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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Neun und Dreissigste (Dritte)
lichen Namen/ die sie dem Tode gibt/ wann sie ihn nennet bechor
Iob. 18, 13.
14.
Apoc.
6, 8.
maveth, den Fürst des Todes/ melech balaoth, den Furst
des Schreckens;
theils auch in figuren und Bildern/ in dem sie
ihn praesentiret als einen Reuter auff dem fahlen Pferde/ dem die Hölle
folget.

Als vorzeiten Kaiser Domitianus des Todes Schrecken dem Rath
zu Rom wohl einbilden wolte/ fieng er ein abentheuerlich Tragoedispiel an/
er ließ ein sonderbar Hauß inwendig allenthalben schwartz anstreichen/
und etliche schwartze Bäncke darein stellen/ befahl darauff hinein zu brin-
gen allerley Werckzeug und ornat, den man zu den Begäbnüssen brauch-
te. Auff der Erden neben den Seulen stunden Todenbahren/ darauff
die Namen der jenigen geschrieben stunden/ so dahin beruffen waren. Zu
oberst hieng ein klein Liechtlein/ wie die Amplen sind/ so in dem Toden-
Häußlein brennen/ auch lagen Tücher da/ darein man die Toden zu wi-
ckeln pfleget/ und war alles auffs schrecklichste und traurigste zugerichtet:
An diesen Ort wurden die Rathherren geführet/ gantz allein ohne Diener/
und da sie mit Furcht umbgeben waren/ lieffen noch kleine Jungen aus
den Löchern herfür kohlschwartz gefärbt/ wie die Gespenster oder Teufel/
und erschrecken diese Männer noch mehr/ dann sie ihnen an die Seite
stunden. Man hörte da kein Wort/ sondern war alles still und einsam.
Letzlich trat der Käyser seibst hinein/ that eine Rede von dem Tode/ wie man
den mit Gedult leiden solte/ da meynten sie alle anderst nicht/ dann es
müste ietzt gestorben seyn. Jn diesen Nöthen/ als er sie fast die gantze
Nacht gequälet hatte/ ließ er sie zuletzt hingehen/ schicket ihnen stattliche
Verehrungen nach/ in ihre Häuser/ schencket ihnen auch die jungen Kna-
ben für eigen/ welche sie kurtz znvor in gestalt der Gespenster geschreckt hat-
ten/ doch waren sie schön gebadet und abgewaschen. Vber diesem Fast-
nacht-Spiel hatte Domitianus eine solche Freude/ als wann er etwas
grosses außgerichtet hätte.

II. Horroris solatium, Des Schreckens Trost/ damit
das bittere Gifft gleichsam überzuckert/ ist die freudige resolution;
dann es meldet die Histori/ Agag sey getrost gegangen/ maada-
noth, cum deliciis,
mit Freude und Lust/ und sich selber ermun-
tert und gesagt: Also muß man des Todes Bitterkeit vertreiben!
Die Hebreische Wort sind zwar etwas dunckel/ achensar mar hama-
veth,
das ist von Wort zu Wort: vere recessit amaritudo mor-

tis,

Die Neun und Dreiſſigſte (Dritte)
lichen Namen/ die ſie dem Tode gibt/ wann ſie ihn nennet bechor
Iob. 18, 13.
14.
Apoc.
6, 8.
maveth, den Fuͤrſt des Todes/ melech balaoth, den Fůrſt
des Schreckens;
theils auch in figuren und Bildern/ in dem ſie
ihn præſentiret als einen Reuter auff dem fahlen Pferde/ dem die Hoͤlle
folget.

Als vorzeiten Kaiſer Domitianus des Todes Schrecken dem Rath
zu Rom wohl einbilden wolte/ fieng er ein abentheuerlich Tragœdiſpiel an/
er ließ ein ſonderbar Hauß inwendig allenthalben ſchwartz anſtreichen/
und etliche ſchwartze Baͤncke darein ſtellen/ befahl darauff hinein zu brin-
gen allerley Werckzeug und ornat, den man zu den Begaͤbnuͤſſen brauch-
te. Auff der Erden neben den Seulen ſtunden Todenbahren/ darauff
die Namen der jenigen geſchrieben ſtunden/ ſo dahin beruffen waren. Zu
oberſt hieng ein klein Liechtlein/ wie die Amplen ſind/ ſo in dem Toden-
Haͤußlein brennen/ auch lagen Tuͤcher da/ darein man die Toden zu wi-
ckeln pfleget/ und war alles auffs ſchrecklichſte und traurigſte zugerichtet:
An dieſen Ort wurden die Rathherren gefuͤhret/ gantz allein ohne Diener/
und da ſie mit Furcht umbgeben waren/ lieffen noch kleine Jungen aus
den Loͤchern herfuͤr kohlſchwartz gefaͤrbt/ wie die Geſpenſter oder Teufel/
und erſchrecken dieſe Maͤnner noch mehr/ dann ſie ihnen an die Seite
ſtunden. Man hoͤrte da kein Wort/ ſondern war alles ſtill und einſam.
Letzlich trat der Kaͤyſer ſeibſt hinein/ that eine Rede von dem Tode/ wie man
den mit Gedult leiden ſolte/ da meynten ſie alle anderſt nicht/ dann es
muͤſte ietzt geſtorben ſeyn. Jn dieſen Noͤthen/ als er ſie faſt die gantze
Nacht gequaͤlet hatte/ ließ er ſie zuletzt hingehen/ ſchicket ihnen ſtattliche
Verehrungen nach/ in ihre Haͤuſer/ ſchencket ihnen auch die jungen Kna-
ben fuͤr eigen/ welche ſie kurtz znvor in geſtalt der Geſpenſter geſchreckt hat-
ten/ doch waren ſie ſchoͤn gebadet und abgewaſchen. Vber dieſem Faſt-
nacht-Spiel hatte Domitianus eine ſolche Freude/ als wann er etwas
groſſes außgerichtet haͤtte.

II. Horroris ſolatium, Des Schreckens Troſt/ damit
das bittere Gifft gleichſam uͤberzuckert/ iſt die freudige reſolution;
dann es meldet die Hiſtori/ Agag ſey getroſt gegangen/ maada-
noth, cum deliciis,
mit Freude und Luſt/ und ſich ſelber ermun-
tert und geſagt: Alſo muß man des Todes Bitterkeit vertreiben!
Die Hebreiſche Wort ſind zwar etwas dunckel/ achenſar mar hama-
veth,
das iſt von Wort zu Wort: verè receſſit amaritudo mor-

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[476/0508] Die Neun und Dreiſſigſte (Dritte) lichen Namen/ die ſie dem Tode gibt/ wann ſie ihn nennet bechor maveth, den Fuͤrſt des Todes/ melech balaoth, den Fůrſt des Schreckens; theils auch in figuren und Bildern/ in dem ſie ihn præſentiret als einen Reuter auff dem fahlen Pferde/ dem die Hoͤlle folget. Iob. 18, 13. 14. Apoc. 6, 8. Als vorzeiten Kaiſer Domitianus des Todes Schrecken dem Rath zu Rom wohl einbilden wolte/ fieng er ein abentheuerlich Tragœdiſpiel an/ er ließ ein ſonderbar Hauß inwendig allenthalben ſchwartz anſtreichen/ und etliche ſchwartze Baͤncke darein ſtellen/ befahl darauff hinein zu brin- gen allerley Werckzeug und ornat, den man zu den Begaͤbnuͤſſen brauch- te. Auff der Erden neben den Seulen ſtunden Todenbahren/ darauff die Namen der jenigen geſchrieben ſtunden/ ſo dahin beruffen waren. Zu oberſt hieng ein klein Liechtlein/ wie die Amplen ſind/ ſo in dem Toden- Haͤußlein brennen/ auch lagen Tuͤcher da/ darein man die Toden zu wi- ckeln pfleget/ und war alles auffs ſchrecklichſte und traurigſte zugerichtet: An dieſen Ort wurden die Rathherren gefuͤhret/ gantz allein ohne Diener/ und da ſie mit Furcht umbgeben waren/ lieffen noch kleine Jungen aus den Loͤchern herfuͤr kohlſchwartz gefaͤrbt/ wie die Geſpenſter oder Teufel/ und erſchrecken dieſe Maͤnner noch mehr/ dann ſie ihnen an die Seite ſtunden. Man hoͤrte da kein Wort/ ſondern war alles ſtill und einſam. Letzlich trat der Kaͤyſer ſeibſt hinein/ that eine Rede von dem Tode/ wie man den mit Gedult leiden ſolte/ da meynten ſie alle anderſt nicht/ dann es muͤſte ietzt geſtorben ſeyn. Jn dieſen Noͤthen/ als er ſie faſt die gantze Nacht gequaͤlet hatte/ ließ er ſie zuletzt hingehen/ ſchicket ihnen ſtattliche Verehrungen nach/ in ihre Haͤuſer/ ſchencket ihnen auch die jungen Kna- ben fuͤr eigen/ welche ſie kurtz znvor in geſtalt der Geſpenſter geſchreckt hat- ten/ doch waren ſie ſchoͤn gebadet und abgewaſchen. Vber dieſem Faſt- nacht-Spiel hatte Domitianus eine ſolche Freude/ als wann er etwas groſſes außgerichtet haͤtte. II. Horroris ſolatium, Des Schreckens Troſt/ damit das bittere Gifft gleichſam uͤberzuckert/ iſt die freudige reſolution; dann es meldet die Hiſtori/ Agag ſey getroſt gegangen/ maada- noth, cum deliciis, mit Freude und Luſt/ und ſich ſelber ermun- tert und geſagt: Alſo muß man des Todes Bitterkeit vertreiben! Die Hebreiſche Wort ſind zwar etwas dunckel/ achenſar mar hama- veth, das iſt von Wort zu Wort: verè receſſit amaritudo mor- tis,

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/508>, abgerufen am 22.11.2024.