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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
dasselbige verklären/ außlegen/ und also lehren. Zum dritten/ in gemein beten.
Das ist also zugangen. Für das erste ward ein Ort aus der Schrifft oder Psal-
men nach dem Text klar hergelesen. Zum andern waren die Propheten/ der
Schrifft verständige und geistliche Menschen/ die dasselbe außlegten/ und also
das Volck lehreten. Zum dritten ward geordnet/ daß der gantze Hauffe in ge-
mein zu GOtt beteten. Ja das war wol eine rechte/ feine/ Göttliche/ Christliche
Ordnung/ aber sie war gemacht zu lehren/ zu vermahnen/ das Gottes-Wort stets
zu treiben/ und in vollem Lauff zu behalten/ das ist/ den Glauben stets zu bauen
und zu stärcken. Das erste wollen sie bey unsern Zeiten noch gethan haben/ mit
der Lection der Metten/ mit den Evangeliis und Episteln/ und andern Gesän-
gen/ die also einer allein singet. Das ander mit den Homilien: das dritte wollen
sie noch gethan haben/ mit Responsorien/ Antiphen/ Gradualen/ und was also
in gemein der gantze Chor lieset oder singet. Ja das thun sie wol etlicher Mas-
sen nach wie die Affen/ aber sie fehlen weit der Meynung deß Apostels/ denn sie
thun das alles nicht umb Lehren und Vermahnens willen/ oder die Schrifft auß-
zulegen/ sondern allein gute Werck zu thun.

Die General-Regul lautet hievon also/ und gehet uns alle an: o anagi-
noskon, noeito: Wer diß (nemlich die schwere Weissagungen deß Pro-
pheten Daniels und dergleichen) lißt/ der mercke drauf/ das ist/ er ler-
ne es auch eigentlich verstehen/ mercken auff die Histori der Erfüllung der
geschehenen Weissagungen: Gleichwie ein Liebhaber der Gemählde sich
nicht begnügen läßt mit der blosen Augenweide/ sondern auff den Geist/
Kunst und Art der Gemählde/ deß Gemüths scharffe Gedancken wendet:
Also auch hie uponoeito, er mercke/ spüre aus/ was tieffes/ geheimes in einer
Weissagung verborgen ligt: dianoeito, er folgere durch gute und bewährte
Consequentzen/ was zu eines und andern Glaubens-Artickuls Bevesti-
gung/ oder auch zu Anfristung Christlichen Lebens und Wandels dienen
kan/ massen dann keine Biblische Schrifft so dürr und krafftloß/ daß nicht
heilsame Lehren und Lebens-Früchte heraus gezogen/ und gleichsam aus
den Brüsten gemelcket werden könten/ wem da eckelt für dieser losen
Speise/ wie das köstliche Manna und Himmel-Brod von den undanck-
baren Jsraeliten genennet/ oder vielmehr gescholten wurde/ der wird auch
nicht werth gehalten werden/ zu schmäcken das himmlische Abendmahl/
sondern ein ewiges Fasten müssen in jenem ewigen Hunger-Thal halten.

Soll aber dieses Liecht beständig bleiben/ so müssen auch die Instru-
menta
und Werckzeuge/ als da seynd freye Künste und heilige Grund-
Sprachen/ in denen GOtt der HErr selbsten geredet/ fovirt und erhalten
werden. Hie kan ich nicht fürüber/ daß ich nicht Lutheri Meynung hievon
anbringen und wiederholen solte.

Tom.
S s s s 3
Predigt.
daſſelbige verklaͤren/ außlegen/ und alſo lehren. Zum dritten/ in gemein beten.
Das iſt alſo zugangen. Fuͤr das erſte ward ein Ort aus der Schrifft oder Pſal-
men nach dem Text klar hergeleſen. Zum andern waren die Propheten/ der
Schrifft verſtaͤndige und geiſtliche Menſchen/ die daſſelbe außlegten/ und alſo
das Volck lehreten. Zum dritten ward geordnet/ daß der gantze Hauffe in ge-
mein zu GOtt beteten. Ja das war wol eine rechte/ feine/ Goͤttliche/ Chriſtliche
Ordnung/ aber ſie war gemacht zu lehren/ zu vermahnen/ das Gottes-Wort ſtets
zu treiben/ und in vollem Lauff zu behalten/ das iſt/ den Glauben ſtets zu bauen
und zu ſtaͤrcken. Das erſte wollen ſie bey unſern Zeiten noch gethan haben/ mit
der Lection der Metten/ mit den Evangeliis und Epiſteln/ und andern Geſaͤn-
gen/ die alſo einer allein ſinget. Das ander mit den Homilien: das dritte wollen
ſie noch gethan haben/ mit Reſponſorien/ Antiphen/ Gradualen/ und was alſo
in gemein der gantze Chor lieſet oder ſinget. Ja das thun ſie wol etlicher Maſ-
ſen nach wie die Affen/ aber ſie fehlen weit der Meynung deß Apoſtels/ denn ſie
thun das alles nicht umb Lehren und Vermahnens willen/ oder die Schrifft auß-
zulegen/ ſondern allein gute Werck zu thun.

Die General-Regul lautet hievon alſo/ und gehet uns alle an: ὁ ἀναγι-
νώσκων, νοείτω: Wer diß (nemlich die ſchwere Weiſſagungen deß Pro-
pheten Daniels und dergleichen) lißt/ der mercke drauf/ das iſt/ er ler-
ne es auch eigentlich verſtehen/ mercken auff die Hiſtori der Erfuͤllung der
geſchehenen Weiſſagungen: Gleichwie ein Liebhaber der Gemaͤhlde ſich
nicht begnuͤgen laͤßt mit der bloſen Augenweide/ ſondern auff den Geiſt/
Kunſt und Art der Gemaͤhlde/ deß Gemuͤths ſcharffe Gedancken wendet:
Alſo auch hie ὑπονοείτω, er mercke/ ſpuͤre aus/ was tieffes/ geheimes in einer
Weiſſagung verborgen ligt: διανοείτω, er folgere durch gute und bewaͤhrte
Conſequentzen/ was zu eines und andern Glaubens-Artickuls Beveſti-
gung/ oder auch zu Anfriſtung Chriſtlichen Lebens und Wandels dienen
kan/ maſſen dann keine Bibliſche Schrifft ſo duͤrr und krafftloß/ daß nicht
heilſame Lehren und Lebens-Fruͤchte heraus gezogen/ und gleichſam aus
den Bruͤſten gemelcket werden koͤnten/ wem da eckelt fuͤr dieſer loſen
Speiſe/ wie das koͤſtliche Manna und Himmel-Brod von den undanck-
baren Jſraeliten genennet/ oder vielmehr geſcholten wurde/ der wird auch
nicht werth gehalten werden/ zu ſchmaͤcken das himmliſche Abendmahl/
ſondern ein ewiges Faſten muͤſſen in jenem ewigen Hunger-Thal halten.

Soll aber dieſes Liecht beſtaͤndig bleiben/ ſo muͤſſen auch die Inſtru-
menta
und Werckzeuge/ als da ſeynd freye Kuͤnſte und heilige Grund-
Sprachen/ in denen GOtt der HErr ſelbſten geredet/ fovirt und erhalten
werden. Hie kan ich nicht fuͤruͤber/ daß ich nicht Lutheri Meynung hievon
anbringen und wiederholen ſolte.

Tom.
S s s s 3
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[693/0717] Predigt. daſſelbige verklaͤren/ außlegen/ und alſo lehren. Zum dritten/ in gemein beten. Das iſt alſo zugangen. Fuͤr das erſte ward ein Ort aus der Schrifft oder Pſal- men nach dem Text klar hergeleſen. Zum andern waren die Propheten/ der Schrifft verſtaͤndige und geiſtliche Menſchen/ die daſſelbe außlegten/ und alſo das Volck lehreten. Zum dritten ward geordnet/ daß der gantze Hauffe in ge- mein zu GOtt beteten. Ja das war wol eine rechte/ feine/ Goͤttliche/ Chriſtliche Ordnung/ aber ſie war gemacht zu lehren/ zu vermahnen/ das Gottes-Wort ſtets zu treiben/ und in vollem Lauff zu behalten/ das iſt/ den Glauben ſtets zu bauen und zu ſtaͤrcken. Das erſte wollen ſie bey unſern Zeiten noch gethan haben/ mit der Lection der Metten/ mit den Evangeliis und Epiſteln/ und andern Geſaͤn- gen/ die alſo einer allein ſinget. Das ander mit den Homilien: das dritte wollen ſie noch gethan haben/ mit Reſponſorien/ Antiphen/ Gradualen/ und was alſo in gemein der gantze Chor lieſet oder ſinget. Ja das thun ſie wol etlicher Maſ- ſen nach wie die Affen/ aber ſie fehlen weit der Meynung deß Apoſtels/ denn ſie thun das alles nicht umb Lehren und Vermahnens willen/ oder die Schrifft auß- zulegen/ ſondern allein gute Werck zu thun. Die General-Regul lautet hievon alſo/ und gehet uns alle an: ὁ ἀναγι- νώσκων, νοείτω: Wer diß (nemlich die ſchwere Weiſſagungen deß Pro- pheten Daniels und dergleichen) lißt/ der mercke drauf/ das iſt/ er ler- ne es auch eigentlich verſtehen/ mercken auff die Hiſtori der Erfuͤllung der geſchehenen Weiſſagungen: Gleichwie ein Liebhaber der Gemaͤhlde ſich nicht begnuͤgen laͤßt mit der bloſen Augenweide/ ſondern auff den Geiſt/ Kunſt und Art der Gemaͤhlde/ deß Gemuͤths ſcharffe Gedancken wendet: Alſo auch hie ὑπονοείτω, er mercke/ ſpuͤre aus/ was tieffes/ geheimes in einer Weiſſagung verborgen ligt: διανοείτω, er folgere durch gute und bewaͤhrte Conſequentzen/ was zu eines und andern Glaubens-Artickuls Beveſti- gung/ oder auch zu Anfriſtung Chriſtlichen Lebens und Wandels dienen kan/ maſſen dann keine Bibliſche Schrifft ſo duͤrr und krafftloß/ daß nicht heilſame Lehren und Lebens-Fruͤchte heraus gezogen/ und gleichſam aus den Bruͤſten gemelcket werden koͤnten/ wem da eckelt fuͤr dieſer loſen Speiſe/ wie das koͤſtliche Manna und Himmel-Brod von den undanck- baren Jſraeliten genennet/ oder vielmehr geſcholten wurde/ der wird auch nicht werth gehalten werden/ zu ſchmaͤcken das himmliſche Abendmahl/ ſondern ein ewiges Faſten muͤſſen in jenem ewigen Hunger-Thal halten. Soll aber dieſes Liecht beſtaͤndig bleiben/ ſo muͤſſen auch die Inſtru- menta und Werckzeuge/ als da ſeynd freye Kuͤnſte und heilige Grund- Sprachen/ in denen GOtt der HErr ſelbſten geredet/ fovirt und erhalten werden. Hie kan ich nicht fuͤruͤber/ daß ich nicht Lutheri Meynung hievon anbringen und wiederholen ſolte. Tom. S s s s 3

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/717>, abgerufen am 22.11.2024.