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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
therus folgender Massen glossirt Tom. 5. Jen. p. 159. Er spricht/ ja hie
mit Zungen reden/ welches ist nichts anders/ denn die
Schrifft mündlich daher lesen/ und wil doch solche Zungen
oder einfältige Schrifft vierfältiglich handeln. Nicht daß
er mancherley Sinne wolle draus machen/ wie Origenes
und Hieronymus/ sampt ihren gleichen mit ihren
Allegoriis
thun; sondern wil in einem einfältigen Sinn viel geben/
wie (ich hoffe) jetzt hie auch gethan habe. Denn Weissa-
gung heisset er an dem Ort die Schrifft der Propheten von
Christo außlegen. Lehren heisset er den Glauben predigen.

Tit. 2. Wie uns der aus Gnaden fromm macht/ ohne Verdienst.
Erkäntnüß heisset er Bericht und Unterscheid/ in äusserli-
chen Geberden und Brauch/
1. Cor. 8. welches ich hie Ver-
mahnung genennet habe. Offenbahrung ist ja freylich et-
was mehr/ denn
Allegoria, nemlich/ etwas besonders treffen
in der Schrifft/ das nicht ein jeder anderer treffen kan/ der
doch gleichwol der vorigen drey Stück/ etliche/ oder alle drey
hat.
Was aber/ wer und wie soll erkläret werden/ und die Erklärung ge-
schehen? Diß sind die drey Fragen/ die zu erörtern für fallen. Was soll
man erklären? die H. Schrifft und deroselben Sinn/ den Buchstaben
und dessen Verstand. Jener ist die Scheide/ dieser ist das Messer; Jener
die Schale/ dieser der Kern; Jener das Bein/ dieser das Marck; Jener
der Ring/ dieser der Edelgestein; Jener der Leib/ dieser die Seele; Jene
durch rechte und eigentliche Version und Dolmetschung/ dieser durch
Spiegel-klare und gleiche Deutung desselben. Belangend die Version
und Dolmetschung der Wort/ wäre zwar zu wünschen/ daß der Ochsen-
und Ackerkauff/ und Werbung der Weiber/ mehr Frist und Platz zulies-
sen/ die Heil. Schrifft in ihrer eigenen/ Hebreischen und Griechischen
Grundsprache zu verstehen/ (mit Nach- oder Hindansetzung der Welschen
und Frantzösischen Sprachen) die zu unsern Christen-Zweck mehr dienen/
weil aber mos morus überhand genommen/ daß man nicht anders wil/ so
muß man sich mit Dolmetschungen behelffen. Ob nun wol solche Dol-
metschungen/ viel und mancherley sind/ und nicht allezeit in Abbildung
deß Ertzbilds recht eintreffen/ so hat doch die Göttliche Providentz nicht ge-
schehen lassen/ daß einige Dolmetschung so falsch/ ungereimt und unähn-
lich verkehret wäre/ daß man nicht daraus so viel schöpffen möchte/ als zum
wahren Glauben und Christenthumb von nöthen. Zu mehrer Si-
cherung aber brauche ein Läy unterschiedene
Vorsionen/ auch

derer
Q q q q 3

Predigt.
therus folgender Maſſen gloſſirt Tom. 5. Jen. p. 159. Er ſpricht/ ja hie
mit Zungen reden/ welches iſt nichts anders/ denn die
Schrifft muͤndlich daher leſen/ und wil doch ſolche Zungen
oder einfaͤltige Schrifft vierfaͤltiglich handeln. Nicht daß
er mancherley Sinne wolle draus machen/ wie Origenes
und Hieronymus/ ſampt ihren gleichen mit ihren
Allegoriis
thun; ſondern wil in einem einfaͤltigen Sinn viel geben/
wie (ich hoffe) jetzt hie auch gethan habe. Denn Weiſſa-
gung heiſſet er an dem Ort die Schrifft der Propheten von
Chriſto außlegen. Lehren heiſſet er den Glauben predigen.

Tit. 2. Wie uns der aus Gnaden from̃ macht/ ohne Verdienſt.
Erkaͤntnuͤß heiſſet er Bericht und Unterſcheid/ in aͤuſſerli-
chen Geberden und Brauch/
1. Cor. 8. welches ich hie Ver-
mahnung genennet habe. Offenbahrung iſt ja freylich et-
was mehr/ denn
Allegoria, nemlich/ etwas beſonders treffen
in der Schrifft/ das nicht ein jeder anderer treffen kan/ der
doch gleichwol der vorigen drey Stuͤck/ etliche/ oder alle drey
hat.
Was aber/ wer und wie ſoll erklaͤret werden/ und die Erklaͤrung ge-
ſchehen? Diß ſind die drey Fragen/ die zu eroͤrtern fuͤr fallen. Was ſoll
man erklaͤren? die H. Schrifft und deroſelben Sinn/ den Buchſtaben
und deſſen Verſtand. Jener iſt die Scheide/ dieſer iſt das Meſſer; Jener
die Schale/ dieſer der Kern; Jener das Bein/ dieſer das Marck; Jener
der Ring/ dieſer der Edelgeſtein; Jener der Leib/ dieſer die Seele; Jene
durch rechte und eigentliche Verſion und Dolmetſchung/ dieſer durch
Spiegel-klare und gleiche Deutung deſſelben. Belangend die Verſion
und Dolmetſchung der Wort/ waͤre zwar zu wuͤnſchen/ daß der Ochſen-
und Ackerkauff/ und Werbung der Weiber/ mehr Friſt und Platz zulieſ-
ſen/ die Heil. Schrifft in ihrer eigenen/ Hebreiſchen und Griechiſchen
Grundſprache zu verſtehen/ (mit Nach- oder Hindanſetzung der Welſchen
und Frantzoͤſiſchen Sprachen) die zu unſern Chriſten-Zweck mehr dienen/
weil aber mos morus uͤberhand genommen/ daß man nicht anders wil/ ſo
muß man ſich mit Dolmetſchungen behelffen. Ob nun wol ſolche Dol-
metſchungen/ viel und mancherley ſind/ und nicht allezeit in Abbildung
deß Ertzbilds recht eintreffen/ ſo hat doch die Goͤttliche Providentz nicht ge-
ſchehen laſſen/ daß einige Dolmetſchung ſo falſch/ ungereimt und unaͤhn-
lich verkehret waͤre/ daß man nicht daraus ſo viel ſchoͤpffen moͤchte/ als zum
wahren Glauben und Chriſtenthumb von noͤthen. Zu mehrer Si-
cherung aber brauche ein Laͤy unterſchiedene
Vorſionen/ auch

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[677/0701] Predigt. therus folgender Maſſen gloſſirt Tom. 5. Jen. p. 159. Er ſpricht/ ja hie mit Zungen reden/ welches iſt nichts anders/ denn die Schrifft muͤndlich daher leſen/ und wil doch ſolche Zungen oder einfaͤltige Schrifft vierfaͤltiglich handeln. Nicht daß er mancherley Sinne wolle draus machen/ wie Origenes und Hieronymus/ ſampt ihren gleichen mit ihren Allegoriis thun; ſondern wil in einem einfaͤltigen Sinn viel geben/ wie (ich hoffe) jetzt hie auch gethan habe. Denn Weiſſa- gung heiſſet er an dem Ort die Schrifft der Propheten von Chriſto außlegen. Lehren heiſſet er den Glauben predigen. Tit. 2. Wie uns der aus Gnaden from̃ macht/ ohne Verdienſt. Erkaͤntnuͤß heiſſet er Bericht und Unterſcheid/ in aͤuſſerli- chen Geberden und Brauch/ 1. Cor. 8. welches ich hie Ver- mahnung genennet habe. Offenbahrung iſt ja freylich et- was mehr/ denn Allegoria, nemlich/ etwas beſonders treffen in der Schrifft/ das nicht ein jeder anderer treffen kan/ der doch gleichwol der vorigen drey Stuͤck/ etliche/ oder alle drey hat. Was aber/ wer und wie ſoll erklaͤret werden/ und die Erklaͤrung ge- ſchehen? Diß ſind die drey Fragen/ die zu eroͤrtern fuͤr fallen. Was ſoll man erklaͤren? die H. Schrifft und deroſelben Sinn/ den Buchſtaben und deſſen Verſtand. Jener iſt die Scheide/ dieſer iſt das Meſſer; Jener die Schale/ dieſer der Kern; Jener das Bein/ dieſer das Marck; Jener der Ring/ dieſer der Edelgeſtein; Jener der Leib/ dieſer die Seele; Jene durch rechte und eigentliche Verſion und Dolmetſchung/ dieſer durch Spiegel-klare und gleiche Deutung deſſelben. Belangend die Verſion und Dolmetſchung der Wort/ waͤre zwar zu wuͤnſchen/ daß der Ochſen- und Ackerkauff/ und Werbung der Weiber/ mehr Friſt und Platz zulieſ- ſen/ die Heil. Schrifft in ihrer eigenen/ Hebreiſchen und Griechiſchen Grundſprache zu verſtehen/ (mit Nach- oder Hindanſetzung der Welſchen und Frantzoͤſiſchen Sprachen) die zu unſern Chriſten-Zweck mehr dienen/ weil aber mos morus uͤberhand genommen/ daß man nicht anders wil/ ſo muß man ſich mit Dolmetſchungen behelffen. Ob nun wol ſolche Dol- metſchungen/ viel und mancherley ſind/ und nicht allezeit in Abbildung deß Ertzbilds recht eintreffen/ ſo hat doch die Goͤttliche Providentz nicht ge- ſchehen laſſen/ daß einige Dolmetſchung ſo falſch/ ungereimt und unaͤhn- lich verkehret waͤre/ daß man nicht daraus ſo viel ſchoͤpffen moͤchte/ als zum wahren Glauben und Chriſtenthumb von noͤthen. Zu mehrer Si- cherung aber brauche ein Laͤy unterſchiedene Vorſionen/ auch derer Q q q q 3

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/701>, abgerufen am 22.11.2024.