Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.Predigt. Nicodemus und die Weisen aus Morgenland keine albere Narren ge-wesen: sondern den geschwulstigen auffgeblasenen Welt-Weisen/ Selbst- Weisen/ den Nasen-Weisen/ den Meistern von hohen Sinnen/ die ihre Vernunfft nicht wollen gefangen nehmen unter den Gehorsam des Glau- bens/ die witziger wollen seyn als Christus selbst. Wem ist im Gegen- theil der Rath Gottes geoffenbaret? den Vnmündigen? welchen? viel-v. Luther. tom. 8. Ien. p. 336. f. 2. leicht den muthwillig-ignoranten/ den albern simplicisten/ den thummen und stummen idioten und Schepsen/ denen vor der Wissenschafft Gött- licher Dinge eckelt? O nein! sonst müsten wir alle Universitäten und hohen Schulen beurlauben/ müsten mit Carolstad alle Bruder Andres werden; sondern nepiois die sich wie die Kinder gern lassen bereden/ die wie die unmündige Säuglinge begierig sind nach der lautern Milch des Evan- gelii/ die müheselig und beladen/ consequenter Trost- und Lehr-begierigen Zuhörern/ die sich mit der blossen figur und parabel nicht contentiren/ son- dern den Cörper selbst/ Safft und Krafft aus den Geheimnüssen Christ- licher religion zu saugen sich dürstiglich sehnen. Jn welchem Verstand es wol geschehen kan/ daß ein (in Erkäntnüß St. Paulus und die übrigen zwölff Botten die ruffen und schreyen vivendi,
Predigt. Nicodemus und die Weiſen aus Morgenland keine albere Narren ge-weſen: ſondern den geſchwulſtigen auffgeblaſenen Welt-Weiſen/ Selbſt- Weiſen/ den Naſen-Weiſen/ den Meiſtern von hohen Sinnen/ die ihre Vernunfft nicht wollen gefangen nehmen unter den Gehorſam des Glau- bens/ die witziger wollen ſeyn als Chriſtus ſelbſt. Wem iſt im Gegen- theil der Rath Gottes geoffenbaret? den Vnmuͤndigen? welchen? viel-v. Luther. tom. 8. Ien. p. 336. f. 2. leicht den muthwillig-ignoranten/ den albern ſimpliciſten/ den thummen und ſtummen idioten und Schepſen/ denen vor der Wiſſenſchafft Goͤtt- licher Dinge eckelt? O nein! ſonſt muͤſten wir alle Univerſitaͤten und hohen Schulen beurlauben/ muͤſten mit Carolſtad alle Bruder Andres werden; ſondern νηπίοις die ſich wie die Kinder gern laſſen bereden/ die wie die unmuͤndige Saͤuglinge begierig ſind nach der lautern Milch des Evan- gelii/ die muͤheſelig und beladen/ conſequenter Troſt- und Lehr-begierigen Zuhoͤrern/ die ſich mit der bloſſen figur und parabel nicht contentiren/ ſon- dern den Coͤrper ſelbſt/ Safft und Krafft aus den Geheimnuͤſſen Chriſt- licher religion zu ſaugen ſich duͤrſtiglich ſehnen. Jn welchem Verſtand es wol geſchehen kan/ daß ein (in Erkaͤntnuͤß St. Paulus und die uͤbrigen zwoͤlff Botten die ruffen und ſchreyen vivendi,
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Predigt.
Nicodemus und die Weiſen aus Morgenland keine albere Narren ge-
weſen: ſondern den geſchwulſtigen auffgeblaſenen Welt-Weiſen/ Selbſt-
Weiſen/ den Naſen-Weiſen/ den Meiſtern von hohen Sinnen/ die ihre
Vernunfft nicht wollen gefangen nehmen unter den Gehorſam des Glau-
bens/ die witziger wollen ſeyn als Chriſtus ſelbſt. Wem iſt im Gegen-
theil der Rath Gottes geoffenbaret? den Vnmuͤndigen? welchen? viel-
leicht den muthwillig-ignoranten/ den albern ſimpliciſten/ den thummen
und ſtummen idioten und Schepſen/ denen vor der Wiſſenſchafft Goͤtt-
licher Dinge eckelt? O nein! ſonſt muͤſten wir alle Univerſitaͤten und
hohen Schulen beurlauben/ muͤſten mit Carolſtad alle Bruder Andres
werden; ſondern νηπίοις die ſich wie die Kinder gern laſſen bereden/ die wie
die unmuͤndige Saͤuglinge begierig ſind nach der lautern Milch des Evan-
gelii/ die muͤheſelig und beladen/ conſequenter Troſt- und Lehr-begierigen
Zuhoͤrern/ die ſich mit der bloſſen figur und parabel nicht contentiren/ ſon-
dern den Coͤrper ſelbſt/ Safft und Krafft aus den Geheimnuͤſſen Chriſt-
licher religion zu ſaugen ſich duͤrſtiglich ſehnen.
v. Luther.
tom. 8. Ien.
p. 336. f. 2.
Jn welchem Verſtand es wol geſchehen kan/ daß ein (in Erkaͤntnuͤß
Gottes) unweiſer und einfaͤltiger Baur/ der ſonſt auff ſeinen Geitz Augen
und Hirns gnug hat/ klug und weiſe allhier heiſſe/ und im Gegentheil ein
groſſer Doctor unmuͤndig und einfaͤltig ſeye! daß nun ſolchen Selbſt-
Klugen das Geheimnuͤß Gottes vom Reich Chriſti nicht recht zu Hertzen
gehet/ iſt ihre Schuld und Gottes Gericht/ und das preiſet der Sohn Got-
tes billich an ſeinem himmliſchen Vater.
St. Paulus und die uͤbrigen zwoͤlff Botten die ruffen und ſchreyen
in der gantzen Welt: GOTT gebeut allen Menſchen Buſſe zu
thun an allen Enden/ allen denen/ die vor dem Juͤngſten Ge-
richte werden erſcheinen muͤſſen; Da laſſet ſich keine exception
erdencken/ der Apoſtoliſche Schall iſt in alle Welt außgebrochen/ und in
alle Lande/ ſie die Apoſtel ſind zwar tod/ ihr Schall iſt laͤngſt verſtimmet/
aber er lebet und webet noch in der uͤberlaſſenen Heiligthumb ihrer Send-
Briefe/ aus und durch welche noch heutiges Tages alle getreue Prediger
laden und ruffen: Καταλλάγητε, Laſſet euch verſöhnen mit Gott!
Wir predigen nicht nur generibus ſingulorum, allerley Menſchen/ nicht
nur den Außerwehlten/ welche allein Gott der Herr ohnfehlbar kennet/
ſondern unparteyiſch allen und ieden Menſchen. Miſericors DEUS,
ſchreibet Auguſtinus: vocat undique ad correctionem, vocat undique
ad pœnitentiam, vocat beneficiis creaturæ, vocat impertiendo tempus
vivendi,
Act. 17, 30.
Col. 1, 23.
Rom. 10,
18.
2. Cor. 5,
20.
Auguſt. in
Pſal. 102.
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