Die
Fünffte Predigt/
Von
Den Gästen deß Himmel-Brods.
GEliebte in Christo. Wo ein Aaß ist/ da samm-
len sich die Adler. Jst ein bekanntes/ geübtes/
und uhraltes Sprichwort/ gebraucht/ schon von dem
Orientalischen Philosopho, dem theuren Mann
GOttes Job cap. 39. wann er von ihm sagt/ wo
ein Aaß ist/ da ist er. widerholet von dem Geistrei-
chen Propheten Habacuc cap. 1/ 8. wann er von
den Chaldeeren sagt/ daß sie daher kommen/ wie die Adler zum Aaß
eylen. Ja von dem grossen Propheten Christo selbst/ welcher ebenmäs-
sig dieses Sprichwort auff der Zungen geführt/ mit seinem allerheilig-
sten Mund consecrirt und geweyhet/ und eine traurige Weissagung von
dem Greuel der Verwüstung damit geschlossen. Matth. 24. Jst aber
auch veriverbium, ein wahres Wort/ fundiret nicht allein in der
Natur und Experientz/ dann ja der Adler/ wann er mit seinen scharffen
zwitzerenden Augen von fern ein cadaver, ein Todten Aaß/ ein todtes Roß/
Kuh/ Wild/ und dergleichen sihet/ riechet/ so stoßt er schnell wie ein Blitz auf
dasselbe zu/ er setzt sich darauff/ sauget das Blut herauß/ ätzet und sättiget
sich damit. Das Aaß ist der Magnet/ der Adler das Eysen/ der von dem
Magnet an sich gezogen wird/ wo Zug/ da Flug/ wo Geruch/ da Gesuch/ wo
Aaß/ da Adler. Sondern es erzeigt sich auch die Warheit dieses Sprich-
worts in Mysterio fidei, in der Geistlichen Seelenspeiß deß gecreutzigten
JEsu von Nazareth/ der sich selbst einem Todten-Aaß vergleicht/ nicht
zwar kat' aletheian, also wäre sein Heiligster Fronleichnam ein stinckendes
Todten-Aaß/ dessen Fleisch ist ein lebendigmachende Speiß/ der Ge-
ruch derselben ist ein Geruch deß Lebens zum Leben/ der die Verwesung
nicht gesehen/ Psalm. 16. Sondern kata doxan, dem Schein nach.
Weil
Die
Fuͤnffte Predigt/
Von
Den Gaͤſten deß Himmel-Brods.
GEliebte in Chriſto. Wo ein Aaß iſt/ da ſamm-
len ſich die Adler. Jſt ein bekanntes/ geuͤbtes/
und uhraltes Sprichwort/ gebraucht/ ſchon von dem
Orientaliſchen Philoſopho, dem theuren Mann
GOttes Job cap. 39. wann er von ihm ſagt/ wo
ein Aaß iſt/ da iſt er. widerholet von dem Geiſtrei-
chen Propheten Habacuc cap. 1/ 8. wann er von
den Chaldeeren ſagt/ daß ſie daher kommen/ wie die Adler zum Aaß
eylen. Ja von dem groſſen Propheten Chriſto ſelbſt/ welcher ebenmaͤſ-
ſig dieſes Sprichwort auff der Zungen gefuͤhrt/ mit ſeinem allerheilig-
ſten Mund conſecrirt und geweyhet/ und eine traurige Weiſſagung von
dem Greuel der Verwuͤſtung damit geſchloſſen. Matth. 24. Jſt aber
auch veriverbium, ein wahres Wort/ fundiret nicht allein in der
Natur und Experientz/ dann ja der Adler/ wann er mit ſeinen ſcharffen
zwitzerenden Augen von fern ein cadaver, ein Todten Aaß/ ein todtes Roß/
Kuh/ Wild/ und dergleichen ſihet/ riechet/ ſo ſtoßt er ſchnell wie ein Blitz auf
daſſelbe zu/ er ſetzt ſich darauff/ ſauget das Blut herauß/ aͤtzet und ſaͤttiget
ſich damit. Das Aaß iſt der Magnet/ der Adler das Eyſen/ der von dem
Magnet an ſich gezogen wird/ wo Zug/ da Flug/ wo Geruch/ da Geſuch/ wo
Aaß/ da Adler. Sondern es erzeigt ſich auch die Warheit dieſes Sprich-
worts in Myſterio fidei, in der Geiſtlichen Seelenſpeiß deß gecreutzigten
JEſu von Nazareth/ der ſich ſelbſt einem Todten-Aaß vergleicht/ nicht
zwar κατ᾽ ἀλήθειαν, alſo waͤre ſein Heiligſter Fronleichnam ein ſtinckendes
Todten-Aaß/ deſſen Fleiſch iſt ein lebendigmachende Speiß/ der Ge-
ruch derſelben iſt ein Geruch deß Lebens zum Leben/ der die Verweſung
nicht geſehen/ Pſalm. 16. Sondern κατὰ δόξαν, dem Schein nach.
Weil
<TEI>
<text>
<body>
<pb facs="#f1060" n="1036"/>
<fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die viertzigſte</hi> </fw><lb/>
<milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
<div n="1">
<head> <hi rendition="#fr">Die<lb/>
Fuͤnffte Predigt/<lb/>
Von<lb/>
Den Gaͤſten deß Himmel-Brods.</hi> </head><lb/>
<p><hi rendition="#in">G</hi><hi rendition="#fr">Eliebte in Chriſto. Wo ein Aaß iſt/ da ſamm-<lb/>
len ſich die Adler.</hi> Jſt ein bekanntes/ geuͤbtes/<lb/>
und uhraltes Sprichwort/ gebraucht/ ſchon von dem<lb/>
Orientaliſchen <hi rendition="#aq">Philoſopho,</hi> dem theuren Mann<lb/>
GOttes Job cap. 39. wann er von ihm ſagt/ <hi rendition="#fr">wo<lb/>
ein Aaß iſt/ da iſt er.</hi> widerholet von dem Geiſtrei-<lb/>
chen Propheten Habacuc cap. 1/ 8. wann er von<lb/>
den Chaldeeren ſagt/ daß ſie daher kommen/ <hi rendition="#fr">wie die Adler zum Aaß<lb/>
eylen.</hi> Ja von dem groſſen Propheten Chriſto ſelbſt/ welcher ebenmaͤſ-<lb/>
ſig dieſes Sprichwort auff der Zungen gefuͤhrt/ mit ſeinem allerheilig-<lb/>
ſten Mund conſecrirt und geweyhet/ und eine traurige Weiſſagung von<lb/>
dem Greuel der Verwuͤſtung damit geſchloſſen. Matth. 24. Jſt aber<lb/>
auch <hi rendition="#aq">veriverbium,</hi> <hi rendition="#fr">ein wahres Wort/</hi> <hi rendition="#aq">fundi</hi>ret nicht allein in der<lb/>
Natur und <hi rendition="#aq">Experien</hi>tz/ dann ja der Adler/ wann er mit ſeinen ſcharffen<lb/>
zwitzerenden Augen von fern ein <hi rendition="#aq">cadaver,</hi> ein Todten Aaß/ ein todtes Roß/<lb/>
Kuh/ Wild/ und dergleichen ſihet/ riechet/ ſo ſtoßt er ſchnell wie ein Blitz auf<lb/>
daſſelbe zu/ er ſetzt ſich darauff/ ſauget das Blut herauß/ aͤtzet und ſaͤttiget<lb/>
ſich damit. Das Aaß iſt der Magnet/ der Adler das Eyſen/ der von dem<lb/>
Magnet an ſich gezogen wird/ wo Zug/ da Flug/ wo Geruch/ da Geſuch/ wo<lb/>
Aaß/ da Adler. Sondern es erzeigt ſich auch die Warheit dieſes Sprich-<lb/>
worts <hi rendition="#aq">in Myſterio fidei,</hi> in der Geiſtlichen Seelenſpeiß deß gecreutzigten<lb/>
JEſu von Nazareth/ der ſich ſelbſt einem Todten-Aaß vergleicht/ nicht<lb/>
zwar κατ᾽ ἀλήθειαν, alſo waͤre ſein Heiligſter Fronleichnam ein ſtinckendes<lb/>
Todten-Aaß/ deſſen Fleiſch iſt ein lebendigmachende Speiß/ der Ge-<lb/>
ruch derſelben iſt ein Geruch deß Lebens zum Leben/ der die Verweſung<lb/>
nicht geſehen/ Pſalm. 16. Sondern κατὰ δόξαν, dem Schein nach.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Weil</fw><lb/></p>
</div>
</body>
</text>
</TEI>
[1036/1060]
Die viertzigſte
Die
Fuͤnffte Predigt/
Von
Den Gaͤſten deß Himmel-Brods.
GEliebte in Chriſto. Wo ein Aaß iſt/ da ſamm-
len ſich die Adler. Jſt ein bekanntes/ geuͤbtes/
und uhraltes Sprichwort/ gebraucht/ ſchon von dem
Orientaliſchen Philoſopho, dem theuren Mann
GOttes Job cap. 39. wann er von ihm ſagt/ wo
ein Aaß iſt/ da iſt er. widerholet von dem Geiſtrei-
chen Propheten Habacuc cap. 1/ 8. wann er von
den Chaldeeren ſagt/ daß ſie daher kommen/ wie die Adler zum Aaß
eylen. Ja von dem groſſen Propheten Chriſto ſelbſt/ welcher ebenmaͤſ-
ſig dieſes Sprichwort auff der Zungen gefuͤhrt/ mit ſeinem allerheilig-
ſten Mund conſecrirt und geweyhet/ und eine traurige Weiſſagung von
dem Greuel der Verwuͤſtung damit geſchloſſen. Matth. 24. Jſt aber
auch veriverbium, ein wahres Wort/ fundiret nicht allein in der
Natur und Experientz/ dann ja der Adler/ wann er mit ſeinen ſcharffen
zwitzerenden Augen von fern ein cadaver, ein Todten Aaß/ ein todtes Roß/
Kuh/ Wild/ und dergleichen ſihet/ riechet/ ſo ſtoßt er ſchnell wie ein Blitz auf
daſſelbe zu/ er ſetzt ſich darauff/ ſauget das Blut herauß/ aͤtzet und ſaͤttiget
ſich damit. Das Aaß iſt der Magnet/ der Adler das Eyſen/ der von dem
Magnet an ſich gezogen wird/ wo Zug/ da Flug/ wo Geruch/ da Geſuch/ wo
Aaß/ da Adler. Sondern es erzeigt ſich auch die Warheit dieſes Sprich-
worts in Myſterio fidei, in der Geiſtlichen Seelenſpeiß deß gecreutzigten
JEſu von Nazareth/ der ſich ſelbſt einem Todten-Aaß vergleicht/ nicht
zwar κατ᾽ ἀλήθειαν, alſo waͤre ſein Heiligſter Fronleichnam ein ſtinckendes
Todten-Aaß/ deſſen Fleiſch iſt ein lebendigmachende Speiß/ der Ge-
ruch derſelben iſt ein Geruch deß Lebens zum Leben/ der die Verweſung
nicht geſehen/ Pſalm. 16. Sondern κατὰ δόξαν, dem Schein nach.
Weil