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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Staats-Regierung.
in des Königs alleinige Hand legte, die übrige Gesetzge-
bung allein in die der Stände. Das wäre Staatsauflö-
sung, in die Form der Verfassung gebracht.

91. In dem Begriffe der Staats-Regierung liegt,
daß nichts im Staate gegen ihren erklärten Willen straf-
los geschehen könne; denn sie wäre sonst unterthan in
Allem was ihr aufgedrungen wird. Aber es liegt nicht in
dem Begriffe der Regierung, daß ihre Willens-Erklärung
an keine Regel gebunden sey. Es kann vielmehr ihr Wille
durch Staatsgewalten beschränkt seyn, welche an der
Regierung keinen Theil haben.

92. Diese Beschränkungen nimmt die Staats-Regie-
rung durch die Anerkennung einer bestimmten Regierungs-
form in ihren Willen auf. Eine Abweichung davon würde
den Unterthanen einen doppelten Willen, folglich einen sich
widersprechenden, folglich gar keinen Willen zeigen. Man
würde die Regierung suchen müssen. Sie wäre unver-
ständlich geworden.

93. Die Regierung ist mithin zwar nothwendig die
höchste Staatsgewalt (superioritas, Souveränität), ver-
möge welcher in ihr die Unabhängigkeit des Staats nach
Innen und Außen erblickt wird; keineswegs aber noth-
wendig die gesammte Staatsgewalt (absolutum im-
perium
pambasileia).

94. Wo die gesammte Staatsgewalt der R egierun
beiwohnt, da ist der Wille der Regierung Gesetz, vielleicht
auch der nicht erklärte. Wo das nicht der Fall ist, da
unterscheiden sich verschiedene Thätigkeiten der Staatsge-
walt, und es fragt sich, wie beschaffen und in wessen
Händen der Theil von ihnen seyn wird, welcher sich nicht

Staats-Regierung.
in des Koͤnigs alleinige Hand legte, die uͤbrige Geſetzge-
bung allein in die der Staͤnde. Das waͤre Staatsaufloͤ-
ſung, in die Form der Verfaſſung gebracht.

91. In dem Begriffe der Staats-Regierung liegt,
daß nichts im Staate gegen ihren erklaͤrten Willen ſtraf-
los geſchehen koͤnne; denn ſie waͤre ſonſt unterthan in
Allem was ihr aufgedrungen wird. Aber es liegt nicht in
dem Begriffe der Regierung, daß ihre Willens-Erklaͤrung
an keine Regel gebunden ſey. Es kann vielmehr ihr Wille
durch Staatsgewalten beſchraͤnkt ſeyn, welche an der
Regierung keinen Theil haben.

92. Dieſe Beſchraͤnkungen nimmt die Staats-Regie-
rung durch die Anerkennung einer beſtimmten Regierungs-
form in ihren Willen auf. Eine Abweichung davon wuͤrde
den Unterthanen einen doppelten Willen, folglich einen ſich
widerſprechenden, folglich gar keinen Willen zeigen. Man
wuͤrde die Regierung ſuchen muͤſſen. Sie waͤre unver-
ſtaͤndlich geworden.

93. Die Regierung iſt mithin zwar nothwendig die
hoͤchſte Staatsgewalt (superioritas, Souveraͤnitaͤt), ver-
moͤge welcher in ihr die Unabhaͤngigkeit des Staats nach
Innen und Außen erblickt wird; keineswegs aber noth-
wendig die geſammte Staatsgewalt (absolutum im-
perium
παμβασιλεία).

94. Wo die geſammte Staatsgewalt der R egierun
beiwohnt, da iſt der Wille der Regierung Geſetz, vielleicht
auch der nicht erklaͤrte. Wo das nicht der Fall iſt, da
unterſcheiden ſich verſchiedene Thaͤtigkeiten der Staatsge-
walt, und es fragt ſich, wie beſchaffen und in weſſen
Haͤnden der Theil von ihnen ſeyn wird, welcher ſich nicht

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[78/0090] Staats-Regierung. in des Koͤnigs alleinige Hand legte, die uͤbrige Geſetzge- bung allein in die der Staͤnde. Das waͤre Staatsaufloͤ- ſung, in die Form der Verfaſſung gebracht. 91. In dem Begriffe der Staats-Regierung liegt, daß nichts im Staate gegen ihren erklaͤrten Willen ſtraf- los geſchehen koͤnne; denn ſie waͤre ſonſt unterthan in Allem was ihr aufgedrungen wird. Aber es liegt nicht in dem Begriffe der Regierung, daß ihre Willens-Erklaͤrung an keine Regel gebunden ſey. Es kann vielmehr ihr Wille durch Staatsgewalten beſchraͤnkt ſeyn, welche an der Regierung keinen Theil haben. 92. Dieſe Beſchraͤnkungen nimmt die Staats-Regie- rung durch die Anerkennung einer beſtimmten Regierungs- form in ihren Willen auf. Eine Abweichung davon wuͤrde den Unterthanen einen doppelten Willen, folglich einen ſich widerſprechenden, folglich gar keinen Willen zeigen. Man wuͤrde die Regierung ſuchen muͤſſen. Sie waͤre unver- ſtaͤndlich geworden. 93. Die Regierung iſt mithin zwar nothwendig die hoͤchſte Staatsgewalt (superioritas, Souveraͤnitaͤt), ver- moͤge welcher in ihr die Unabhaͤngigkeit des Staats nach Innen und Außen erblickt wird; keineswegs aber noth- wendig die geſammte Staatsgewalt (absolutum im- perium παμβασιλεία). 94. Wo die geſammte Staatsgewalt der R egierun beiwohnt, da iſt der Wille der Regierung Geſetz, vielleicht auch der nicht erklaͤrte. Wo das nicht der Fall iſt, da unterſcheiden ſich verſchiedene Thaͤtigkeiten der Staatsge- walt, und es fragt ſich, wie beſchaffen und in weſſen Haͤnden der Theil von ihnen ſeyn wird, welcher ſich nicht

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/90>, abgerufen am 22.11.2024.