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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.
nicht/ meine Wort sind Geist/ h. e. geistlicher weise anzunemmen/ bevor-
ab/ weil auff diese weiß Christo eine schandliche tuntologia müßte ange-
richtet werden/ wie droben albereit ermessen. Doch/ welches hie wol zu
mercken/ so ists zwar ein mündliches Essen/ doch nicht ratione modi,
sed organi,
es geschicht mit dem Mund/ aber nicht auff mündliche weise/
durch Verdauung/ Verkäuung/ etc. Ja sprichstu/ es sey sideroxulnn, oh-
ne das Magen-Essen/ Verdauung/ etc. geschehe ja kein warhafftig Essen.
Aber höre/ liebe Uberwitz/ und kluge Frau Ratio, daß nicht alles natür-
liches Essen eben angedeute actus nach sich ziehet/ ist ja so hell als der
Tag/ die Pillulen werden ja nicht zerbissen/ sondern nur hinunder ge-
schluckt/ der Wallfisch hat Jonam gegessen/ und hinab geschlucket/ und
doch weder verbissen noch erwürgt/ aurum potabile, kan gessen/ und doch
nicht verzehret werden. Ein junges Kind isset die Brey/ ohne zubeissen
und käuen/ die Zähn-lose alte Leute nemmen auch/ so gut sie können/ et-
was von harter Speise zu sich/ und zerbeissen es doch mit den Zähnen
nicht: Etliche Krancke essen und trincken diese oder jene Speise/ und ist
doch bey ihnen der Geschmack verderbt/ sie empfinden auch von der einge-
nommenen Speiß oder Tranck keine Krafft oder kräfftige Ernehrung/
und ist und heißt doch alles ein rechtes natürliches Essen. Uber das frage
ich/ ob die Engel Gen. 18. warhafftig gegessen? sagstu nein/ so hastu wi-
der dich Augustinum, der lib. 13. de Civ. Dei c. 22. schreibet: Non in
phantasmate Angelos edisse credendum est. Calvinum
und Rive-
tum. Hic (ita ille Exerc. 91. in Genes. p. m. 446.) movent inter-
pretes quaestionem, an vere comederint, quos homines vere
non fuisse novimus? De qua & similibus prudenter Calvinus:
Quemadmodum has quaestiones attingere utile est, nec ulla re-
ligio vetat, sic rursum nihil melius, quam sobria solutione nos
esse contentos. Refert autem esse, qui respondeant, Angelos
comedentium speciem tantum praebuisse. Commentum autem
hoc ipsis in mentem venisse, quia non veris corporibus, sed spe-
ctris, indutos fuisse imaginantur. Longe autem aliter se rem
habere, merito censet. Quamobrem dubium non esse, quin
Deus corpora illis ad tempus dederit, in quibus injunctum sibi
munus peragerent. Inde infert, sicuti vere ambularunt, locuti
sunt, & perfuncti aliis officiis, ita vere comedisse, non quod
opus haberent, sed ut laterent usque ad tempus manifestationis.
Hanc sententiam verissimam esse non dubitamus, & praeferen-
dam opinioni Theodoreti, qui quaest. 68. in Genes. existimat,

illos
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Predigt.
nicht/ meine Wort ſind Geiſt/ h. e. geiſtlicher weiſe anzunemmen/ bevor-
ab/ weil auff dieſe weiß Chriſto eine ſchandliche τυντολογία muͤßte ange-
richtet werden/ wie droben albereit ermeſſen. Doch/ welches hie wol zu
mercken/ ſo iſts zwar ein muͤndliches Eſſen/ doch nicht ratione modi,
ſed organi,
es geſchicht mit dem Mund/ aber nicht auff muͤndliche weiſe/
durch Verdauung/ Verkaͤuung/ ꝛc. Ja ſprichſtu/ es ſey σιδηρόξυλνν, oh-
ne das Magen-Eſſen/ Verdauung/ ꝛc. geſchehe ja kein warhafftig Eſſen.
Aber hoͤre/ liebe Uberwitz/ und kluge Frau Ratio, daß nicht alles natuͤr-
liches Eſſen eben angedeute actus nach ſich ziehet/ iſt ja ſo hell als der
Tag/ die Pillulen werden ja nicht zerbiſſen/ ſondern nur hinunder ge-
ſchluckt/ der Wallfiſch hat Jonam gegeſſen/ und hinab geſchlucket/ und
doch weder verbiſſen noch erwuͤrgt/ aurum potabile, kan geſſen/ und doch
nicht verzehret werden. Ein junges Kind iſſet die Brey/ ohne zubeiſſen
und kaͤuen/ die Zaͤhn-loſe alte Leute nemmen auch/ ſo gut ſie koͤnnen/ et-
was von harter Speiſe zu ſich/ und zerbeiſſen es doch mit den Zaͤhnen
nicht: Etliche Krancke eſſen und trincken dieſe oder jene Speiſe/ und iſt
doch bey ihnen der Geſchmack verderbt/ ſie empfinden auch von der einge-
nommenen Speiß oder Tranck keine Krafft oder kraͤfftige Ernehrung/
und iſt und heißt doch alles ein rechtes natuͤrliches Eſſen. Uber das frage
ich/ ob die Engel Gen. 18. warhafftig gegeſſen? ſagſtu nein/ ſo haſtu wi-
der dich Auguſtinum, der lib. 13. de Civ. Dei c. 22. ſchreibet: Non in
phantaſmate Angelos ediſſe credendum eſt. Calvinum
und Rive-
tum. Hic (ita ille Exerc. 91. in Geneſ. p. m. 446.) movent inter-
pretes quæſtionem, an verè comederint, quos homines verè
non fuiſſe novimus? De qua & ſimilibus prudenter Calvinus:
Quemadmodum has quæſtiones attingere utile eſt, nec ulla re-
ligio vetat, ſic rurſum nihil melius, quam ſobriâ ſolutione nos
eſſe contentos. Refert autem eſſe, qui reſpondeant, Angelos
comedentium ſpeciem tantùm præbuiſſe. Commentum autem
hoc ipſis in mentem veniſſe, quia non veris corporibus, ſed ſpe-
ctris, indutos fuiſſe imaginantur. Longè autem aliter ſe rem
habere, meritò cenſet. Quamobrem dubium non eſſe, quin
Deus corpora illis ad tempus dederit, in quibus injunctum ſibi
munus peragerent. Inde infert, ſicuti verè ambulârunt, locuti
ſunt, & perfuncti aliis officiis, ita verè comediſſe, non quod
opus haberent, ſed ut laterent uſque ad tempus manifeſtationis.
Hanc ſententiam veriſſimam eſſe non dubitamus, & præferen-
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illos
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[365/0385] Predigt. nicht/ meine Wort ſind Geiſt/ h. e. geiſtlicher weiſe anzunemmen/ bevor- ab/ weil auff dieſe weiß Chriſto eine ſchandliche τυντολογία muͤßte ange- richtet werden/ wie droben albereit ermeſſen. Doch/ welches hie wol zu mercken/ ſo iſts zwar ein muͤndliches Eſſen/ doch nicht ratione modi, ſed organi, es geſchicht mit dem Mund/ aber nicht auff muͤndliche weiſe/ durch Verdauung/ Verkaͤuung/ ꝛc. Ja ſprichſtu/ es ſey σιδηρόξυλνν, oh- ne das Magen-Eſſen/ Verdauung/ ꝛc. geſchehe ja kein warhafftig Eſſen. Aber hoͤre/ liebe Uberwitz/ und kluge Frau Ratio, daß nicht alles natuͤr- liches Eſſen eben angedeute actus nach ſich ziehet/ iſt ja ſo hell als der Tag/ die Pillulen werden ja nicht zerbiſſen/ ſondern nur hinunder ge- ſchluckt/ der Wallfiſch hat Jonam gegeſſen/ und hinab geſchlucket/ und doch weder verbiſſen noch erwuͤrgt/ aurum potabile, kan geſſen/ und doch nicht verzehret werden. Ein junges Kind iſſet die Brey/ ohne zubeiſſen und kaͤuen/ die Zaͤhn-loſe alte Leute nemmen auch/ ſo gut ſie koͤnnen/ et- was von harter Speiſe zu ſich/ und zerbeiſſen es doch mit den Zaͤhnen nicht: Etliche Krancke eſſen und trincken dieſe oder jene Speiſe/ und iſt doch bey ihnen der Geſchmack verderbt/ ſie empfinden auch von der einge- nommenen Speiß oder Tranck keine Krafft oder kraͤfftige Ernehrung/ und iſt und heißt doch alles ein rechtes natuͤrliches Eſſen. Uber das frage ich/ ob die Engel Gen. 18. warhafftig gegeſſen? ſagſtu nein/ ſo haſtu wi- der dich Auguſtinum, der lib. 13. de Civ. Dei c. 22. ſchreibet: Non in phantaſmate Angelos ediſſe credendum eſt. Calvinum und Rive- tum. Hic (ita ille Exerc. 91. in Geneſ. p. m. 446.) movent inter- pretes quæſtionem, an verè comederint, quos homines verè non fuiſſe novimus? De qua & ſimilibus prudenter Calvinus: Quemadmodum has quæſtiones attingere utile eſt, nec ulla re- ligio vetat, ſic rurſum nihil melius, quam ſobriâ ſolutione nos eſſe contentos. Refert autem eſſe, qui reſpondeant, Angelos comedentium ſpeciem tantùm præbuiſſe. Commentum autem hoc ipſis in mentem veniſſe, quia non veris corporibus, ſed ſpe- ctris, indutos fuiſſe imaginantur. Longè autem aliter ſe rem habere, meritò cenſet. Quamobrem dubium non eſſe, quin Deus corpora illis ad tempus dederit, in quibus injunctum ſibi munus peragerent. Inde infert, ſicuti verè ambulârunt, locuti ſunt, & perfuncti aliis officiis, ita verè comediſſe, non quod opus haberent, ſed ut laterent uſque ad tempus manifeſtationis. Hanc ſententiam veriſſimam eſſe non dubitamus, & præferen- dam opinioni Theodoreti, qui quæſt. 68. in Geneſ. exiſtimat, illos Z z iij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/385>, abgerufen am 25.11.2024.