Schlüssel hatte; Alles das zusammengenommen begründete eine große Abhängigkeit der Studirenden, welche durch die strengen Verpflichtungen der Promovirten, sogar über die Universität hinausging.
277. Die heutige Form des Deutschen protestantischen Universitätslebens ist nicht älter als das achtzehnte Jahr- hundert. Das lehrt vielleicht am klarsten eine Vergleichung der beiden Universitäten der Braunschweigischen Lande: Helmstädt's, 1574-76 gegründet1), und durch den Re- ceß von 1635 gemeinschaftliche Landesuniversität des Braun- schweigischen Gesammthauses, und der Universität Göttin- gen, nach deren Eröffnung im Jahre 1737 der Gründer König Georg II. auf die mannigfache Zuschüsse erfordernde Mit-Direction der Helmstädter Universität verzichtete (1745), die dann während des Westphälischen Zwischenreiches 1809 vollends aufgehoben ward. Auf Helmstädt paßt Alles, was bisher von den protestantischen Universitäten Deutsch- lands bemerkt ist, aber durchaus nicht auf Göttingen. Die Stiftung und Entwickelung der Göttinger Universität fällt in eine Zeit der überall in Deutschland gesteigerten lan- desfürstlichen Macht, des sinkenden Einflusses der Kirche in die Staatsverhältnisse, des von der theologischen Auf- sicht befreiten Studiums der Alten, der wachsenden Ab- neigung gegen Alles was sich als Zunft gegen den schon nach Einheit bewußter strebenden Staat abschließt. Schon die Universität Halle war im Sinne einer Opposition ge- gen Österreich, daneben der Duldung unter Lutheranern und Reformirten gegründet. In Göttingen sollte sich das Bedürfniß befriedigen im protestantischen Deutschland Lehr- stühle des deutschen Staatsrechts zu besitzen, wo dieses dem Religionsfrieden und dem Westphälischen gemäß ge-
Vom Univerſitaͤtsweſen.
Schluͤſſel hatte; Alles das zuſammengenommen begruͤndete eine große Abhaͤngigkeit der Studirenden, welche durch die ſtrengen Verpflichtungen der Promovirten, ſogar uͤber die Univerſitaͤt hinausging.
277. Die heutige Form des Deutſchen proteſtantiſchen Univerſitaͤtslebens iſt nicht aͤlter als das achtzehnte Jahr- hundert. Das lehrt vielleicht am klarſten eine Vergleichung der beiden Univerſitaͤten der Braunſchweigiſchen Lande: Helmſtaͤdt’s, 1574-76 gegruͤndet1), und durch den Re- ceß von 1635 gemeinſchaftliche Landesuniverſitaͤt des Braun- ſchweigiſchen Geſammthauſes, und der Univerſitaͤt Goͤttin- gen, nach deren Eroͤffnung im Jahre 1737 der Gruͤnder Koͤnig Georg II. auf die mannigfache Zuſchuͤſſe erfordernde Mit-Direction der Helmſtaͤdter Univerſitaͤt verzichtete (1745), die dann waͤhrend des Weſtphaͤliſchen Zwiſchenreiches 1809 vollends aufgehoben ward. Auf Helmſtaͤdt paßt Alles, was bisher von den proteſtantiſchen Univerſitaͤten Deutſch- lands bemerkt iſt, aber durchaus nicht auf Goͤttingen. Die Stiftung und Entwickelung der Goͤttinger Univerſitaͤt faͤllt in eine Zeit der uͤberall in Deutſchland geſteigerten lan- desfuͤrſtlichen Macht, des ſinkenden Einfluſſes der Kirche in die Staatsverhaͤltniſſe, des von der theologiſchen Auf- ſicht befreiten Studiums der Alten, der wachſenden Ab- neigung gegen Alles was ſich als Zunft gegen den ſchon nach Einheit bewußter ſtrebenden Staat abſchließt. Schon die Univerſitaͤt Halle war im Sinne einer Oppoſition ge- gen Öſterreich, daneben der Duldung unter Lutheranern und Reformirten gegruͤndet. In Goͤttingen ſollte ſich das Beduͤrfniß befriedigen im proteſtantiſchen Deutſchland Lehr- ſtuͤhle des deutſchen Staatsrechts zu beſitzen, wo dieſes dem Religionsfrieden und dem Weſtphaͤliſchen gemaͤß ge-
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Vom Univerſitaͤtsweſen.
Schluͤſſel hatte; Alles das zuſammengenommen begruͤndete
eine große Abhaͤngigkeit der Studirenden, welche durch die
ſtrengen Verpflichtungen der Promovirten, ſogar uͤber die
Univerſitaͤt hinausging.
277. Die heutige Form des Deutſchen proteſtantiſchen
Univerſitaͤtslebens iſt nicht aͤlter als das achtzehnte Jahr-
hundert. Das lehrt vielleicht am klarſten eine Vergleichung
der beiden Univerſitaͤten der Braunſchweigiſchen Lande:
Helmſtaͤdt’s, 1574-76 gegruͤndet1), und durch den Re-
ceß von 1635 gemeinſchaftliche Landesuniverſitaͤt des Braun-
ſchweigiſchen Geſammthauſes, und der Univerſitaͤt Goͤttin-
gen, nach deren Eroͤffnung im Jahre 1737 der Gruͤnder
Koͤnig Georg II. auf die mannigfache Zuſchuͤſſe erfordernde
Mit-Direction der Helmſtaͤdter Univerſitaͤt verzichtete (1745),
die dann waͤhrend des Weſtphaͤliſchen Zwiſchenreiches 1809
vollends aufgehoben ward. Auf Helmſtaͤdt paßt Alles,
was bisher von den proteſtantiſchen Univerſitaͤten Deutſch-
lands bemerkt iſt, aber durchaus nicht auf Goͤttingen. Die
Stiftung und Entwickelung der Goͤttinger Univerſitaͤt faͤllt
in eine Zeit der uͤberall in Deutſchland geſteigerten lan-
desfuͤrſtlichen Macht, des ſinkenden Einfluſſes der Kirche
in die Staatsverhaͤltniſſe, des von der theologiſchen Auf-
ſicht befreiten Studiums der Alten, der wachſenden Ab-
neigung gegen Alles was ſich als Zunft gegen den ſchon
nach Einheit bewußter ſtrebenden Staat abſchließt. Schon
die Univerſitaͤt Halle war im Sinne einer Oppoſition ge-
gen Öſterreich, daneben der Duldung unter Lutheranern
und Reformirten gegruͤndet. In Goͤttingen ſollte ſich das
Beduͤrfniß befriedigen im proteſtantiſchen Deutſchland Lehr-
ſtuͤhle des deutſchen Staatsrechts zu beſitzen, wo dieſes
dem Religionsfrieden und dem Weſtphaͤliſchen gemaͤß ge-
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/297>, abgerufen am 16.07.2024.
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