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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Neun und Viertzigste (Fünffte)
Heiligen alles was in Gott ist und idealiter erscheinet/ sehen und wissen
solten/ so müsten die Heiligen im ewigen Leben auch wissen den Tag des
Marc. 13,
32.
Jüngsten Tages/ wider die Wort Christi Marc. 13. Von dem Tage
und der Stund weiß niemand/ auch die Engel nicht im Him-
mel/ etc.

II. Quis videndi modus? Was wird für eine Art
zu schauen seyn?
Auff was Art und Weise werden wir dieser schönen
Schau geniessen? Hie rauffen und beissen sich die Schul-Lehrer/ wie die
Hunde über einem Bein; Wir lassen ihnen das Bein/ und suchen das
Fleisch und Marck; halten uns nicht auff in Erzehlung vielerley Arten
des Anschauen Gottes/ bleiben einfältig bey dem/ was uns die Schrifft
an die Hand gibt/ sonderlich 1. Cor. 13. 1. Joh. 3. 2. Cor. 3. daraus er-
scheinet/ daß diese vision seye eine unmittelbare Schau ohne Zeichen und
Sinn-Bilder; Vnser Auge ist ein herrliches Wunder-Geschöpff Gottes/
als in welchem kleinen zarten Cörperlein des gantzen Firmaments Ster-
ne/ die vielmahl grösser sind als die Erde/ gefassen und durch etliche tausend
Meilen hindurch können beschauet werden; Aber es geschicht per species,
vermittelst derselben eusserlichen Gestalten und Sinn-Bilder: Auff wel-
che Weise auch Gott der Herr in dieser Welt gesehen wird in seiner
Creatur/ in der heiligen Schrifft/ in den signis hieroglyphicis und Abbil-
dungs-Zeichen; Aber dort wird Er gesehen werden unmittelbar/ dieweil
Er wird seyn alles in allem.

Es wird seyn visio clara, eine helle/ offene Anschauung sine aenigma-
te,
nicht von fern im dunckeln; Wir sehen auch hie. Offtmahl einen
Baum für einen Menschen an: visio epoptica & autoprosopica, eine
Selbst-Schau/ da wir nicht mehr im Spiegel/ sondern von Angesicht zu
Angesicht ihn werden anschauen; dann hie sehen wir zwar Gott auch/
aber in einem Spiegel. Wir werden ihn schauen visione perfecta, durch
eine vollkommene Anschauung/ wiewohl nicht comprehensiva, sondern
nach der regul des Göttlichen Willens abgemessener Weise; Hie sehen
1. Cor. 13,
12.
wir stucksweise/ dort vollkommen. Vnser Auge sihet sich nimmer satt/ es ist
bald verneugernt/ bald eckel/ man erfährt es an den Thulipan und Blu-
men/ wie bald man ihrer genug hat. Jtem am Reissen/ Botz ists nur das/
sagt man: Aber hie ist die saturitas und die Ersättligkeit/ Gott nimmt
das Auge voll ein.

Rivet. in
Exod. pag.

129.

Ob wir aber Gott mit leiblichen Augen anschauen werden? ist
nicht temere und ohnbedachtsam zu verläugnen/ mit Riveto: Oculis
nostris (corporeis) nos Dei substantiam visuros nec Scriptura dicit, nec

verum

Die Neun und Viertzigſte (Fuͤnffte)
Heiligen alles was in Gott iſt und idealiter erſcheinet/ ſehen und wiſſen
ſolten/ ſo muͤſten die Heiligen im ewigen Leben auch wiſſen den Tag des
Marc. 13,
32.
Juͤngſten Tages/ wider die Wort Chriſti Marc. 13. Von dem Tage
und der Stund weiß niemand/ auch die Engel nicht im Him-
mel/ ꝛc.

II. Quis videndi modus? Was wird fuͤr eine Art
zu ſchauen ſeyn?
Auff was Art und Weiſe werden wir dieſer ſchoͤnen
Schau genieſſen? Hie rauffen und beiſſen ſich die Schul-Lehrer/ wie die
Hunde uͤber einem Bein; Wir laſſen ihnen das Bein/ und ſuchen das
Fleiſch und Marck; halten uns nicht auff in Erzehlung vielerley Arten
des Anſchauen Gottes/ bleiben einfaͤltig bey dem/ was uns die Schrifft
an die Hand gibt/ ſonderlich 1. Cor. 13. 1. Joh. 3. 2. Cor. 3. daraus er-
ſcheinet/ daß dieſe viſion ſeye eine unmittelbare Schau ohne Zeichen und
Sinn-Bilder; Vnſer Auge iſt ein herrliches Wunder-Geſchoͤpff Gottes/
als in welchem kleinen zarten Coͤrperlein des gantzen Firmaments Ster-
ne/ die vielmahl groͤſſer ſind als die Erde/ gefaſſen und durch etliche tauſend
Meilen hindurch koͤnnen beſchauet werden; Aber es geſchicht per ſpecies,
vermittelſt derſelben euſſerlichen Geſtalten und Sinn-Bilder: Auff wel-
che Weiſe auch Gott der Herr in dieſer Welt geſehen wird in ſeiner
Creatur/ in der heiligen Schrifft/ in den ſignis hieroglyphicis und Abbil-
dungs-Zeichen; Aber dort wird Er geſehen werden unmittelbar/ dieweil
Er wird ſeyn alles in allem.

Es wird ſeyn viſio clara, eine helle/ offene Anſchauung ſine ænigma-
te,
nicht von fern im dunckeln; Wir ſehen auch hie. Offtmahl einen
Baum fuͤr einen Menſchen an: viſio epoptica & autoproſopica, eine
Selbſt-Schau/ da wir nicht mehr im Spiegel/ ſondern von Angeſicht zu
Angeſicht ihn werden anſchauen; dann hie ſehen wir zwar Gott auch/
aber in einem Spiegel. Wir werden ihn ſchauen viſione perfectâ, durch
eine vollkommene Anſchauung/ wiewohl nicht comprehenſivâ, ſondern
nach der regul des Goͤttlichen Willens abgemeſſener Weiſe; Hie ſehen
1. Cor. 13,
12.
wir ſtucksweiſe/ dort vollkommen. Vnſer Auge ſihet ſich nimmer ſatt/ es iſt
bald verneugernt/ bald eckel/ man erfaͤhrt es an den Thulipan und Blu-
men/ wie bald man ihrer genug hat. Jtem am Reiſſen/ Botz iſts nur das/
ſagt man: Aber hie iſt die ſaturitas und die Erſaͤttligkeit/ Gott nimmt
das Auge voll ein.

Rivet. in
Exod. pag.

129.

Ob wir aber Gott mit leiblichen Augen anſchauen werden? iſt
nicht temerè und ohnbedachtſam zu verlaͤugnen/ mit Riveto: Oculis
noſtris (corporeis) nos Dei ſubſtantiam viſuros nec Scriptura dicit, nec

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[604/0636] Die Neun und Viertzigſte (Fuͤnffte) Heiligen alles was in Gott iſt und idealiter erſcheinet/ ſehen und wiſſen ſolten/ ſo muͤſten die Heiligen im ewigen Leben auch wiſſen den Tag des Juͤngſten Tages/ wider die Wort Chriſti Marc. 13. Von dem Tage und der Stund weiß niemand/ auch die Engel nicht im Him- mel/ ꝛc. Marc. 13, 32. II. Quis videndi modus? Was wird fuͤr eine Art zu ſchauen ſeyn? Auff was Art und Weiſe werden wir dieſer ſchoͤnen Schau genieſſen? Hie rauffen und beiſſen ſich die Schul-Lehrer/ wie die Hunde uͤber einem Bein; Wir laſſen ihnen das Bein/ und ſuchen das Fleiſch und Marck; halten uns nicht auff in Erzehlung vielerley Arten des Anſchauen Gottes/ bleiben einfaͤltig bey dem/ was uns die Schrifft an die Hand gibt/ ſonderlich 1. Cor. 13. 1. Joh. 3. 2. Cor. 3. daraus er- ſcheinet/ daß dieſe viſion ſeye eine unmittelbare Schau ohne Zeichen und Sinn-Bilder; Vnſer Auge iſt ein herrliches Wunder-Geſchoͤpff Gottes/ als in welchem kleinen zarten Coͤrperlein des gantzen Firmaments Ster- ne/ die vielmahl groͤſſer ſind als die Erde/ gefaſſen und durch etliche tauſend Meilen hindurch koͤnnen beſchauet werden; Aber es geſchicht per ſpecies, vermittelſt derſelben euſſerlichen Geſtalten und Sinn-Bilder: Auff wel- che Weiſe auch Gott der Herr in dieſer Welt geſehen wird in ſeiner Creatur/ in der heiligen Schrifft/ in den ſignis hieroglyphicis und Abbil- dungs-Zeichen; Aber dort wird Er geſehen werden unmittelbar/ dieweil Er wird ſeyn alles in allem. Es wird ſeyn viſio clara, eine helle/ offene Anſchauung ſine ænigma- te, nicht von fern im dunckeln; Wir ſehen auch hie. Offtmahl einen Baum fuͤr einen Menſchen an: viſio epoptica & autoproſopica, eine Selbſt-Schau/ da wir nicht mehr im Spiegel/ ſondern von Angeſicht zu Angeſicht ihn werden anſchauen; dann hie ſehen wir zwar Gott auch/ aber in einem Spiegel. Wir werden ihn ſchauen viſione perfectâ, durch eine vollkommene Anſchauung/ wiewohl nicht comprehenſivâ, ſondern nach der regul des Goͤttlichen Willens abgemeſſener Weiſe; Hie ſehen wir ſtucksweiſe/ dort vollkommen. Vnſer Auge ſihet ſich nimmer ſatt/ es iſt bald verneugernt/ bald eckel/ man erfaͤhrt es an den Thulipan und Blu- men/ wie bald man ihrer genug hat. Jtem am Reiſſen/ Botz iſts nur das/ ſagt man: Aber hie iſt die ſaturitas und die Erſaͤttligkeit/ Gott nimmt das Auge voll ein. 1. Cor. 13, 12. Ob wir aber Gott mit leiblichen Augen anſchauen werden? iſt nicht temerè und ohnbedachtſam zu verlaͤugnen/ mit Riveto: Oculis noſtris (corporeis) nos Dei ſubſtantiam viſuros nec Scriptura dicit, nec verum

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/636>, abgerufen am 28.11.2024.