Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fünffte
des Monden/ des Abends/ sollet ihr ungesäuert Brod essen/
biß an den ein und zwantzigsten Tag des Monden an den
Abend/ daß man sieben Tag kein gesäuert Brod finde in euern
Häusern. Dann wer gesäuert Brod isset/ des Seele soll
außgerottet werden von der Gemeine Jsrael/ es seye ein
Fremdlinger oder Einheimischer im Lande.
Die heutige Juden
halten diese Sitte so genau und streng/ daß/ wie Buxtorff. in seiner Sy-
nagoga c.
12. bezeuget/ sie den Rüst-Tag vor dem Oster-Tag ihre Häu-
ser und Gemach ja alle Winckel biß auff die Mauß-Löcher mit Wachs-
Kertzen durchsuchen und außspäen/ damit ja kein Bissen oder Brosäm-
lein ungesäuert Brod überblieb/ so nicht außgefäget wäre. Feget auß
den alten Saurteig/ denn wir haben auch ein Oster-Lamm/

so ruffet aus Paulus 1. Cor. 5, 7. zwar unsere Leute verstehens gemeinig-
lich fast auch auff gut Jüdisch/ sie meynen/ das heisse den Saurteig auß-
fegen/ wann man etliche Tag zuvor mit reiben/ fegen/ säubern/ mit dem
Kleider-Schmuck und auffraumen zubringe/ wie dann die Martha fast
niemal geschäfftiger damit/ als um diese Zeit. Aber das ist eigentlich
der Verstand nicht/ es ist ein anderer Saurteig/ der Saurteig der
Boßheit und Schalckheit/
wie ihn Paulus nennet/ die eingewur-
tzelte/ angewehnte Untugenden/ und Aergernüssen/ grobe Einfalt/ muth-
willige Blindheit und Unverstand in den Göttlichen Geheimnussen/
Gottes-Lästerung/ und Mißbrauch des Göttlichen Namens/ Meineyd/
Sabbath-Schändung/ Trunckenheit/ Hoffart/ Diebstal/ Verleum-
dung/ garstiges Bossenreissen/ unziemliche Schertz-Reden/ ärgerliche
Wort und Narrentheidung/ sonderlich gehört hieher die Außfegung des
alten Grollen/ Hasses/ und Widerwillens.

Davon schöne Wort führet Chrysostomus homil. de prodit. Judae circa fi-
nem. Si tibi contra inimicum tuum dolor est, solve iram, inimicitias laxa,
ut remedium de mensa percipias. Ad sanctum & terribile sacrificium pro-
peras, erubesce oblationis arcana, occisus propositus Christus est, & cur oc-
cisus est, videamus, ut coelestia pacificet, ut in terra reconciliet universa, ut
amicum te constituat Angelorum, ut Deo societ habenti omnium potesta-
tem. Animam suam pro te Dominus dedit, & tu inimicus conservo perdu-
ras, & cum hoc animo ad mensam pacis accedis. Ille ne mori quidem pro
tua utilitate recusavit, & tu nec iram tuam conservo pro liberatione conce-
dis? sed forsitan dicis, ab inimico fraudatus sum, multis me laesit dispendiis,
magnis me detrimentis oneravit. Quicquid dixeris, pecunia vertitur, cau-
sa non te crucifixit, sicut Judaei Christum, & tamen ille effusum sanguinem
ad salutem eorum, qui effuderunt, larga pietate concessit.

III. Mun-

Die Fuͤnffte
des Monden/ des Abends/ ſollet ihr ungeſaͤuert Brod eſſen/
biß an den ein und zwantzigſten Tag des Monden an den
Abend/ daß man ſieben Tag kein geſaͤuert Brod finde in euern
Haͤuſern. Dann wer geſaͤuert Brod iſſet/ des Seele ſoll
außgerottet werden von der Gemeine Jſrael/ es ſeye ein
Fremdlinger oder Einheimiſcher im Lande.
Die heutige Juden
halten dieſe Sitte ſo genau und ſtreng/ daß/ wie Buxtorff. in ſeiner Sy-
nagogâ c.
12. bezeuget/ ſie den Ruͤſt-Tag vor dem Oſter-Tag ihre Haͤu-
ſer und Gemach ja alle Winckel biß auff die Mauß-Loͤcher mit Wachs-
Kertzen durchſuchen und außſpaͤen/ damit ja kein Biſſen oder Broſaͤm-
lein ungeſaͤuert Brod uͤberblieb/ ſo nicht außgefaͤget waͤre. Feget auß
den alten Saurteig/ denn wir haben auch ein Oſter-Lamm/

ſo ruffet aus Paulus 1. Cor. 5, 7. zwar unſere Leute verſtehens gemeinig-
lich faſt auch auff gut Juͤdiſch/ ſie meynen/ das heiſſe den Saurteig auß-
fegen/ wann man etliche Tag zuvor mit reiben/ fegen/ ſaͤubern/ mit dem
Kleider-Schmuck und auffraumen zubringe/ wie dann die Martha faſt
niemal geſchaͤfftiger damit/ als um dieſe Zeit. Aber das iſt eigentlich
der Verſtand nicht/ es iſt ein anderer Saurteig/ der Saurteig der
Boßheit und Schalckheit/
wie ihn Paulus nennet/ die eingewur-
tzelte/ angewehnte Untugenden/ und Aergernuͤſſen/ grobe Einfalt/ muth-
willige Blindheit und Unverſtand in den Goͤttlichen Geheimnuſſen/
Gottes-Laͤſterung/ und Mißbrauch des Goͤttlichen Namens/ Meineyd/
Sabbath-Schaͤndung/ Trunckenheit/ Hoffart/ Diebſtal/ Verleum-
dung/ garſtiges Boſſenreiſſen/ unziemliche Schertz-Reden/ aͤrgerliche
Wort und Narrentheidung/ ſonderlich gehoͤrt hieher die Außfegung des
alten Grollen/ Haſſes/ und Widerwillens.

Davon ſchoͤne Wort fuͤhret Chryſoſtomus homil. de prodit. Judæ circa fi-
nem. Si tibi contrà inimicum tuum dolor eſt, ſolve iram, inimicitias laxa,
ut remedium de menſa percipias. Ad ſanctum & terribile ſacrificium pro-
peras, erubeſce oblationis arcana, occiſus propoſitus Chriſtus eſt, & cur oc-
ciſus eſt, videamus, ut cœleſtia pacificet, ut in terra reconciliet univerſa, ut
amicum te conſtituat Angelorum, ut Deo ſociet habenti omnium poteſta-
tem. Animam ſuam pro te Dominus dedit, & tu inimicus conſervo perdu-
ras, & cum hoc animo ad menſam pacis accedis. Ille ne mori quidem pro
tua utilitate recuſavit, & tu nec iram tuam conſervo pro liberatione conce-
dis? ſed forſitan dicis, ab inimico fraudatus ſum, multis me læſit diſpendiis,
magnis me detrimentis oneravit. Quicquid dixeris, pecunia vertitur, cau-
ſa non te crucifixit, ſicut Judæi Chriſtum, & tamen ille effuſum ſanguinem
ad ſalutem eorum, qui effuderunt, largâ pietate conceſſit.

III. Mun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0218" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Fu&#x0364;nffte</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">des Monden/ des Abends/ &#x017F;ollet ihr unge&#x017F;a&#x0364;uert Brod e&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
biß an den ein und zwantzig&#x017F;ten Tag des Monden an den<lb/>
Abend/ daß man &#x017F;ieben Tag kein ge&#x017F;a&#x0364;uert Brod finde in euern<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;ern. Dann wer ge&#x017F;a&#x0364;uert Brod i&#x017F;&#x017F;et/ des Seele &#x017F;oll<lb/>
außgerottet werden von der Gemeine J&#x017F;rael/ es &#x017F;eye ein<lb/>
Fremdlinger oder Einheimi&#x017F;cher im Lande.</hi> Die heutige Juden<lb/>
halten die&#x017F;e Sitte &#x017F;o genau und &#x017F;treng/ daß/ wie <hi rendition="#aq">Buxtorff.</hi> in &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Sy-<lb/>
nagogâ c.</hi> 12. bezeuget/ &#x017F;ie den Ru&#x0364;&#x017F;t-Tag vor dem O&#x017F;ter-Tag ihre Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;er und Gemach ja alle Winckel biß auff die Mauß-Lo&#x0364;cher mit Wachs-<lb/>
Kertzen durch&#x017F;uchen und auß&#x017F;pa&#x0364;en/ damit ja kein Bi&#x017F;&#x017F;en oder Bro&#x017F;a&#x0364;m-<lb/>
lein unge&#x017F;a&#x0364;uert Brod u&#x0364;berblieb/ &#x017F;o nicht außgefa&#x0364;get wa&#x0364;re. <hi rendition="#fr">Feget auß<lb/>
den alten Saurteig/ denn wir haben auch ein O&#x017F;ter-Lamm/</hi><lb/>
&#x017F;o ruffet aus <hi rendition="#aq">Paulus 1. Cor.</hi> 5, 7. zwar un&#x017F;ere Leute ver&#x017F;tehens gemeinig-<lb/>
lich fa&#x017F;t auch auff gut Ju&#x0364;di&#x017F;ch/ &#x017F;ie meynen/ das hei&#x017F;&#x017F;e den Saurteig auß-<lb/>
fegen/ wann man etliche Tag zuvor mit reiben/ fegen/ &#x017F;a&#x0364;ubern/ mit dem<lb/>
Kleider-Schmuck und auffraumen zubringe/ wie dann die Martha fa&#x017F;t<lb/>
niemal ge&#x017F;cha&#x0364;fftiger damit/ als um die&#x017F;e Zeit. Aber das i&#x017F;t eigentlich<lb/>
der Ver&#x017F;tand nicht/ es i&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">anderer Saurteig/ der Saurteig der<lb/>
Boßheit und Schalckheit/</hi> wie ihn Paulus nennet/ die eingewur-<lb/>
tzelte/ angewehnte Untugenden/ und Aergernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ grobe Einfalt/ muth-<lb/>
willige Blindheit und Unver&#x017F;tand in den Go&#x0364;ttlichen Geheimnu&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
Gottes-La&#x0364;&#x017F;terung/ und Mißbrauch des Go&#x0364;ttlichen Namens/ Meineyd/<lb/>
Sabbath-Scha&#x0364;ndung/ Trunckenheit/ Hoffart/ Dieb&#x017F;tal/ Verleum-<lb/>
dung/ gar&#x017F;tiges Bo&#x017F;&#x017F;enrei&#x017F;&#x017F;en/ unziemliche Schertz-Reden/ a&#x0364;rgerliche<lb/>
Wort und Narrentheidung/ &#x017F;onderlich geho&#x0364;rt hieher die Außfegung des<lb/>
alten Grollen/ Ha&#x017F;&#x017F;es/ und Widerwillens.</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#fr">Davon &#x017F;cho&#x0364;ne Wort fu&#x0364;hret</hi> <hi rendition="#aq">Chry&#x017F;o&#x017F;tomus homil. de prodit. Judæ circa fi-<lb/>
nem. Si tibi contrà inimicum tuum dolor e&#x017F;t, &#x017F;olve iram, inimicitias laxa,<lb/>
ut remedium de men&#x017F;a percipias. Ad &#x017F;anctum &amp; terribile &#x017F;acrificium pro-<lb/>
peras, erube&#x017F;ce oblationis arcana, occi&#x017F;us propo&#x017F;itus Chri&#x017F;tus e&#x017F;t, &amp; cur oc-<lb/>
ci&#x017F;us e&#x017F;t, videamus, ut c&#x0153;le&#x017F;tia pacificet, ut in terra reconciliet univer&#x017F;a, ut<lb/>
amicum te con&#x017F;tituat Angelorum, ut Deo &#x017F;ociet habenti omnium pote&#x017F;ta-<lb/>
tem. Animam &#x017F;uam pro te Dominus dedit, &amp; tu inimicus con&#x017F;ervo perdu-<lb/>
ras, &amp; cum hoc animo ad men&#x017F;am pacis accedis. Ille ne mori quidem pro<lb/>
tua utilitate recu&#x017F;avit, &amp; tu nec iram tuam con&#x017F;ervo pro liberatione conce-<lb/>
dis? &#x017F;ed for&#x017F;itan dicis, ab inimico fraudatus &#x017F;um, multis me læ&#x017F;it di&#x017F;pendiis,<lb/>
magnis me detrimentis oneravit. Quicquid dixeris, pecunia vertitur, cau-<lb/>
&#x017F;a non te crucifixit, &#x017F;icut Judæi Chri&#x017F;tum, &amp; tamen ille effu&#x017F;um &#x017F;anguinem<lb/>
ad &#x017F;alutem eorum, qui effuderunt, largâ pietate conce&#x017F;&#x017F;it.</hi> </quote>
          <bibl/>
        </cit><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">III. Mun-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0218] Die Fuͤnffte des Monden/ des Abends/ ſollet ihr ungeſaͤuert Brod eſſen/ biß an den ein und zwantzigſten Tag des Monden an den Abend/ daß man ſieben Tag kein geſaͤuert Brod finde in euern Haͤuſern. Dann wer geſaͤuert Brod iſſet/ des Seele ſoll außgerottet werden von der Gemeine Jſrael/ es ſeye ein Fremdlinger oder Einheimiſcher im Lande. Die heutige Juden halten dieſe Sitte ſo genau und ſtreng/ daß/ wie Buxtorff. in ſeiner Sy- nagogâ c. 12. bezeuget/ ſie den Ruͤſt-Tag vor dem Oſter-Tag ihre Haͤu- ſer und Gemach ja alle Winckel biß auff die Mauß-Loͤcher mit Wachs- Kertzen durchſuchen und außſpaͤen/ damit ja kein Biſſen oder Broſaͤm- lein ungeſaͤuert Brod uͤberblieb/ ſo nicht außgefaͤget waͤre. Feget auß den alten Saurteig/ denn wir haben auch ein Oſter-Lamm/ ſo ruffet aus Paulus 1. Cor. 5, 7. zwar unſere Leute verſtehens gemeinig- lich faſt auch auff gut Juͤdiſch/ ſie meynen/ das heiſſe den Saurteig auß- fegen/ wann man etliche Tag zuvor mit reiben/ fegen/ ſaͤubern/ mit dem Kleider-Schmuck und auffraumen zubringe/ wie dann die Martha faſt niemal geſchaͤfftiger damit/ als um dieſe Zeit. Aber das iſt eigentlich der Verſtand nicht/ es iſt ein anderer Saurteig/ der Saurteig der Boßheit und Schalckheit/ wie ihn Paulus nennet/ die eingewur- tzelte/ angewehnte Untugenden/ und Aergernuͤſſen/ grobe Einfalt/ muth- willige Blindheit und Unverſtand in den Goͤttlichen Geheimnuſſen/ Gottes-Laͤſterung/ und Mißbrauch des Goͤttlichen Namens/ Meineyd/ Sabbath-Schaͤndung/ Trunckenheit/ Hoffart/ Diebſtal/ Verleum- dung/ garſtiges Boſſenreiſſen/ unziemliche Schertz-Reden/ aͤrgerliche Wort und Narrentheidung/ ſonderlich gehoͤrt hieher die Außfegung des alten Grollen/ Haſſes/ und Widerwillens. Davon ſchoͤne Wort fuͤhret Chryſoſtomus homil. de prodit. Judæ circa fi- nem. Si tibi contrà inimicum tuum dolor eſt, ſolve iram, inimicitias laxa, ut remedium de menſa percipias. Ad ſanctum & terribile ſacrificium pro- peras, erubeſce oblationis arcana, occiſus propoſitus Chriſtus eſt, & cur oc- ciſus eſt, videamus, ut cœleſtia pacificet, ut in terra reconciliet univerſa, ut amicum te conſtituat Angelorum, ut Deo ſociet habenti omnium poteſta- tem. Animam ſuam pro te Dominus dedit, & tu inimicus conſervo perdu- ras, & cum hoc animo ad menſam pacis accedis. Ille ne mori quidem pro tua utilitate recuſavit, & tu nec iram tuam conſervo pro liberatione conce- dis? ſed forſitan dicis, ab inimico fraudatus ſum, multis me læſit diſpendiis, magnis me detrimentis oneravit. Quicquid dixeris, pecunia vertitur, cau- ſa non te crucifixit, ſicut Judæi Chriſtum, & tamen ille effuſum ſanguinem ad ſalutem eorum, qui effuderunt, largâ pietate conceſſit. III. Mun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/218
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/218>, abgerufen am 22.11.2024.