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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Die Siebenzehende
chen auch ist die Niessung des heiligen Abendmahls. Gleich-
wol kan es sich zutragen/ daß ein Glaubiger dasselbe unwür-
diglich neußt/ indem ers nemlich neußt unachtsamlich/ ohne
Andacht/ ohne Betrachtung der Ursachen/ um welcher wil-
len es eingesetzet ist/ und eben dieses ist es/ das St. Paulus hie
an den glaubigen Corinthern straffet/ nemlich daß sie das hei-
lige Abendmahl ungebührlich genossen/ also/ daß sie bey
demselben nicht erzeigten gebührliche Reverentz/ sondern
giengen leichtfertig/ liederlich/ und unachtsamlich mit um/
eben als wenn es ein gemeines Brod und Wein wäre/ wel-
ches man niessen solte zur Erquickung des Lebens/ daher
dann ihrer etliche sich truncken trancken.
Antwort/ falsch ist
der vermeinte Unterscheid unter einem Unwürdigen/ und unter ei-
nem der unwürdiglich isset. Omnis indigne edens est indignus,
gleichwie der jenige/ qui injuste & inceste agit, der ungerecht und un-
keusch/ diebisch/ hürisch und mörderisch handelt/ ein Dieb/ Hurer und
Mörder ist; der Geist verzeihe uns/ daß wir seine Subtilität nicht ver-
stehen. Ein grosser Herr bleibt in seinem Stand/ ob er schon unwür-
diglich isset; aber ein Christ nicht/ er ist ein gerichter und verdammter
Mensch/ Joh. 3, 18. Uber das/ wann ein König unflätig ißt/ so ist
er auch ein Unflath. 2. Krisis heisse hie eine zeitliche Zucht-Ruth/
Piscator in
Apolog.
adv. Ro-
der. p.
566.
nicht die ewige Verdammnuß. Es ist auch dieses zu mercken/ daß
Paulus daselbst durch das Wörtlen
krisis, das ist/ ein Gericht
oder Urtheil/ nicht verstehe/ wie mans doch gemeiniglich ver-
stehet/ die ewige Verdammnuß/ sondern eine zeitliche Straf-
fe; wie klärlich zu vernemmen auß seinen Worten/ da er/
nachdem er des Gerichtes Meldung gethan/ vers. 29. dasselbe
Wörtlein in den nechst-folgenden dreyen Versiculen erkläret
mit diesen Worten: Darum weil ihr des HERRN Abend-
mahl unwürdiglich esset und trincket/ seind unter euch viel
Schwache und Krancke/ und ein gut theil schlaffen/ das ist/
sind gestorben. Dann so wir uns selbs richteten/ so würden
wir nicht gerichtet. Wann wir aber gerichtet werden/ so
werden wir vom HERRN gezüchtiget/ auff daß wir nicht
samt der Welt verdammt werden.
Antwort: Falsch ist es aber-
mal/ daß Paulus nicht die ewige Verdammnuß/ sondern nur die zeit-
liche Straffe verstehen solte/ dann er verstehet dasselbe Gericht/ welches

mit

Die Siebenzehende
chen auch iſt die Nieſſung des heiligen Abendmahls. Gleich-
wol kan es ſich zutragen/ daß ein Glaubiger daſſelbe unwuͤr-
diglich neußt/ indem ers nemlich neußt unachtſamlich/ ohne
Andacht/ ohne Betrachtung der Urſachen/ um welcher wil-
len es eingeſetzet iſt/ und eben dieſes iſt es/ das St. Paulus hie
an den glaubigen Corinthern ſtraffet/ nemlich daß ſie das hei-
lige Abendmahl ungebuͤhrlich genoſſen/ alſo/ daß ſie bey
demſelben nicht erzeigten gebuͤhrliche Reverentz/ ſondern
giengen leichtfertig/ liederlich/ und unachtſamlich mit um/
eben als wenn es ein gemeines Brod und Wein waͤre/ wel-
ches man nieſſen ſolte zur Erquickung des Lebens/ daher
dann ihrer etliche ſich truncken trancken.
Antwort/ falſch iſt
der vermeinte Unterſcheid unter einem Unwuͤrdigen/ und unter ei-
nem der unwuͤrdiglich iſſet. Omnis indignè edens eſt indignus,
gleichwie der jenige/ qui injuſtè & inceſtè agit, der ungerecht und un-
keuſch/ diebiſch/ huͤriſch und moͤrderiſch handelt/ ein Dieb/ Hurer und
Moͤrder iſt; der Geiſt verzeihe uns/ daß wir ſeine Subtilitaͤt nicht ver-
ſtehen. Ein groſſer Herꝛ bleibt in ſeinem Stand/ ob er ſchon unwuͤr-
diglich iſſet; aber ein Chriſt nicht/ er iſt ein gerichter und verdam̃ter
Menſch/ Joh. 3, 18. Uber das/ wann ein Koͤnig unflaͤtig ißt/ ſo iſt
er auch ein Unflath. 2. Κρίσις heiſſe hie eine zeitliche Zucht-Ruth/
Piſcator in
Apolog.
adv. Ro-
der. p.
566.
nicht die ewige Verdam̃nuß. Es iſt auch dieſes zu mercken/ daß
Paulus daſelbſt durch das Woͤrtlen
κρίσις, das iſt/ ein Gericht
oder Urtheil/ nicht verſtehe/ wie mans doch gemeiniglich ver-
ſtehet/ die ewige Verdam̃nuß/ ſondern eine zeitliche Straf-
fe; wie klaͤrlich zu vernemmen auß ſeinen Worten/ da er/
nachdem er des Gerichtes Meldung gethan/ verſ. 29. daſſelbe
Woͤrtlein in den nechſt-folgenden dreyen Verſiculen erklaͤret
mit dieſen Worten: Darum weil ihr des HERRN Abend-
mahl unwuͤrdiglich eſſet und trincket/ ſeind unter euch viel
Schwache und Krancke/ und ein gut theil ſchlaffen/ das iſt/
ſind geſtorben. Dann ſo wir uns ſelbs richteten/ ſo wuͤrden
wir nicht gerichtet. Wann wir aber gerichtet werden/ ſo
werden wir vom HERRN gezuͤchtiget/ auff daß wir nicht
ſamt der Welt verdam̃t werden.
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mal/ daß Paulus nicht die ewige Verdam̃nuß/ ſondern nur die zeit-
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[384/0404] Die Siebenzehende chen auch iſt die Nieſſung des heiligen Abendmahls. Gleich- wol kan es ſich zutragen/ daß ein Glaubiger daſſelbe unwuͤr- diglich neußt/ indem ers nemlich neußt unachtſamlich/ ohne Andacht/ ohne Betrachtung der Urſachen/ um welcher wil- len es eingeſetzet iſt/ und eben dieſes iſt es/ das St. Paulus hie an den glaubigen Corinthern ſtraffet/ nemlich daß ſie das hei- lige Abendmahl ungebuͤhrlich genoſſen/ alſo/ daß ſie bey demſelben nicht erzeigten gebuͤhrliche Reverentz/ ſondern giengen leichtfertig/ liederlich/ und unachtſamlich mit um/ eben als wenn es ein gemeines Brod und Wein waͤre/ wel- ches man nieſſen ſolte zur Erquickung des Lebens/ daher dann ihrer etliche ſich truncken trancken. Antwort/ falſch iſt der vermeinte Unterſcheid unter einem Unwuͤrdigen/ und unter ei- nem der unwuͤrdiglich iſſet. Omnis indignè edens eſt indignus, gleichwie der jenige/ qui injuſtè & inceſtè agit, der ungerecht und un- keuſch/ diebiſch/ huͤriſch und moͤrderiſch handelt/ ein Dieb/ Hurer und Moͤrder iſt; der Geiſt verzeihe uns/ daß wir ſeine Subtilitaͤt nicht ver- ſtehen. Ein groſſer Herꝛ bleibt in ſeinem Stand/ ob er ſchon unwuͤr- diglich iſſet; aber ein Chriſt nicht/ er iſt ein gerichter und verdam̃ter Menſch/ Joh. 3, 18. Uber das/ wann ein Koͤnig unflaͤtig ißt/ ſo iſt er auch ein Unflath. 2. Κρίσις heiſſe hie eine zeitliche Zucht-Ruth/ nicht die ewige Verdam̃nuß. Es iſt auch dieſes zu mercken/ daß Paulus daſelbſt durch das Woͤrtlen κρίσις, das iſt/ ein Gericht oder Urtheil/ nicht verſtehe/ wie mans doch gemeiniglich ver- ſtehet/ die ewige Verdam̃nuß/ ſondern eine zeitliche Straf- fe; wie klaͤrlich zu vernemmen auß ſeinen Worten/ da er/ nachdem er des Gerichtes Meldung gethan/ verſ. 29. daſſelbe Woͤrtlein in den nechſt-folgenden dreyen Verſiculen erklaͤret mit dieſen Worten: Darum weil ihr des HERRN Abend- mahl unwuͤrdiglich eſſet und trincket/ ſeind unter euch viel Schwache und Krancke/ und ein gut theil ſchlaffen/ das iſt/ ſind geſtorben. Dann ſo wir uns ſelbs richteten/ ſo wuͤrden wir nicht gerichtet. Wann wir aber gerichtet werden/ ſo werden wir vom HERRN gezuͤchtiget/ auff daß wir nicht ſamt der Welt verdam̃t werden. Antwort: Falſch iſt es aber- mal/ daß Paulus nicht die ewige Verdam̃nuß/ ſondern nur die zeit- liche Straffe verſtehen ſolte/ dann er verſtehet daſſelbe Gericht/ welches mit Piſcator in Apolog. adv. Ro- der. p. 566.

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/404>, abgerufen am 22.11.2024.