Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.Die Drey und Zwantzigste (Neunte) davon ich lebe/ fället vom Himmel: und bin auch mit zwo Schalen umbgeben/das ist mein Häuß und festes Schloß/ darumb ich keine Wohnung für Geld mie- ten darff/ diß schließ ich auff und zu/ wann mirs beliebet. Ja diß ist auch mein natürlich Kleid und Harnisch/ mit welchem ich von Natur versehen bin: Darge- gen werdet ihr Menschen nacket und bloß auff diese Welt geboren/ könnet nit gehen noch stehen/ verstehet auch nicht was gut oder böse ist. Von diesem allem hat mich die Natur befreyet/ und mich mit einem glückseligem Stand begabet. Darumb lieber Vlysses, du magst hinziehen wo du wilt/ ich will hier bleiben/ und mich wider nach meiner Klippen verfügen. Damit hat die Auster den Vlyssem allein ge- lassen/ welcher zum Theil sich verwundert über diesen discurs zum Theil auch zor- nig worden/ daß er mit Schimpff bestanden war. Vnd auff gleiche Weise haben auch die übrige andere Thiere Vlyssem beantwortet/ derer Gespräch in der acerra philologica zu finden. Da sauget sie gleichsam als eine Spinn ihr Gifft heraus/ O eine Narrat Herodotus l. 2. Cyrum, cum Iones pacis conditiones, quas prius dem
Die Drey und Zwantzigſte (Neunte) davon ich lebe/ faͤllet vom Himmel: und bin auch mit zwo Schalen umbgeben/das iſt mein Haͤuß und feſtes Schloß/ darumb ich keine Wohnung fuͤr Geld mie- ten darff/ diß ſchließ ich auff und zu/ wann mirs beliebet. Ja diß iſt auch mein natuͤrlich Kleid und Harniſch/ mit welchem ich von Natur verſehen bin: Darge- gen werdet ihr Menſchen nacket und bloß auff dieſe Welt geboren/ koͤñet nit gehen noch ſtehen/ verſtehet auch nicht was gut oder boͤſe iſt. Von dieſem allem hat mich die Natur befreyet/ und mich mit einem gluͤckſeligem Stand begabet. Darumb lieber Vlyſſes, du magſt hinziehen wo du wilt/ ich will hier bleiben/ und mich wider nach meiner Klippen verfuͤgen. Damit hat die Auſter den Vlyſſem allein ge- laſſen/ welcher zum Theil ſich verwundert uͤber dieſen diſcurs zum Theil auch zor- nig worden/ daß er mit Schimpff beſtanden war. Vnd auff gleiche Weiſe haben auch die uͤbrige andere Thiere Vlyſſem beantwortet/ derer Geſpraͤch in der acerrâ philologicâ zu finden. Da ſauget ſie gleichſam als eine Spinn ihr Gifft heraus/ O eine Narrat Herodotus l. 2. Cyrum, cùm Iones pacis conditiones, quas priùs dem
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Die Drey und Zwantzigſte (Neunte)
davon ich lebe/ faͤllet vom Himmel: und bin auch mit zwo Schalen umbgeben/
das iſt mein Haͤuß und feſtes Schloß/ darumb ich keine Wohnung fuͤr Geld mie-
ten darff/ diß ſchließ ich auff und zu/ wann mirs beliebet. Ja diß iſt auch mein
natuͤrlich Kleid und Harniſch/ mit welchem ich von Natur verſehen bin: Darge-
gen werdet ihr Menſchen nacket und bloß auff dieſe Welt geboren/ koͤñet nit gehen
noch ſtehen/ verſtehet auch nicht was gut oder boͤſe iſt. Von dieſem allem hat mich
die Natur befreyet/ und mich mit einem gluͤckſeligem Stand begabet. Darumb
lieber Vlyſſes, du magſt hinziehen wo du wilt/ ich will hier bleiben/ und mich wider
nach meiner Klippen verfuͤgen. Damit hat die Auſter den Vlyſſem allein ge-
laſſen/ welcher zum Theil ſich verwundert uͤber dieſen diſcurs zum Theil auch zor-
nig worden/ daß er mit Schimpff beſtanden war. Vnd auff gleiche Weiſe haben
auch die uͤbrige andere Thiere Vlyſſem beantwortet/ derer Geſpraͤch in der acerrâ
philologicâ zu finden.
Da ſauget ſie gleichſam als eine Spinn ihr Gifft heraus/ O eine
boͤſe Spinn! Derowegen ſpricht ſie ihren Kindern zu: Laſſet uns in
der Sůnde beharren/ auff daß die Gnade deſto maͤchtiger ſey!
Laſſet uns dann leben und unſers jungen Leibs und Lebens vnd was wir
haben/ brauchen/ weil es da iſt! Laſſets uns drauff hinein wagen und
am Suͤnden-Knaul winden! die Gnade Gottes wird uns ſchon wider-
ruffen und bekehren! weil wir in dem vorigen Stande/ in Ehren-Aemptern
ſitzen/ weil uns Gott mit herrlichen Gaben außruͤſtet/ ſo iſt Er uns gnaͤ-
dig! darumb cras! cras! morgen und alle Tage iſt es Zeit mit der Buſſe;
Gott iſt langmuͤthig und guͤtig/ Er iſt ein guter Gott! O blasphe-
miam! O der grauſamen Gottes-Laͤſterung! O du boßhafftiges/ ver-
ſtocktes Hertz! gedenck an den Apoſtoliſchen Verweiß Rom. 2. Verach-
teſtu den Reichthumb ſeiner Guͤte/ Gedult und Langmuͤthig-
keit/ weiſſeſtu nicht/ daß dich Gottes Guͤte zur Buſſe leitet?
Gedenck an das hodie incertum, daß es heiſſet heute! Heute/ ſo ihr des
HERREN Stimme hoͤret/ ſo bekehret euch/ ſo iſt es noch
Zeit! wie lange? weiß Gott. Es ſtehet in ſeiner Hand/ einem gibt er lange
Zeit/ Jeruſalem viertzig Jahr/ Ninive nur viertzig Tage; gedencke an das
νυν῀, ietzt iſt der Tag des Heils/ wer weiß/ wie lange das ietzt werden wird?
wie viel ſind in flagranti peccato, mitten in der Suͤnde dahin geſtorben/
die in gleicher Suͤnde mit Simri und Caſbi geſtecket? Wie viel ſeynd in
Rom. 6, 1.
Sap. 2, 6.
Rom. 2, 4.
Pſ. 95, 7. 8.
Hebr. 3, 7.
c. 4, 7.
Ion. 3, 4.
Num. 25, 8.
Narrat Herodotus l. 2. Cyrum, cùm Iones pacis conditiones, quas priùs
repudiârant, ab eo repoſcerent, dixiſſe eis apologum tibicinis, qui ad alliciendos
piſces tibiâ cecinerat, ſed cùm nihil proficeret, ſagenam miſit in mare, multosq́ue
pertraxit, quos cùm palpitantes intueretur: Temperate, ait, jam à ſaltationibus,
quia me canente noluiſtis ſaltarè. Ita Deus Iudæis tibiam Ezechielis & Prophe-
tarum reſpuentibus, hamum Chaldæorum immiſit, quo capti & necati ſunt.
dem
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