo phariſaica juſtitia, die Phariſaͤiſche Gerechtigkeit. Hievon
nun nutzlich und aufferbaulich zu reden und zu handlen/ wolle uns der Va-
ter des Liechts mit dem Liecht ſeines Heiligen Geiſtes von oben herab
mildiglich erſcheinen. Amen.
SO wird uns nun/ Geliebte im Herrn/ die Phariſaͤiſche
Gerechtigkeit gar ſchoͤn an dem aͤltern Bruder des verlohrnen
Sohns præſentiret/ und zwar I. Juſtitia ex majoratu, was den
Vorzug des Alters betrifft/ er wird clar ὁ πρεσ_ ύτερος, der aͤltere
genennet. Nun hatte der aͤlteſte und erſtgebohrne Sohn ſo wohl in der
Natur und Voͤlcker-Recht/ als auch in dem Goͤttlichen Recht einen
groſſen Vortheil vor andern/ als der Oberſte im Opffer und im
Reich/ Gen. 49/ 3. er hatte uͤber ſeinen Bruder zu herꝛſchen/ Gen.
47. hatte zween Vortheil oder Vorauß fuͤr demſelbigen/ Deut. 21/ 7.
Daher noch heutiges Tages bey hohen Geſchlechtern und Stamm-Haͤu-
ſern geſchicht/ was dorten Joſaphat gethan/ der ſeinen andern Soͤhnen
Gaben gab von Silber/ Gold und Kleinodien/ ſammt feſten Staͤtten in
Juda/ und ſie damit außwieſe; aber das Koͤnigreich gab er ſeinem erſt-
gebohrnen Sohn Joram/ 2. Chron. 21/ 3. Nun war dieſer Bruder
der erſtgebohrne/ dazu hatte er allbereit ſeinen Bruder auß dem Sattel
gehebt/ als der verlohren/ todt und außgethan war bey dem Vater; dar-
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