mes/ stehen für dem HErrn solchem heiligen Gott? Wer nun dort einen gnädigen Richter haben will/ der muß sich warhafftig bey zeit hie im Reich der Gnaden mit demselben versöhnen/ ihm zum Freund machen/ daß er alsdann sein Advocat vnd Fürsprech/ vnd nicht strenger vnd grausa- mer Richter seyn müsse.
Glaubige Christen vnd außerwehlte Chur-kinder Gottes finden keine Vrsach zu erschrecken/ sondern sich zu freuen/ alldieweil ihre Erlösung sich nahet/ alldieweil der Tag der Rache wider ihre Feinde vnd Widerwertige erschienen; also wird allhie calumnia zu schanden/ hie alle iniuria gedämpffet werden: Demnach/ wem hie übertrang geschicht/ dessen gerechte Sach ge- prest vnd vntertruckt wird/ der vnschuldig übel hören muß/ der lerne die rechte Christen-kunst dem Apostel St. Paulo ab/ die er gebraucht vor dem weltlichen Richter-stuhl deß Römischen Landpflegers Felicis; Deß Apostels Pauli Exempel ist vnser Artzney; Was nun zu thun? Wie zu heilen? thuts die autiphonia, das widerschelten/ die eygene Rach/ Haar auff Haar/ Krakel/ Chartel vnd Duell? O nein! St. Paulus brauchet conscientiae examen,Apoc. 24, 16. er prüfet sein gewissen; in demselbigen aber/ saget er/ übe ich mich zu haben ein vnverletzt Gewissen allenthalben/ beyde gegen Gott vnd den Menschen; Er braucht Gedult/apologiam,Schutz- rede/ offentliche Verantwortung/ Ladung für das Jüngste Ge- richt; Das sind seine Mittel: Also sollen wir auch für allen Dingen das Gewissen wol außspähen/ Ob man nicht irgend mit der Warheit ins Ge- schrey kommen? Ob man nicht Zundel darzu geleget vnd Gelegenheit gege- ben? in welchem fall die calumnia selbs ein antidotum vnd Scorpion-öhl wird/ wie dort Augustini Mutter begegnet: Deren warff einsmals ihre Magd spöttischer weise für/ das weintrincken/ nennet sie mero-bibulam, ei- ne Weinsäufferin/ das gehet ihr dermassen zu hertzen/ daß ihr der Wein ins künfftig verleidet. dann sollen wir vns befleissigen der Gedult. Nobile vincendi genus est patientia, vincit qui patitur; si vis vincere, disce pati, Leid/ meid/ truck dich eine Zeit/ Gott wendet endlich alles Leid. Freuet1. Petr. 4, 13. euch/ daß ihr mit Christo leydet/ auff daß ihr auch zur Zeit der Offenbahrung seiner Herrligkeit Freude vnd Wonne haben möget. Es ist vonnöthen/ der Einfältigen vnd Warhafftigen Schutz- rede: Der ist kein rechter Mensch/ der seinen ehrlichen Namen hindan se- tzet. Dann soll hinzu kommen concio philalethica & parrhesiastica,die freye/ vngescheuete offentliche wahre Verantwortung/ doch aber
auch
Predigt.
mes/ ſtehen fuͤr dem HErrn ſolchem heiligen Gott? Wer nun dort einen gnaͤdigen Richter haben will/ der muß ſich warhafftig bey zeit hie im Reich der Gnaden mit demſelben verſoͤhnen/ ihm zum Freund machen/ daß er alsdann ſein Advocat vnd Fuͤrſprech/ vnd nicht ſtrenger vnd grauſa- mer Richter ſeyn muͤſſe.
Glaubige Chriſten vnd außerwehlte Chur-kinder Gottes finden keine Vrſach zu erſchrecken/ ſondern ſich zu freuen/ alldieweil ihre Erloͤſung ſich nahet/ alldieweil der Tag der Rache wider ihre Feinde vnd Widerwertige erſchienen; alſo wird allhie calumnia zu ſchanden/ hie alle iniuria gedaͤmpffet werden: Demnach/ wem hie uͤbertrang geſchicht/ deſſen gerechte Sach ge- preſt vnd vntertruckt wird/ der vnſchuldig uͤbel hoͤren muß/ der lerne die rechte Chriſten-kunſt dem Apoſtel St. Paulo ab/ die er gebraucht vor dem weltlichen Richter-ſtuhl deß Roͤmiſchen Landpflegers Felicis; Deß Apoſtels Pauli Exempel iſt vnſer Artzney; Was nun zu thun? Wie zu heilen? thuts die ἀυτιφονία, das widerſchelten/ die eygene Rach/ Haar auff Haar/ Krakel/ Chartel vnd Duell? O nein! St. Paulus brauchet conſcientiæ examen,Apoc. 24, 16. er pruͤfet ſein gewiſſen; in demſelbigen aber/ ſaget er/ uͤbe ich mich zu haben ein vnverletzt Gewiſſen allenthalben/ beyde gegen Gott vnd den Menſchen; Er braucht Gedult/apologiam,Schutz- rede/ offentliche Verantwortung/ Ladung fuͤr das Juͤngſte Ge- richt; Das ſind ſeine Mittel: Alſo ſollen wir auch fuͤr allen Dingen das Gewiſſen wol außſpaͤhen/ Ob man nicht irgend mit der Warheit ins Ge- ſchrey kommen? Ob man nicht Zundel darzu geleget vnd Gelegenheit gege- ben? in welchem fall die calumnia ſelbs ein antidotum vnd Scorpion-oͤhl wird/ wie dort Auguſtini Mutter begegnet: Deren warff einsmals ihre Magd ſpoͤttiſcher weiſe fuͤr/ das weintrincken/ nennet ſie mero-bibulam, ei- ne Weinſaͤufferin/ das gehet ihr dermaſſen zu hertzen/ daß ihr der Wein ins kuͤnfftig verleidet. dann ſollen wir vns befleiſſigen der Gedult. Nobile vincendi genus eſt patientia, vincit qui patitur; ſi vis vincere, diſce pati, Leid/ meid/ truck dich eine Zeit/ Gott wendet endlich alles Leid. Freuet1. Petr. 4, 13. euch/ daß ihr mit Chriſto leydet/ auff daß ihr auch zur Zeit der Offenbahrung ſeiner Herrligkeit Freude vnd Wonne haben moͤget. Es iſt vonnoͤthen/ der Einfaͤltigen vnd Warhafftigen Schutz- rede: Der iſt kein rechter Menſch/ der ſeinen ehrlichen Namen hindan ſe- tzet. Dann ſoll hinzu kommen concio philalethica & parrheſiaſtica,die freye/ vngeſcheuete offentliche wahre Verantwortung/ doch aber
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Predigt.
mes/ ſtehen fuͤr dem HErrn ſolchem heiligen Gott? Wer nun
dort einen gnaͤdigen Richter haben will/ der muß ſich warhafftig bey zeit hie
im Reich der Gnaden mit demſelben verſoͤhnen/ ihm zum Freund machen/
daß er alsdann ſein Advocat vnd Fuͤrſprech/ vnd nicht ſtrenger vnd grauſa-
mer Richter ſeyn muͤſſe.
Glaubige Chriſten vnd außerwehlte Chur-kinder Gottes finden keine
Vrſach zu erſchrecken/ ſondern ſich zu freuen/ alldieweil ihre Erloͤſung ſich
nahet/ alldieweil der Tag der Rache wider ihre Feinde vnd Widerwertige
erſchienen; alſo wird allhie calumnia zu ſchanden/ hie alle iniuria gedaͤmpffet
werden: Demnach/ wem hie uͤbertrang geſchicht/ deſſen gerechte Sach ge-
preſt vnd vntertruckt wird/ der vnſchuldig uͤbel hoͤren muß/ der lerne die
rechte Chriſten-kunſt dem Apoſtel St. Paulo ab/ die er gebraucht vor dem
weltlichen Richter-ſtuhl deß Roͤmiſchen Landpflegers Felicis; Deß Apoſtels
Pauli Exempel iſt vnſer Artzney; Was nun zu thun? Wie zu heilen? thuts
die ἀυτιφονία, das widerſchelten/ die eygene Rach/ Haar auff Haar/ Krakel/
Chartel vnd Duell? O nein! St. Paulus brauchet conſcientiæ examen,
er pruͤfet ſein gewiſſen; in demſelbigen aber/ ſaget er/ uͤbe ich mich
zu haben ein vnverletzt Gewiſſen allenthalben/ beyde gegen
Gott vnd den Menſchen; Er braucht Gedult/ apologiam, Schutz-
rede/ offentliche Verantwortung/ Ladung fuͤr das Juͤngſte Ge-
richt; Das ſind ſeine Mittel: Alſo ſollen wir auch fuͤr allen Dingen das
Gewiſſen wol außſpaͤhen/ Ob man nicht irgend mit der Warheit ins Ge-
ſchrey kommen? Ob man nicht Zundel darzu geleget vnd Gelegenheit gege-
ben? in welchem fall die calumnia ſelbs ein antidotum vnd Scorpion-oͤhl
wird/ wie dort Auguſtini Mutter begegnet: Deren warff einsmals ihre
Magd ſpoͤttiſcher weiſe fuͤr/ das weintrincken/ nennet ſie mero-bibulam, ei-
ne Weinſaͤufferin/ das gehet ihr dermaſſen zu hertzen/ daß ihr der Wein ins
kuͤnfftig verleidet. dann ſollen wir vns befleiſſigen der Gedult. Nobile
vincendi genus eſt patientia, vincit qui patitur; ſi vis vincere, diſce pati,
Leid/ meid/ truck dich eine Zeit/ Gott wendet endlich alles Leid. Freuet
euch/ daß ihr mit Chriſto leydet/ auff daß ihr auch zur Zeit der
Offenbahrung ſeiner Herrligkeit Freude vnd Wonne haben
moͤget. Es iſt vonnoͤthen/ der Einfaͤltigen vnd Warhafftigen Schutz-
rede: Der iſt kein rechter Menſch/ der ſeinen ehrlichen Namen hindan ſe-
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freye/ vngeſcheuete offentliche wahre Verantwortung/ doch aber
auch
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1. Petr. 4, 13.
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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654, S. 1319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus05_1654/803>, abgerufen am 22.11.2024.
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