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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die neunzehende
nichts so leicht/ als den ungelehrten und gemeinen Mann bereden/ weiß
sey schwartz/ als welcher/ was er nicht verstehet/ nur in Verwunderung
ziehet: Welcher doch/ wann man ihm schlimme Ducaten gibt/ dieselbe
wigt/ und auf die Goldwage legt/ aber wann er von dem Wolff/ der unter
dem Schaffsbeltz einher gehet/ noch lobet und sagt: Es hat mir wolgefal-
len/ ich kans nicht schelten! O der schändlichen und schnöden/ aber auch
schädlichsten Unwissenheit! Also vergaffet sich mancher an den Jesuiten/
und dero Suada und Wolredenheit/ die doch allein en anthropine sophia in
menschlicher Weißheit bestehet/ das dokimazete Prüfen ist uns Spätlin-
gen nicht fürgeschrieben. Folgen und Thun gehört darzu/ selig
seyd ihr/ wann ihr das wisset/ so ihrs auch thut.

Das Didactron und Lehrgeld soll auch nicht aussen bleiben/ nemlich
der schuldige Dauck und Erkäntnüß/ puteum corona, e quo sitim ex tin-
xeris,
sagten vor Zeiten die Römer/ den Brunnen cröne/ darauß du dei-
nen Durst gelöschet. Ein Stück solches Dancks ist auch die Gedult/ daß
man erkenne die schwere Arbeit/ deren die an ihnen arbeiten: Ob gleich
nicht mit der Hand/ denn ja wahr/ was Salomo sagt: Viel Predigen macht
müde/ den Commentarium machen die beschwerliche Zustände an Ca-
tharren/ Flüssen/ Leibsbrüchen. Timotheus Bischoff zu Epheso/ war noch
ein junger Mann/ da er ins Predigampt trat/ aber weil er fleissig studirte/
und ihm sein Ampt im Predigen ließ treulich angelegen seyn/ bekam er
davon ein schwachen Magen/ wurde offt kranck/ daß ihm auch Paulus
rathen muste/ daß er umb seines schwachen Magens willen ein wenig
Wein gebrauchen solte/1. Tim. 5/23. Was wil dann denen begegnen/
die deß Tages Last und Hitze im Predigen getragen? Darumb man auch
soll mit den Lehrern Gedult tragen/ ihre Gebrechen mit dem Mantel der
Liebe zudecken/ in Erwegung/ daß sie Menschen. Quod dixit Paulus,
irreprehensibilis, aut rarus, aut nullus. Quis est enim, qui non,
quasi in pulchro corpore, aut naevum aut verrucam habeat?
Das
Paulus gesagt/ unsträfflich/ das ist entweder keiner/ oder selten einer.
Dann welcher ist/ der nicht/ gleich als an einem schönen Leib/ entweder
en Anmahl oder Wartzen habe? schreibt Hieron. l. 1. advers. Pelag.
und bald hernach: Aut nullus, aut rarus, qui omnia haberet, quae
habere debet Episcopus.
Es ist entweder keiner/ oder selten einer/
der alles hätte/ was ein Bischoff haben sol. Aber wie gehets? So lan-
ge ein Prediger auffrecht gehet/ und den Leuthen dienen kan/ ist er lieb und
werth/ wenn er abgemattet und müde worden/ wird seiner wenig mehr
geachtet.

Hic

Die neunzehende
nichts ſo leicht/ als den ungelehrten und gemeinen Mann bereden/ weiß
ſey ſchwartz/ als welcher/ was er nicht verſtehet/ nur in Verwunderung
ziehet: Welcher doch/ wann man ihm ſchlimme Ducaten gibt/ dieſelbe
wigt/ und auf die Goldwage legt/ aber wann er von dem Wolff/ der unter
dem Schaffsbeltz einher gehet/ noch lobet und ſagt: Es hat mir wolgefal-
len/ ich kans nicht ſchelten! O der ſchaͤndlichen und ſchnoͤden/ aber auch
ſchaͤdlichſten Unwiſſenheit! Alſo vergaffet ſich mancher an den Jeſuiten/
und dero Suada und Wolredenheit/ die doch allein εν ἀνθϱωπίνῃ σοϕίᾳ in
menſchlicher Weißheit beſtehet/ das δοκιμάζετε Pruͤfen iſt uns Spaͤtlin-
gen nicht fuͤrgeſchrieben. Folgen und Thun gehoͤrt darzu/ ſelig
ſeyd ihr/ wann ihr das wiſſet/ ſo ihrs auch thut.

Das Didactron und Lehrgeld ſoll auch nicht auſſen bleiben/ nemlich
der ſchuldige Dauck und Erkaͤntnuͤß/ puteum corona, è quo ſitim ex tin-
xeris,
ſagten vor Zeiten die Roͤmer/ den Brunnen croͤne/ darauß du dei-
nen Durſt geloͤſchet. Ein Stuͤck ſolches Dancks iſt auch die Gedult/ daß
man erkenne die ſchwere Arbeit/ deren die an ihnen arbeiten: Ob gleich
nicht mit der Hand/ denn ja wahr/ was Salomo ſagt: Viel Predigen macht
muͤde/ den Commentarium machen die beſchwerliche Zuſtaͤnde an Ca-
tharren/ Fluͤſſen/ Leibsbruͤchen. Timotheus Biſchoff zu Epheſo/ war noch
ein junger Mann/ da er ins Predigampt trat/ aber weil er fleiſſig ſtudirte/
und ihm ſein Ampt im Predigen ließ treulich angelegen ſeyn/ bekam er
davon ein ſchwachen Magen/ wurde offt kranck/ daß ihm auch Paulus
rathen muſte/ daß er umb ſeines ſchwachen Magens willen ein wenig
Wein gebrauchen ſolte/1. Tim. 5/23. Was wil dann denen begegnen/
die deß Tages Laſt und Hitze im Predigen getragen? Darumb man auch
ſoll mit den Lehrern Gedult tragen/ ihre Gebrechen mit dem Mantel der
Liebe zudecken/ in Erwegung/ daß ſie Menſchen. Quod dixit Paulus,
irreprehenſibilis, aut rarus, aut nullus. Quis eſt enim, qui non,
quaſi in pulchro corpore, aut nævum aut verrucam habeat?
Das
Paulus geſagt/ unſtraͤfflich/ das iſt entweder keiner/ oder ſelten einer.
Dann welcher iſt/ der nicht/ gleich als an einem ſchoͤnen Leib/ entweder
en Anmahl oder Wartzen habe? ſchreibt Hieron. l. 1. adverſ. Pelag.
und bald hernach: Aut nullus, aut rarus, qui omnia haberet, quæ
habere debet Epiſcopus.
Es iſt entweder keiner/ oder ſelten einer/
der alles haͤtte/ was ein Biſchoff haben ſol. Aber wie gehets? So lan-
ge ein Prediger auffrecht gehet/ und den Leuthen dienen kan/ iſt er lieb und
werth/ wenn er abgemattet und muͤde worden/ wird ſeiner wenig mehr
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Hic
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[622/0646] Die neunzehende nichts ſo leicht/ als den ungelehrten und gemeinen Mann bereden/ weiß ſey ſchwartz/ als welcher/ was er nicht verſtehet/ nur in Verwunderung ziehet: Welcher doch/ wann man ihm ſchlimme Ducaten gibt/ dieſelbe wigt/ und auf die Goldwage legt/ aber wann er von dem Wolff/ der unter dem Schaffsbeltz einher gehet/ noch lobet und ſagt: Es hat mir wolgefal- len/ ich kans nicht ſchelten! O der ſchaͤndlichen und ſchnoͤden/ aber auch ſchaͤdlichſten Unwiſſenheit! Alſo vergaffet ſich mancher an den Jeſuiten/ und dero Suada und Wolredenheit/ die doch allein εν ἀνθϱωπίνῃ σοϕίᾳ in menſchlicher Weißheit beſtehet/ das δοκιμάζετε Pruͤfen iſt uns Spaͤtlin- gen nicht fuͤrgeſchrieben. Folgen und Thun gehoͤrt darzu/ ſelig ſeyd ihr/ wann ihr das wiſſet/ ſo ihrs auch thut. Das Didactron und Lehrgeld ſoll auch nicht auſſen bleiben/ nemlich der ſchuldige Dauck und Erkaͤntnuͤß/ puteum corona, è quo ſitim ex tin- xeris, ſagten vor Zeiten die Roͤmer/ den Brunnen croͤne/ darauß du dei- nen Durſt geloͤſchet. Ein Stuͤck ſolches Dancks iſt auch die Gedult/ daß man erkenne die ſchwere Arbeit/ deren die an ihnen arbeiten: Ob gleich nicht mit der Hand/ denn ja wahr/ was Salomo ſagt: Viel Predigen macht muͤde/ den Commentarium machen die beſchwerliche Zuſtaͤnde an Ca- tharren/ Fluͤſſen/ Leibsbruͤchen. Timotheus Biſchoff zu Epheſo/ war noch ein junger Mann/ da er ins Predigampt trat/ aber weil er fleiſſig ſtudirte/ und ihm ſein Ampt im Predigen ließ treulich angelegen ſeyn/ bekam er davon ein ſchwachen Magen/ wurde offt kranck/ daß ihm auch Paulus rathen muſte/ daß er umb ſeines ſchwachen Magens willen ein wenig Wein gebrauchen ſolte/1. Tim. 5/23. Was wil dann denen begegnen/ die deß Tages Laſt und Hitze im Predigen getragen? Darumb man auch ſoll mit den Lehrern Gedult tragen/ ihre Gebrechen mit dem Mantel der Liebe zudecken/ in Erwegung/ daß ſie Menſchen. Quod dixit Paulus, irreprehenſibilis, aut rarus, aut nullus. Quis eſt enim, qui non, quaſi in pulchro corpore, aut nævum aut verrucam habeat? Das Paulus geſagt/ unſtraͤfflich/ das iſt entweder keiner/ oder ſelten einer. Dann welcher iſt/ der nicht/ gleich als an einem ſchoͤnen Leib/ entweder en Anmahl oder Wartzen habe? ſchreibt Hieron. l. 1. adverſ. Pelag. und bald hernach: Aut nullus, aut rarus, qui omnia haberet, quæ habere debet Epiſcopus. Es iſt entweder keiner/ oder ſelten einer/ der alles haͤtte/ was ein Biſchoff haben ſol. Aber wie gehets? So lan- ge ein Prediger auffrecht gehet/ und den Leuthen dienen kan/ iſt er lieb und werth/ wenn er abgemattet und muͤde worden/ wird ſeiner wenig mehr geachtet. Hic

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/646>, abgerufen am 23.11.2024.