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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.

Zu welchem Ende/ und solche devotion zu stärcken/ wollen wir jetzt
und ins künfftig das Signaculum Sacramentale & memoriale, welches
in abgelesener Wunder-Geschicht uns zu betrachten vorkomt/ mit GOtt/
erklären. Für diß erste mahl seind wir entschlossen still zu stehen allein bey
dem ersten Phaenomeno, der heilwerthen Quellen/ aus welcher Wasser
und Blut in die H. Sacramenta geflossen. Nemlich der heiligsten
und heilsamsten Wunde der eröffneten Seiten.
Dieselbe nun
also zubetrachten/ daß Gottes Ehre befördert/ wir im Glauben erbauet und
in unser Seelen erquicket werden/ bitten wir den himmlischen Vater um
seines guten H. Geistes Würckung/ Gnad und Segen/ Amen.

OB nun zwar wol das Wort der Wunden im Text nicht auß-
getruckt stehet/ so gibts doch die uponoia per se, der effect oder
Würckung zeugt von seiner Ursach und Ursprung/ der Was-
ser- und Blut-Fluß von der Quell/ die Beschreibung deß actus oder
Mißhandlung deß Kriegs-Knechts (enuxe te logkhe, er hat gestochen
mit einem Speer
) redet von einer gestochenen Wunde/ dadurch
das continuum solvirt/ durch einen mörderischen Stich und Stoß.
Es war vulnus laterale, ein Seiten-Wund/ ein rothe frische
Wund. An welcher Seit aber? Der rechten oder lincken? Können wir
eigentlich nicht wissen: Wiewol wir die alte tradition Cyrilli de vul-
nere cordiali sinistro,
es sey ein Hertz-Stoß oder Hertzens-Wund ge-
wesen auff der lincken Seiten/ nicht allerdings verwerffen wollen/ der
Stratiot hab wollen exploriren und erblicken/ ob der HErr wahrhafftig
tod seye/ darum hab er das principium vitae, oder die Quelle deß Le-
bens angreiffen wollen/ auff daß/ so er noch nicht gar tod wäre/ er ihm
die Schmertzen verkürtzen möchte mit diesem Hertz-Stich oder Stoß.
Dem aber zu wider/ bezeugt der Evangelist klar im vorhergehenden v. 33.(*) referen-
te Erasm.

Schmid/
in h. l. p.
757.

Er sey schon gestorbengewesen. Darum jener Christliche Mahler
und Controfeter Lucas Cranachius, (*) der teutsche Apelles, ihm recht
gethan/ daß er dem Bildnüß Christi oder gemahlten crucifix (welches
noch jetzo zu Wittenberg in anteriore coenobio Augusti auffgehebet und
zu finden) auff keiner Seiten die Wunde machen wollen/ welcher auch
deßwegen/ da er gefragt worden/ geantwortet: Er wolle warten biß die
Gelehrten hierüber eins werden/ als von welchen er noch nichts gewisses
vernehmen können: Bey welcher Antwort wir es auch lassen bewenden.

Es sey nun die Seit gewesen/ welche es wolle/ die rechte oder lincke/
so ist sie doch vulnus apertum & hians, eine eröffnete/ gespaltene/ fri-

sche/
A 3
Predigt.

Zu welchem Ende/ und ſolche devotion zu ſtaͤrcken/ wollen wir jetzt
und ins kuͤnfftig das Signaculum Sacramentale & memoriale, welches
in abgeleſener Wunder-Geſchicht uns zu betrachten vorkomt/ mit GOtt/
erklaͤren. Fuͤr diß erſte mahl ſeind wir entſchloſſen ſtill zu ſtehen allein bey
dem erſten Phænomeno, der heilwerthen Quellen/ aus welcher Waſſer
und Blut in die H. Sacramenta gefloſſen. Nemlich der heiligſten
und heilſamſten Wunde der eroͤffneten Seiten.
Dieſelbe nun
alſo zubetrachten/ daß Gottes Ehre befoͤrdert/ wir im Glauben erbauet und
in unſer Seelen erquicket werden/ bitten wir den himmliſchen Vater um
ſeines guten H. Geiſtes Wuͤrckung/ Gnad und Segen/ Amen.

OB nun zwar wol das Wort der Wunden im Text nicht auß-
getruckt ſtehet/ ſo gibts doch die ὑπόνοια per ſe, der effect oder
Wuͤrckung zeugt von ſeiner Urſach und Urſprung/ der Waſ-
ſer- und Blut-Fluß von der Quell/ die Beſchreibung deß actus oder
Mißhandlung deß Kriegs-Knechts (ἔνυξε τῇ λόγχῃ, er hat geſtochen
mit einem Speer
) redet von einer geſtochenen Wunde/ dadurch
das continuum ſolvirt/ durch einen moͤrderiſchen Stich und Stoß.
Es war vulnus laterale, ein Seiten-Wund/ ein rothe friſche
Wund. An welcher Seit aber? Der rechten oder lincken? Koͤnnen wir
eigentlich nicht wiſſen: Wiewol wir die alte tradition Cyrilli de vul-
nere cordiali ſiniſtro,
es ſey ein Hertz-Stoß oder Hertzens-Wund ge-
weſen auff der lincken Seiten/ nicht allerdings verwerffen wollen/ der
Stratiot hab wollen exploriren und erblicken/ ob der HErꝛ wahrhafftig
tod ſeye/ darum hab er das principium vitæ, oder die Quelle deß Le-
bens angreiffen wollen/ auff daß/ ſo er noch nicht gar tod waͤre/ er ihm
die Schmertzen verkuͤrtzen moͤchte mit dieſem Hertz-Stich oder Stoß.
Dem aber zu wider/ bezeugt der Evangeliſt klar im vorhergehenden v. 33.(*) referen-
te Eraſm.

Schmid/
in h. l. p.
757.

Er ſey ſchon geſtorbengeweſen. Darum jener Chriſtliche Mahler
und Controfeter Lucas Cranachius, (*) der teutſche Apelles, ihm recht
gethan/ daß er dem Bildnuͤß Chriſti oder gemahlten crucifix (welches
noch jetzo zu Wittenberg in anteriore cœnobio Auguſti auffgehebet und
zu finden) auff keiner Seiten die Wunde machen wollen/ welcher auch
deßwegen/ da er gefragt worden/ geantwortet: Er wolle warten biß die
Gelehrten hieruͤber eins werden/ als von welchen er noch nichts gewiſſes
vernehmen koͤnnen: Bey welcher Antwort wir es auch laſſen bewenden.

Es ſey nun die Seit geweſen/ welche es wolle/ die rechte oder lincke/
ſo iſt ſie doch vulnus apertum & hians, eine eroͤffnete/ geſpaltene/ fri-

ſche/
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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/27>, abgerufen am 23.11.2024.