Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 5. Straßburg, 1654.Die Neundte rechte Warhafftige GOtt in einer Person/ solches gibt mir Nestorius zu/vnd sagt/ es sey recht. Wann ich aber also sage: dort gehet Gott auff der Gassen/ holet Wasser vnd Brod/ daß er mit seiner Mutter esse vnd trincke/ diese rede gestehet mir Nestorius nicht. Jtem/ jhm lag im Sinn/ wie Gott vnd sterben sich nicht zusammen reime/ dann es dunckt jhn schröcklich zu hören sein/ daß Gott solte sterben; vnd bald drauffr duncket es Nestorium wunderlich daß GOtt stirbt/ solt er dencken/ daß ja so wunderlich ist/ daß Gott Mensch wird/ dann damit wird der vnsterbliche GOtt das jenige/ so sterben vnd leiden vnd alle menschliche idiomata oder eygenschafften haben muß. Sie bekennet zum dritten die art vnd weiß solcher genawen in jhrem
Die Neundte rechte Warhafftige GOtt in einer Perſon/ ſolches gibt mir Neſtorius zu/vnd ſagt/ es ſey recht. Wann ich aber alſo ſage: dort gehet Gott auff der Gaſſen/ holet Waſſer vnd Brod/ daß er mit ſeiner Mutter eſſe vnd trincke/ dieſe rede geſtehet mir Neſtorius nicht. Jtem/ jhm lag im Sinn/ wie Gott vnd ſterben ſich nicht zuſammen reime/ dann es dunckt jhn ſchroͤcklich zu hoͤren ſein/ daß Gott ſolte ſterben; vnd bald drauffꝛ duncket es Neſtorium wunderlich daß GOtt ſtirbt/ ſolt er dencken/ daß ja ſo wunderlich iſt/ daß Gott Menſch wird/ dann damit wird der vnſterbliche GOtt das jenige/ ſo ſterben vnd leiden vnd alle menſchliche idiomata oder eygenſchafften haben muß. Sie bekennet zum dritten die art vnd weiß ſolcher genawen in jhrem
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Die Neundte
rechte Warhafftige GOtt in einer Perſon/ ſolches gibt mir Neſtorius zu/
vnd ſagt/ es ſey recht. Wann ich aber alſo ſage: dort gehet Gott auff der
Gaſſen/ holet Waſſer vnd Brod/ daß er mit ſeiner Mutter eſſe vnd trincke/
dieſe rede geſtehet mir Neſtorius nicht. Jtem/ jhm lag im Sinn/ wie Gott
vnd ſterben ſich nicht zuſammen reime/ dann es dunckt jhn ſchroͤcklich zu
hoͤren ſein/ daß Gott ſolte ſterben; vnd bald drauffꝛ duncket es Neſtorium
wunderlich daß GOtt ſtirbt/ ſolt er dencken/ daß ja ſo wunderlich iſt/ daß
Gott Menſch wird/ dann damit wird der vnſterbliche GOtt das jenige/ ſo
ſterben vnd leiden vnd alle menſchliche idiomata oder eygenſchafften haben
muß.
Sie bekennet zum dritten die art vnd weiß ſolcher genawen
perſoͤnlichen vereinigung beeder Naturen in Chriſto/ als welche
von dem H. Geiſt ſelbſt vns zur nachrichtung geoffenbahret worden/ in ei-
nem einigen/ aber ſehr kraͤfftigen vnd nachdencklichen Wort σωματικῶς,
leibhafftig/ wie St. Paulus ſchreibt: Jn jhm Chriſto JEſu/ das iſt/
in ſeinem heyligſten Fleiſch/ in ſeiner zarten Menſchheit/ als in einem wun-
derſchoͤnen von GOtt erbaweten Tempel (davon der Herr ſelbs ſaget:
brechet dieſen Tempel/ vnd am dritten tage will ich jhn auff-
richten) wohnet die gantze fuͤlle der Gottheit/ welche ſich nicht tren-
nen laſſet: wie dann? wie wohnet ſie im fleiſch als in einem Tempel? nur
ſchattenweiß/ wie ſie auch im Alten Teſtament im Tempel zu Jeruſalem
die Herꝛligkeit deß Herren in einer Wolcken das Hauß deß Herren
erfuͤllet? Ach nein? dann dieſelbe Einwohnung war nur der Typus vnd fuͤr-
bild auff dieſen Coͤrper/ das war noch lang nicht die incarnation vnd per-
ſoͤnliche Tempel- oder Menſchwerdung deß Sohnes Gottes. Wie? heißt hie
leibhafftig ſo viel als vollkommen vnd Warhafftig? Ja wol! aber das
iſt noch weit nicht genug/ ſintemahl auch Gott der Herr wohnet in ſeinen
glaubigen außerwehlten als in einem Tempel vnd Heyligthumb warhaff-
tig vnd vollkommenlich/ daher ſie auch theilhafftig worden der Goͤtt-
lichen Natur/ das iſt noch lange nicht das kuͤndlich groſſe Geheimnuß
deß geoffenbahrten Gottes im fleiſch/ auff ſolche weiß wer kein vnderſcheid
zwiſchen der einwohnung der Gottheit in gemeinen Heyligen vnd in Chri-
ſto dem allerheyligſten: Die Hertzen der glaͤubigen ſind gemeine Tempel/
in welchen Gott alſo wohnet/ daß er auch auſſer denſelben wohnet/ vmb
welcher einwohnung willen kein Heyliger anzuruffen vnd anzubeten iſt; hie
aber wohnet die fuͤlle der Gottheit in Chriſto als in jhrem eygenem Tempel/
in jhrem
Col. 2, 9.
Ioh. 2, 19.
1. Reg. 8, 10,
2. Pet. 1, 4.
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