Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite

Predigt.
Mann des Todes/ ich hab gesündiget/ und damit den Tod
verwircket/
deme muß ein iedweder Mensch nachsprechen und also fol-
geren: Wer nicht thnt alles/ was im Gesetz geschrieben stehet/ der ist ver-
flucht und verdammet; Jch thu nicht alles etc. derowegen so bin ich ver-
dammet. In domo propria, in propria familia, sagt abermal Bernhar-
dus, habeo accusatores, testes, judices, tortores: accusat me conscientia,
testis memoria, ratio judex, voluptas carcer, timor tortor;
Jn meinem
eigenem Hause hab ich meine Verkläger/ Zeugen/ Richter/ Peiniger: Es
verklaget mich mein Gewissen/ es zeuget das Gedächtnüß/ die Vernunfft
ist mein Richter/ die Wollust das Gefängnüß/ die Furcht mein Peiniger.

V. Jch bin aus und von mir selbst ein an sich verzwei-
flender Sünder;
dann wer Gott zum Feinde hat/ wo will der hinaus?
was will er hoffen? wer einen ungnädigen König hat/ dem ist niemand
hold im gantzen Lande/ vielmehr wer einen ungnädigen Gott im Him-
mel hat/ dem sind alle Creaturen zuwider und zu seiner Rach bereitet.
Will er zu den Engeln/ so sind sie Cherubim/ die ihm widerstehen mitGen. 3, 24.
einem feurigen/ hauenden Schwert; will er auff sich selbst und eigene Buß
und Versöhnungs-Wercke bochen/ so ist es wie Wachs gegen dem Feuer/
ein bekleidtes garstiges Kleid/ davon man Abscheuen hat und trägt/ und
wie heilig solche Werck auch scheinen möchten/ so sind sie noch keine Englische/
geschwelge dann unendliche Gerechtigkeit/ dadurch der unendliche Zorn
Gottes wider die Sünde möchte gestillet werden. Wann wir gleichLuc. 17, 10.
alles gethan haben/ was wir zu thun schuldig sind/ so sind wir
unnütze Knechte/
sind also noch nicht so gut/ als unnütze Knechte/ weil
wir ja nicht alles gethan/ was wir zu thun schuldig gewesen/ meine gute
Werck die golten nicht/ es war mit ihnen verdorben/ der frey
Will hasset
Gottes Gericht/ er war zum guten erstorben; die
Angst mich zu verzweifeln treib/ daß nichts dann sterben bey
mir bleib/ zur Höllen must ich sincken/
so lautet der allgemeine eju-
latus
des menschlichen Geschlechts.

VI. Ein versöhn-fähiger Sunder/ der bey Gott wieder
kan außgesöhnet werden;
Dergleichen mag dem Sathan nimmer-
mehr gedeyen/ derselbe glaubet zwar/ aber phrittei, er erzittert; quot myste-
ria fidei tot tormenta,
so viel Glaubens-Geheimnüßer erkennet/ so viel
Furcht- und Angstgeisseln empfindet er. Deßgleichen ist auch nicht weniger

als

Predigt.
Mann des Todes/ ich hab geſuͤndiget/ und damit den Tod
verwircket/
deme muß ein iedweder Menſch nachſprechen und alſo fol-
geren: Wer nicht thnt alles/ was im Geſetz geſchrieben ſtehet/ der iſt ver-
flucht und verdammet; Jch thu nicht alles ꝛc. derowegen ſo bin ich ver-
dammet. In domô propriâ, in propriâ familiâ, ſagt abermal Bernhar-
dus, habeo accuſatores, teſtes, judices, tortores: accuſat me conſcientia,
teſtis memoria, ratio judex, voluptas carcer, timor tortor;
Jn meinem
eigenem Hauſe hab ich meine Verklaͤger/ Zeugen/ Richter/ Peiniger: Es
verklaget mich mein Gewiſſen/ es zeuget das Gedaͤchtnuͤß/ die Vernunfft
iſt mein Richter/ die Wolluſt das Gefaͤngnuͤß/ die Furcht mein Peiniger.

V. Jch bin aus und von mir ſelbſt ein an ſich verzwei-
flender Suͤnder;
dann wer Gott zum Feinde hat/ wo will der hinaus?
was will er hoffen? wer einen ungnaͤdigen Koͤnig hat/ dem iſt niemand
hold im gantzen Lande/ vielmehr wer einen ungnaͤdigen Gott im Him-
mel hat/ dem ſind alle Creaturen zuwider und zu ſeiner Rach bereitet.
Will er zu den Engeln/ ſo ſind ſie Cherubim/ die ihm widerſtehen mitGen. 3, 24.
einem feurigen/ hauenden Schwert; will er auff ſich ſelbſt und eigene Buß
und Verſoͤhnungs-Wercke bochen/ ſo iſt es wie Wachs gegen dem Feuer/
ein bekleidtes garſtiges Kleid/ davon man Abſcheuen hat und traͤgt/ und
wie heilig ſolche Werck auch ſcheinen moͤchtẽ/ ſo ſind ſie noch keine Engliſche/
geſchwelge dann unendliche Gerechtigkeit/ dadurch der unendliche Zorn
Gottes wider die Suͤnde moͤchte geſtillet werden. Wann wir gleichLuc. 17, 10.
alles gethan haben/ was wir zu thun ſchuldig ſind/ ſo ſind wir
unnuͤtze Knechte/
ſind alſo noch nicht ſo gut/ als unnuͤtze Knechte/ weil
wir ja nicht alles gethan/ was wir zu thun ſchuldig geweſen/ meine gute
Werck die golten nicht/ es war mit ihnen verdorben/ der frey
Will haſſet
Gottes Gericht/ er war zum guten erſtorben; die
Angſt mich zu verzweifeln treib/ daß nichts dann ſterben bey
mir bleib/ zur Höllen muſt ich ſincken/
ſo lautet der allgemeine eju-
latus
des menſchlichen Geſchlechts.

VI. Ein verſöhn-faͤhiger Sůnder/ der bey Gott wieder
kan außgeſoͤhnet werden;
Dergleichen mag dem Sathan nimmer-
mehr gedeyen/ derſelbe glaubet zwar/ aber φρίττει, er erzittert; quot myſte-
ria fidei tot tormenta,
ſo viel Glaubens-Geheimnuͤßer erkennet/ ſo viel
Furcht- und Angſtgeiſſeln empfindet er. Deßgleichen iſt auch nicht weniger

als
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="127"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Mann des Todes/ ich hab ge&#x017F;u&#x0364;ndiget/ und damit den Tod<lb/>
verwircket/</hi> deme muß ein iedweder Men&#x017F;ch nach&#x017F;prechen und al&#x017F;o fol-<lb/>
geren: Wer nicht thnt alles/ was im Ge&#x017F;etz ge&#x017F;chrieben &#x017F;tehet/ der i&#x017F;t ver-<lb/>
flucht und verdammet; Jch thu nicht alles &#xA75B;c. derowegen &#x017F;o bin ich ver-<lb/>
dammet. <hi rendition="#aq">In domô propriâ, in propriâ familiâ,</hi> &#x017F;agt abermal <hi rendition="#aq">Bernhar-<lb/>
dus, habeo accu&#x017F;atores, te&#x017F;tes, judices, tortores: accu&#x017F;at me con&#x017F;cientia,<lb/>
te&#x017F;tis memoria, ratio judex, voluptas carcer, timor tortor;</hi> Jn meinem<lb/>
eigenem Hau&#x017F;e hab ich meine Verkla&#x0364;ger/ Zeugen/ Richter/ Peiniger: Es<lb/>
verklaget mich mein Gewi&#x017F;&#x017F;en/ es zeuget das Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß/ die Vernunfft<lb/>
i&#x017F;t mein Richter/ die Wollu&#x017F;t das Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;ß/ die Furcht mein Peiniger.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">V.</hi><hi rendition="#fr">Jch bin aus und von mir &#x017F;elb&#x017F;t ein an &#x017F;ich verzwei-<lb/>
flender Su&#x0364;nder;</hi> dann wer <hi rendition="#k">Gott</hi> zum Feinde hat/ wo will der hinaus?<lb/>
was will er hoffen? wer einen ungna&#x0364;digen Ko&#x0364;nig hat/ dem i&#x017F;t niemand<lb/>
hold im gantzen Lande/ vielmehr wer einen ungna&#x0364;digen <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Gott</hi></hi> im Him-<lb/>
mel hat/ dem &#x017F;ind alle Creaturen zuwider und zu &#x017F;einer Rach bereitet.<lb/>
Will er zu den Engeln/ &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie Cherubim/ die ihm wider&#x017F;tehen mit<note place="right"><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 3, 24.</note><lb/>
einem feurigen/ hauenden Schwert; will er auff &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und eigene Buß<lb/>
und Ver&#x017F;o&#x0364;hnungs-Wercke bochen/ &#x017F;o i&#x017F;t es wie Wachs gegen dem Feuer/<lb/>
ein bekleidtes gar&#x017F;tiges Kleid/ davon man Ab&#x017F;cheuen hat und tra&#x0364;gt/ und<lb/>
wie heilig &#x017F;olche Werck auch &#x017F;cheinen mo&#x0364;chte&#x0303;/ &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie noch keine Engli&#x017F;che/<lb/>
ge&#x017F;chwelge dann unendliche Gerechtigkeit/ dadurch der unendliche Zorn<lb/>
Gottes wider die Su&#x0364;nde mo&#x0364;chte ge&#x017F;tillet werden. <hi rendition="#fr">Wann wir gleich</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Luc.</hi> 17, 10.</note><lb/><hi rendition="#fr">alles gethan haben/ was wir zu thun &#x017F;chuldig &#x017F;ind/ &#x017F;o &#x017F;ind wir<lb/>
unnu&#x0364;tze Knechte/</hi> &#x017F;ind al&#x017F;o noch nicht &#x017F;o gut/ als unnu&#x0364;tze Knechte/ weil<lb/>
wir ja nicht alles gethan/ was wir zu thun &#x017F;chuldig gewe&#x017F;en/ <hi rendition="#fr">meine gute<lb/>
Werck die golten nicht/ es war mit ihnen verdorben/ der frey<lb/>
Will ha&#x017F;&#x017F;et</hi> G<hi rendition="#fr">ottes</hi> G<hi rendition="#fr">ericht/ er war zum guten er&#x017F;torben; die<lb/>
Ang&#x017F;t mich zu verzweifeln treib/ daß nichts dann &#x017F;terben bey<lb/>
mir bleib/ zur Höllen mu&#x017F;t ich &#x017F;incken/</hi> &#x017F;o lautet der allgemeine <hi rendition="#aq">eju-<lb/>
latus</hi> des men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechts.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VI.</hi></hi><hi rendition="#fr">Ein ver&#x017F;öhn-fa&#x0364;higer S&#x016F;nder/ der bey</hi> G<hi rendition="#fr">ott wieder<lb/>
kan außge&#x017F;o&#x0364;hnet werden;</hi> Dergleichen mag dem Sathan nimmer-<lb/>
mehr gedeyen/ der&#x017F;elbe glaubet zwar/ aber &#x03C6;&#x03C1;&#x03AF;&#x03C4;&#x03C4;&#x03B5;&#x03B9;, er erzittert; <hi rendition="#aq">quot my&#x017F;te-<lb/>
ria fidei tot tormenta,</hi> &#x017F;o viel Glaubens-Geheimnu&#x0364;ßer erkennet/ &#x017F;o viel<lb/>
Furcht- und Ang&#x017F;tgei&#x017F;&#x017F;eln empfindet er. Deßgleichen i&#x017F;t auch nicht weniger<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0159] Predigt. Mann des Todes/ ich hab geſuͤndiget/ und damit den Tod verwircket/ deme muß ein iedweder Menſch nachſprechen und alſo fol- geren: Wer nicht thnt alles/ was im Geſetz geſchrieben ſtehet/ der iſt ver- flucht und verdammet; Jch thu nicht alles ꝛc. derowegen ſo bin ich ver- dammet. In domô propriâ, in propriâ familiâ, ſagt abermal Bernhar- dus, habeo accuſatores, teſtes, judices, tortores: accuſat me conſcientia, teſtis memoria, ratio judex, voluptas carcer, timor tortor; Jn meinem eigenem Hauſe hab ich meine Verklaͤger/ Zeugen/ Richter/ Peiniger: Es verklaget mich mein Gewiſſen/ es zeuget das Gedaͤchtnuͤß/ die Vernunfft iſt mein Richter/ die Wolluſt das Gefaͤngnuͤß/ die Furcht mein Peiniger. V. Jch bin aus und von mir ſelbſt ein an ſich verzwei- flender Suͤnder; dann wer Gott zum Feinde hat/ wo will der hinaus? was will er hoffen? wer einen ungnaͤdigen Koͤnig hat/ dem iſt niemand hold im gantzen Lande/ vielmehr wer einen ungnaͤdigen Gott im Him- mel hat/ dem ſind alle Creaturen zuwider und zu ſeiner Rach bereitet. Will er zu den Engeln/ ſo ſind ſie Cherubim/ die ihm widerſtehen mit einem feurigen/ hauenden Schwert; will er auff ſich ſelbſt und eigene Buß und Verſoͤhnungs-Wercke bochen/ ſo iſt es wie Wachs gegen dem Feuer/ ein bekleidtes garſtiges Kleid/ davon man Abſcheuen hat und traͤgt/ und wie heilig ſolche Werck auch ſcheinen moͤchtẽ/ ſo ſind ſie noch keine Engliſche/ geſchwelge dann unendliche Gerechtigkeit/ dadurch der unendliche Zorn Gottes wider die Suͤnde moͤchte geſtillet werden. Wann wir gleich alles gethan haben/ was wir zu thun ſchuldig ſind/ ſo ſind wir unnuͤtze Knechte/ ſind alſo noch nicht ſo gut/ als unnuͤtze Knechte/ weil wir ja nicht alles gethan/ was wir zu thun ſchuldig geweſen/ meine gute Werck die golten nicht/ es war mit ihnen verdorben/ der frey Will haſſet Gottes Gericht/ er war zum guten erſtorben; die Angſt mich zu verzweifeln treib/ daß nichts dann ſterben bey mir bleib/ zur Höllen muſt ich ſincken/ ſo lautet der allgemeine eju- latus des menſchlichen Geſchlechts. Gen. 3, 24. Luc. 17, 10. VI. Ein verſöhn-faͤhiger Sůnder/ der bey Gott wieder kan außgeſoͤhnet werden; Dergleichen mag dem Sathan nimmer- mehr gedeyen/ derſelbe glaubet zwar/ aber φρίττει, er erzittert; quot myſte- ria fidei tot tormenta, ſo viel Glaubens-Geheimnuͤßer erkennet/ ſo viel Furcht- und Angſtgeiſſeln empfindet er. Deßgleichen iſt auch nicht weniger als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/159
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/159>, abgerufen am 25.11.2024.