Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.Die sechszehende hält/ der muß ärger seyn denn ein Heide/ wenn er gleich Tod-ten aufferwecken könte. Also hübsch gleissen die Gebot und Werck der Menschen/ GOttes Gebot und Gottes Werck sihet man durch einen finstern Nebel an. Darum sag ich noch/ man sol beyderley Gebot halten/ doch mit grossem Fleiß unterscheiden/ denn ob schon kein Gebot der Kirchen wäre/ könte man doch wol fromb seyn durch Gebot: Wenn aber GOttes Gebot nachbleibet/ so ist der Kirchen Gebot nichts anders denn ein schädlicher Schanddeckel/ und macht aussen einen guten Schein/ da inwendig nichts guts ist. Der- halben ist auch mein Rath/ daß man der Kirchen Gebot eins theils ablege/ in einem Concilio, auff daß man GOttes Ge- bot auch einmal scheinen und leuchten liesse/ denn mit den Liechten vieler Gebot/ hat man den Tag Göttliches Ge- bots gar nahe die Augen außgeleuchtet. Bißh. Luth. IV. Daran halten und hafften. Die Weißheit/ sagt Salomon die
Die ſechszehende haͤlt/ der muß aͤrger ſeyn denn ein Heide/ wenn er gleich Tod-ten aufferwecken koͤnte. Alſo huͤbſch gleiſſen die Gebot und Werck der Menſchen/ GOttes Gebot und Gottes Werck ſihet man durch einen finſtern Nebel an. Darum ſag ich noch/ man ſol beyderley Gebot halten/ doch mit groſſem Fleiß unterſcheiden/ denn ob ſchon kein Gebot der Kirchen waͤre/ koͤnte man doch wol fromb ſeyn durch Gebot: Wenn aber GOttes Gebot nachbleibet/ ſo iſt der Kirchen Gebot nichts anders denn ein ſchaͤdlicher Schanddeckel/ und macht auſſen einen guten Schein/ da inwendig nichts guts iſt. Der- halben iſt auch mein Rath/ daß man der Kirchen Gebot eins theils ablege/ in einem Concilio, auff daß man GOttes Ge- bot auch einmal ſcheinen und leuchten lieſſe/ denn mit den Liechten vieler Gebot/ hat man den Tag Goͤttliches Ge- bots gar nahe die Augen außgeleuchtet. Bißh. Luth. IV. Daran halten und hafften. Die Weißheit/ ſagt Salomon die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0574" n="550"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die ſechszehende</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">haͤlt/ der muß aͤrger ſeyn denn ein Heide/ wenn er gleich Tod-<lb/> ten aufferwecken koͤnte. Alſo huͤbſch gleiſſen die Gebot und<lb/> Werck der Menſchen/ GOttes Gebot und Gottes Werck<lb/> ſihet man durch einen finſtern Nebel an. Darum ſag ich<lb/> noch/ man ſol beyderley Gebot halten/ doch mit groſſem<lb/> Fleiß unterſcheiden/ denn ob ſchon kein Gebot der Kirchen<lb/> waͤre/ koͤnte man doch wol fromb ſeyn durch Gebot: Wenn<lb/> aber GOttes Gebot nachbleibet/ ſo iſt der Kirchen Gebot<lb/> nichts anders denn ein ſchaͤdlicher Schanddeckel/ und macht<lb/> auſſen einen guten Schein/ da inwendig nichts guts iſt. Der-<lb/> halben iſt auch mein Rath/ daß man der Kirchen Gebot eins<lb/> theils ablege/ in einem</hi><hi rendition="#aq">Concilio,</hi><hi rendition="#fr">auff daß man GOttes Ge-<lb/> bot auch einmal ſcheinen und leuchten lieſſe/ denn mit den<lb/> Liechten vieler Gebot/ hat man den Tag Goͤttliches Ge-<lb/> bots gar nahe die Augen außgeleuchtet.</hi> Bißh. Luth.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">IV.</hi></hi> Daran <hi rendition="#fr">halten</hi> und <hi rendition="#fr">hafften.</hi> Die Weißheit/ ſagt Salomon<lb/> Prov. 3/ 18. iſt ein Baum deß Lebens allen die ſie ergreiffen/ und ſelig ſind/<lb/> die ſie halten <gap reason="fm" unit="words" quantity="1"/> <hi rendition="#aq">apprehendentes eam tenaciter ac valide,</hi> die<lb/> ſie feſt und ſteiff halten und ergreiffen/ die <hi rendition="#aq">Conſcien</hi>tz und das Gewiſſen<lb/> damit firmen und ſtaͤrcken. <hi rendition="#aq">Experto crede Ruperto</hi>! Lutherus der wer-<lb/> the Mann hat in ſeinen Anfechtungen erfahren/ was dieſes feſt anhalten<lb/><note place="left">(* <hi rendition="#aq">Tom. 7.<lb/> Witt. pag.<lb/> 282. f.</hi> 2.</note>vermag. <hi rendition="#fr">Jch empfinde</hi> (ſchreibt er (*)) <hi rendition="#fr">taͤglich bey mir/ wie gar<lb/> ſchwer es iſt/ langwirige Gewiſſen/ und mit Menſchlichen<lb/> Satzungen gefangen/ abzulegen. O wie mit viel groͤſſer<lb/> Muͤhe und Arbeit/ auch durch gegruͤndete H. Schrifft/ habe<lb/> ich mein eigen Gewiſſen kaum koͤnnen rechtfertigen/ daß ich<lb/> einer allein wider den Pabſt habe duͤrffen aufftreten/ ihn fuͤr<lb/> den Anti-Chriſt halten/ die Biſchoͤffe fuͤr ſeine Apoſteln/ die<lb/> hohen Schulen fuͤr ſeine Hurenhaͤuſer. Wie offt hat mein<lb/> Hertz gezappelt/ mich geſtrafft und mir fůrgeworffen/ ihr ei-<lb/> nig ſtarckes Argument/ du biſt allein klug? Solten die andere<lb/> alle irren/ und ſo eine lange Zeit geirret haben? Wie wenn du<lb/> irreſt/ und ſo viel Leute in Jrꝛthum verfuͤhreſt/ welche alle<lb/> ewiglich verdammet wuͤrden? Biß ſo lange daß mich Chri-<lb/> ſtus mit ſeinem einigen gewiſſen Wort befeſtiget und beſtaͤ-<lb/> tiget hat/ daß mein Hertz nicht mehr zappelt/ ſondern ſich wi-<lb/> der dieſe Argument der Papiſten/ als ein ſteinern Ufer wider</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">die</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [550/0574]
Die ſechszehende
haͤlt/ der muß aͤrger ſeyn denn ein Heide/ wenn er gleich Tod-
ten aufferwecken koͤnte. Alſo huͤbſch gleiſſen die Gebot und
Werck der Menſchen/ GOttes Gebot und Gottes Werck
ſihet man durch einen finſtern Nebel an. Darum ſag ich
noch/ man ſol beyderley Gebot halten/ doch mit groſſem
Fleiß unterſcheiden/ denn ob ſchon kein Gebot der Kirchen
waͤre/ koͤnte man doch wol fromb ſeyn durch Gebot: Wenn
aber GOttes Gebot nachbleibet/ ſo iſt der Kirchen Gebot
nichts anders denn ein ſchaͤdlicher Schanddeckel/ und macht
auſſen einen guten Schein/ da inwendig nichts guts iſt. Der-
halben iſt auch mein Rath/ daß man der Kirchen Gebot eins
theils ablege/ in einem Concilio, auff daß man GOttes Ge-
bot auch einmal ſcheinen und leuchten lieſſe/ denn mit den
Liechten vieler Gebot/ hat man den Tag Goͤttliches Ge-
bots gar nahe die Augen außgeleuchtet. Bißh. Luth.
IV. Daran halten und hafften. Die Weißheit/ ſagt Salomon
Prov. 3/ 18. iſt ein Baum deß Lebens allen die ſie ergreiffen/ und ſelig ſind/
die ſie halten _ apprehendentes eam tenaciter ac valide, die
ſie feſt und ſteiff halten und ergreiffen/ die Conſcientz und das Gewiſſen
damit firmen und ſtaͤrcken. Experto crede Ruperto! Lutherus der wer-
the Mann hat in ſeinen Anfechtungen erfahren/ was dieſes feſt anhalten
vermag. Jch empfinde (ſchreibt er (*)) taͤglich bey mir/ wie gar
ſchwer es iſt/ langwirige Gewiſſen/ und mit Menſchlichen
Satzungen gefangen/ abzulegen. O wie mit viel groͤſſer
Muͤhe und Arbeit/ auch durch gegruͤndete H. Schrifft/ habe
ich mein eigen Gewiſſen kaum koͤnnen rechtfertigen/ daß ich
einer allein wider den Pabſt habe duͤrffen aufftreten/ ihn fuͤr
den Anti-Chriſt halten/ die Biſchoͤffe fuͤr ſeine Apoſteln/ die
hohen Schulen fuͤr ſeine Hurenhaͤuſer. Wie offt hat mein
Hertz gezappelt/ mich geſtrafft und mir fůrgeworffen/ ihr ei-
nig ſtarckes Argument/ du biſt allein klug? Solten die andere
alle irren/ und ſo eine lange Zeit geirret haben? Wie wenn du
irreſt/ und ſo viel Leute in Jrꝛthum verfuͤhreſt/ welche alle
ewiglich verdammet wuͤrden? Biß ſo lange daß mich Chri-
ſtus mit ſeinem einigen gewiſſen Wort befeſtiget und beſtaͤ-
tiget hat/ daß mein Hertz nicht mehr zappelt/ ſondern ſich wi-
der dieſe Argument der Papiſten/ als ein ſteinern Ufer wider
die
(* Tom. 7.
Witt. pag.
282. f. 2.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |