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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Erblichkeit des Königthums.

104. Wo aber Erblichkeit stattfindet, muß sie, um
ihrer wohlthätigen Wirkung nicht zu verfehlen, in vollem
Maaße wurzeln. Sie muß den schwankenden und unvoll-
kommenen Charakter ganz verlassen, welchen sie im frühe-
ren Mittelalter in so vielen Staaten und in Deutschen
Fürsten-Landen bis zur Einführung der Primogenitur
trug. Es darf weder eine Theilung der Staats-Suc-
cession, welche den Staat allen Zufälligkeiten der Verer-
bung nach Häuptern preisgiebt, durch Landestheilungen
oder Option, noch eine gemeinsame oder theilweise gemein-
same (in Bezug auf gewisse Landestheile oder Classen von
Unterthanen) oder abwechselnde Regierung stattfinden; auch
kein gewähltes Oberkönigthum eines Bretwalda, oder ein
ererbtes des ältesten Bruders, wie bei den Burgundern;
auch kein Vorzugsrecht des im Königshause geborenen jün-
geren Sohnes, wie in Sparta, dergleichen auch Xerxes
Erhebung stützte, und die des ersten Deutschen Otto fast
verhindert hätte; geschweige denn eine Ausloosung des
Stammhalters; durchaus auch kein Gleichrecht des Frauen-
Stammes. Die Erbfolge der Erstgeburt im ungetheilten
Reiche muß nach dem strengen Lehnsgrundsatze zu Gunsten
des Mannsstammes eintreten, nach dem Alter der Linien
fortschreiten, unverworren durch Majorat und Seniorat.

105. Nach diesem Grundsatze der Untheilbarkeit und
Primogenitur vererbt die Krone in der Ordnung der reinen
Lineal-Erbfolge, folglich mit Repräsentations-Recht der
Enkel, im Mannsstamme des regierenden Hauses unter
Ausschließung jeder weiblichen Thronfolge bis zum Ab-
gange aller Linien des Mannsstammes.

106. Wenn der Mannsstamm erloschen ist, so geht
die Thronfolge auf die weibliche Linie ohne Unterschied

Erblichkeit des Koͤnigthums.

104. Wo aber Erblichkeit ſtattfindet, muß ſie, um
ihrer wohlthaͤtigen Wirkung nicht zu verfehlen, in vollem
Maaße wurzeln. Sie muß den ſchwankenden und unvoll-
kommenen Charakter ganz verlaſſen, welchen ſie im fruͤhe-
ren Mittelalter in ſo vielen Staaten und in Deutſchen
Fuͤrſten-Landen bis zur Einfuͤhrung der Primogenitur
trug. Es darf weder eine Theilung der Staats-Suc-
ceſſion, welche den Staat allen Zufaͤlligkeiten der Verer-
bung nach Haͤuptern preisgiebt, durch Landestheilungen
oder Option, noch eine gemeinſame oder theilweiſe gemein-
ſame (in Bezug auf gewiſſe Landestheile oder Claſſen von
Unterthanen) oder abwechſelnde Regierung ſtattfinden; auch
kein gewaͤhltes Oberkoͤnigthum eines Bretwalda, oder ein
ererbtes des aͤlteſten Bruders, wie bei den Burgundern;
auch kein Vorzugsrecht des im Koͤnigshauſe geborenen juͤn-
geren Sohnes, wie in Sparta, dergleichen auch Xerxes
Erhebung ſtuͤtzte, und die des erſten Deutſchen Otto faſt
verhindert haͤtte; geſchweige denn eine Auslooſung des
Stammhalters; durchaus auch kein Gleichrecht des Frauen-
Stammes. Die Erbfolge der Erſtgeburt im ungetheilten
Reiche muß nach dem ſtrengen Lehnsgrundſatze zu Gunſten
des Mannsſtammes eintreten, nach dem Alter der Linien
fortſchreiten, unverworren durch Majorat und Seniorat.

105. Nach dieſem Grundſatze der Untheilbarkeit und
Primogenitur vererbt die Krone in der Ordnung der reinen
Lineal-Erbfolge, folglich mit Repraͤſentations-Recht der
Enkel, im Mannsſtamme des regierenden Hauſes unter
Ausſchließung jeder weiblichen Thronfolge bis zum Ab-
gange aller Linien des Mannsſtammes.

106. Wenn der Mannsſtamm erloſchen iſt, ſo geht
die Thronfolge auf die weibliche Linie ohne Unterſchied

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[85/0097] Erblichkeit des Koͤnigthums. 104. Wo aber Erblichkeit ſtattfindet, muß ſie, um ihrer wohlthaͤtigen Wirkung nicht zu verfehlen, in vollem Maaße wurzeln. Sie muß den ſchwankenden und unvoll- kommenen Charakter ganz verlaſſen, welchen ſie im fruͤhe- ren Mittelalter in ſo vielen Staaten und in Deutſchen Fuͤrſten-Landen bis zur Einfuͤhrung der Primogenitur trug. Es darf weder eine Theilung der Staats-Suc- ceſſion, welche den Staat allen Zufaͤlligkeiten der Verer- bung nach Haͤuptern preisgiebt, durch Landestheilungen oder Option, noch eine gemeinſame oder theilweiſe gemein- ſame (in Bezug auf gewiſſe Landestheile oder Claſſen von Unterthanen) oder abwechſelnde Regierung ſtattfinden; auch kein gewaͤhltes Oberkoͤnigthum eines Bretwalda, oder ein ererbtes des aͤlteſten Bruders, wie bei den Burgundern; auch kein Vorzugsrecht des im Koͤnigshauſe geborenen juͤn- geren Sohnes, wie in Sparta, dergleichen auch Xerxes Erhebung ſtuͤtzte, und die des erſten Deutſchen Otto faſt verhindert haͤtte; geſchweige denn eine Auslooſung des Stammhalters; durchaus auch kein Gleichrecht des Frauen- Stammes. Die Erbfolge der Erſtgeburt im ungetheilten Reiche muß nach dem ſtrengen Lehnsgrundſatze zu Gunſten des Mannsſtammes eintreten, nach dem Alter der Linien fortſchreiten, unverworren durch Majorat und Seniorat. 105. Nach dieſem Grundſatze der Untheilbarkeit und Primogenitur vererbt die Krone in der Ordnung der reinen Lineal-Erbfolge, folglich mit Repraͤſentations-Recht der Enkel, im Mannsſtamme des regierenden Hauſes unter Ausſchließung jeder weiblichen Thronfolge bis zum Ab- gange aller Linien des Mannsſtammes. 106. Wenn der Mannsſtamm erloſchen iſt, ſo geht die Thronfolge auf die weibliche Linie ohne Unterſchied

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/97>, abgerufen am 22.11.2024.