Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653.Predigt. Gerechtigkeit außgesöhnet/ vnd seine erworbene Gerechtigkeit zugerechnet/vide Au-gust. in en- chirid. ad Laur. c. 5. Gen. 3, 15. durch dero glaubige Ergreiffung wir gerecht vnd selig werden/ welches ist der allgemeine/ vnd einige/ vnd allein nöhtige Glaube. Hernach sind darin zu finden die jenigen Grundarticul/ welche entweder zu dem Grund der Seligkeit leiten/ oder auß denselben entspringen/ die man zwar vor der Offenbarung vnd Erclärung ohne schaden des Heils vnd Seligkeit nicht wissen/ auch wol läugnen kan/ aber nach dem sie hell vnd clar geoffenbaret vnd fürgetragen worden/ lässet sichs nicht mehr läugnen oder dero Vn- wissenheit fürwenden. zum Exempel vnser Vrgroßmutter Heva/ da sie denGen. 4, 1. Cain gebahr/ sagte/ ich habe den Mann den HErrn/ das war ein grosser Fehler vnd falscher Wahn/ sie wuste nicht/ daß der Messtas von einer Jungfrawen (vnd nicht einem Eheweib) würde gezeuget werden/ daß sey aber ferne/ daß solche Vnwissenheit sie solte auß dem Himmel außge- schlossen haben; verstehe/ es war dieses Geheimniß von der Jungfrawen Geburt damal noch nicht clar reveliret vnd geoffenbaret. Also Natha- nael/ da er von Jesu von Nazaret höret/ sprach er zu Philippo: was kan von Nazareth gutes kommen? in welchen Worten er gar läugnet/ daß von Nazareth der Messias entspringen könne vnd also Jesus der Messias seye. Solte darumb Nathanael verdamt seyn worden/ wann er in solchem Wahn were gestorben? mit nichten/ er hat an einen Messiam geglaubt/ als ein rechtschaffener Jsraelit/ ob er gleich von keinem Nazareth Messia wissen wolte. Solte er aber nach der Aufferstehung Christi/ durch welche er vollkommen vercläret worden/ haben wollen läugnen/ daß Jesus von Nazareth der versprochene Messias sey/ das were verdammlich gewesen. Es ist ferner der Apostolische Glaube zu betrachten als ein epitome occa- sionalis, als ein solcher kurtzer Begriff/ darinnen sonderlich der jenigen Articul/ so in Streitigkeit gerahten/ gedacht worden/ andere sind darumb nicht außgeschlossen/ sondern virtualiter vnd dem Verstande oder Folge nach darinnen begriffen. Also ist das Nicaenische Symbolum der Ketze- rey des Arii, der die göttliche Majestät Jesu Christi geläugnet; Das Constantinopolitanische dem Schwarm Macedonii der die Gottheit des heiligen Geistes angefochten/ das Ephesinische des Nestorii Sect/ der nicht zugeben wollen/ daß Christus waarer Gott von der Jungfrawen Maria gebohren/ oder/ daß die Jungfraw Maria ein Gottesgebährerin könne genennet werden; Das Chalcedonische des Eutychis Jrrthumb/ der die zwo Naturen in Christo vermischet vnd vermenget/ entgegen gesetzt worden. Lässet sich demnach in solchen Symbolis vnd Glaubensbekant- nissen durchauß nicht folgern oder schliessen/ dieser oder jener Lehr wird in diesem R
Predigt. Gerechtigkeit außgeſoͤhnet/ vnd ſeine erworbene Gerechtigkeit zugerechnet/vide Au-guſt. in en- chirid. ad Laur. c. 5. Gen. 3, 15. durch dero glaubige Ergreiffung wir gerecht vnd ſelig werden/ welches iſt der allgemeine/ vnd einige/ vnd allein noͤhtige Glaube. Hernach ſind darin zu finden die jenigen Grundarticul/ welche entweder zu dem Grund der Seligkeit leiten/ oder auß denſelben entſpringen/ die man zwar vor der Offenbarung vnd Erclaͤrung ohne ſchaden des Heils vnd Seligkeit nicht wiſſen/ auch wol laͤugnen kan/ aber nach dem ſie hell vnd clar geoffenbaret vnd fuͤrgetragen worden/ laͤſſet ſichs nicht mehr laͤugnen oder dero Vn- wiſſenheit fuͤrwenden. zum Exempel vnſer Vrgroßmutter Heva/ da ſie denGen. 4, 1. Cain gebahr/ ſagte/ ich habe den Mann den HErrn/ das war ein groſſer Fehler vnd falſcher Wahn/ ſie wuſte nicht/ daß der Meſſtas von einer Jungfrawen (vnd nicht einem Eheweib) wuͤrde gezeuget werden/ daß ſey aber ferne/ daß ſolche Vnwiſſenheit ſie ſolte auß dem Himmel außge- ſchloſſen haben; verſtehe/ es war dieſes Geheimniß von der Jungfrawen Geburt damal noch nicht clar reveliret vnd geoffenbaret. Alſo Natha- nael/ da er von Jeſu von Nazaret hoͤret/ ſprach er zu Philippo: was kan von Nazareth gutes kommen? in welchen Worten er gar laͤugnet/ daß von Nazareth der Meſſias entſpringen koͤnne vnd alſo Jeſus der Meſſias ſeye. Solte darumb Nathanael verdamt ſeyn worden/ wann er in ſolchem Wahn were geſtorben? mit nichten/ er hat an einen Meſſiam geglaubt/ als ein rechtſchaffener Jſraelit/ ob er gleich von keinem Nazareth Meſſia wiſſen wolte. Solte er aber nach der Aufferſtehung Chriſti/ durch welche er vollkommen verclaͤret worden/ haben wollen laͤugnen/ daß Jeſus von Nazareth der verſprochene Meſſias ſey/ das were verdammlich geweſen. Es iſt ferner der Apoſtoliſche Glaube zu betrachten als ein epitome occa- ſionalis, als ein ſolcher kurtzer Begriff/ darinnen ſonderlich der jenigen Articul/ ſo in Streitigkeit gerahten/ gedacht worden/ andere ſind darumb nicht außgeſchloſſen/ ſondern virtualiter vnd dem Verſtande oder Folge nach darinnen begriffen. Alſo iſt das Nicæniſche Symbolum der Ketze- rey des Arii, der die goͤttliche Majeſtaͤt Jeſu Chriſti gelaͤugnet; Das Conſtantinopolitaniſche dem Schwarm Macedonii der die Gottheit des heiligen Geiſtes angefochten/ das Epheſiniſche des Neſtorii Sect/ der nicht zugeben wollen/ daß Chriſtus waarer Gott von der Jungfrawen Maria gebohren/ oder/ daß die Jungfraw Maria ein Gottesgebaͤhrerin koͤnne genennet werden; Das Chalcedoniſche des Eutychis Jrrthumb/ der die zwo Naturen in Chriſto vermiſchet vnd vermenget/ entgegen geſetzt worden. Laͤſſet ſich demnach in ſolchen Symbolis vnd Glaubensbekant- niſſen durchauß nicht folgern oder ſchlieſſen/ dieſer oder jener Lehr wird in dieſem R
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Predigt.
Gerechtigkeit außgeſoͤhnet/ vnd ſeine erworbene Gerechtigkeit zugerechnet/
durch dero glaubige Ergreiffung wir gerecht vnd ſelig werden/ welches iſt
der allgemeine/ vnd einige/ vnd allein noͤhtige Glaube. Hernach ſind
darin zu finden die jenigen Grundarticul/ welche entweder zu dem Grund
der Seligkeit leiten/ oder auß denſelben entſpringen/ die man zwar vor der
Offenbarung vnd Erclaͤrung ohne ſchaden des Heils vnd Seligkeit nicht
wiſſen/ auch wol laͤugnen kan/ aber nach dem ſie hell vnd clar geoffenbaret
vnd fuͤrgetragen worden/ laͤſſet ſichs nicht mehr laͤugnen oder dero Vn-
wiſſenheit fuͤrwenden. zum Exempel vnſer Vrgroßmutter Heva/ da ſie den
Cain gebahr/ ſagte/ ich habe den Mann den HErrn/ das war ein groſſer
Fehler vnd falſcher Wahn/ ſie wuſte nicht/ daß der Meſſtas von einer
Jungfrawen (vnd nicht einem Eheweib) wuͤrde gezeuget werden/ daß
ſey aber ferne/ daß ſolche Vnwiſſenheit ſie ſolte auß dem Himmel außge-
ſchloſſen haben; verſtehe/ es war dieſes Geheimniß von der Jungfrawen
Geburt damal noch nicht clar reveliret vnd geoffenbaret. Alſo Natha-
nael/ da er von Jeſu von Nazaret hoͤret/ ſprach er zu Philippo: was kan
von Nazareth gutes kommen? in welchen Worten er gar laͤugnet/ daß von
Nazareth der Meſſias entſpringen koͤnne vnd alſo Jeſus der Meſſias ſeye.
Solte darumb Nathanael verdamt ſeyn worden/ wann er in ſolchem
Wahn were geſtorben? mit nichten/ er hat an einen Meſſiam geglaubt/
als ein rechtſchaffener Jſraelit/ ob er gleich von keinem Nazareth Meſſia
wiſſen wolte. Solte er aber nach der Aufferſtehung Chriſti/ durch welche
er vollkommen verclaͤret worden/ haben wollen laͤugnen/ daß Jeſus von
Nazareth der verſprochene Meſſias ſey/ das were verdammlich geweſen.
Es iſt ferner der Apoſtoliſche Glaube zu betrachten als ein epitome occa-
ſionalis, als ein ſolcher kurtzer Begriff/ darinnen ſonderlich der jenigen
Articul/ ſo in Streitigkeit gerahten/ gedacht worden/ andere ſind darumb
nicht außgeſchloſſen/ ſondern virtualiter vnd dem Verſtande oder Folge
nach darinnen begriffen. Alſo iſt das Nicæniſche Symbolum der Ketze-
rey des Arii, der die goͤttliche Majeſtaͤt Jeſu Chriſti gelaͤugnet; Das
Conſtantinopolitaniſche dem Schwarm Macedonii der die Gottheit des
heiligen Geiſtes angefochten/ das Epheſiniſche des Neſtorii Sect/
der nicht zugeben wollen/ daß Chriſtus waarer Gott von der Jungfrawen
Maria gebohren/ oder/ daß die Jungfraw Maria ein Gottesgebaͤhrerin
koͤnne genennet werden; Das Chalcedoniſche des Eutychis Jrrthumb/
der die zwo Naturen in Chriſto vermiſchet vnd vermenget/ entgegen geſetzt
worden. Laͤſſet ſich demnach in ſolchen Symbolis vnd Glaubensbekant-
niſſen durchauß nicht folgern oder ſchlieſſen/ dieſer oder jener Lehr wird in
dieſem
vide Au-
guſt. in en-
chirid. ad
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Gen. 4, 1.
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Zitationshilfe: | Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 4. Straßburg, 1653, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus04_1653/147>, abgerufen am 20.07.2024. |