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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Blick auf d. Systematik d. Staatswissensch.
zugetreten sind, so können sie auch freiwillig wieder aus-
treten. Inzwischen besteht auch innerhalb des Staates ein
Recht der Einzelnen, welches der Staat nicht antasten
oder der Antastung preißgeben darf; es ist das Recht des
Eigenthums, welches durch Arbeit erworben wird, also
niemandem zu Leide, da jedermann zu arbeiten freisteht.
Nur darf es nicht gebrauchlos aufgehäuft werden, eine
Beschränkung, die freilich dem Eigenthume wieder Gefahr
droht, gar nicht davon zu reden, daß Locke selber, schlech-
ter bewandert in der Staatswirthschaft als Hobbes, die
möglichste Anhäufung von Gold und Silber anempfiehlt.
Der Staat ist gleichwohl da, um das Eigenthum zu
schützen; er gewährt diesen Schutz durch die vollziehende
Gewalt, welche ihre Macht vom Volke hat, das durch
die gesetzgebende Gewalt vertreten wird. Die voll-
ziehende Gewalt darf einen Antheil an der Gesetzgebung
haben, handelt aber nach den Vorschriften der gesetzgeben-
den Gewalt, welche in unveränderlichen, alle Unterthanen
gleichmäßig angehenden Gesetzen niedergelegt sind. Vor
Allem keine Steuer, ohne Einwilligung der Gesetzgeber.
Gerathen König und Gesetzgeber in Streit, so entscheidet
das Volk, ein Volk, welches Locke nur unter der Form
von gleichberechtigten Einzelnen zu betrachten liebt, und
welche freilich so aufgestellt am besten die nöthige Wache
halten, daß nicht die Gesetzgebung in die Hand der Voll-
ziehung falle, wäre nur diese Masse eben so leicht gegen
sich selbst geschützt. Da man indeß von seinem Rechte
auch nicht Gebrauch machen kann, so wird das oberauf-
sehende Volk auch warten können, bis die ordentlichen
Staatsgewalten ihre Pflicht erkannt haben, sich wieder zu
vertragen. Nur muß, damit zu solcher Mäßigung Hoff-
nung sey, der gesunde Sinn lehren, daß es sich im Staate

Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch.
zugetreten ſind, ſo koͤnnen ſie auch freiwillig wieder aus-
treten. Inzwiſchen beſteht auch innerhalb des Staates ein
Recht der Einzelnen, welches der Staat nicht antaſten
oder der Antaſtung preißgeben darf; es iſt das Recht des
Eigenthums, welches durch Arbeit erworben wird, alſo
niemandem zu Leide, da jedermann zu arbeiten freiſteht.
Nur darf es nicht gebrauchlos aufgehaͤuft werden, eine
Beſchraͤnkung, die freilich dem Eigenthume wieder Gefahr
droht, gar nicht davon zu reden, daß Locke ſelber, ſchlech-
ter bewandert in der Staatswirthſchaft als Hobbes, die
moͤglichſte Anhaͤufung von Gold und Silber anempfiehlt.
Der Staat iſt gleichwohl da, um das Eigenthum zu
ſchuͤtzen; er gewaͤhrt dieſen Schutz durch die vollziehende
Gewalt, welche ihre Macht vom Volke hat, das durch
die geſetzgebende Gewalt vertreten wird. Die voll-
ziehende Gewalt darf einen Antheil an der Geſetzgebung
haben, handelt aber nach den Vorſchriften der geſetzgeben-
den Gewalt, welche in unveraͤnderlichen, alle Unterthanen
gleichmaͤßig angehenden Geſetzen niedergelegt ſind. Vor
Allem keine Steuer, ohne Einwilligung der Geſetzgeber.
Gerathen Koͤnig und Geſetzgeber in Streit, ſo entſcheidet
das Volk, ein Volk, welches Locke nur unter der Form
von gleichberechtigten Einzelnen zu betrachten liebt, und
welche freilich ſo aufgeſtellt am beſten die noͤthige Wache
halten, daß nicht die Geſetzgebung in die Hand der Voll-
ziehung falle, waͤre nur dieſe Maſſe eben ſo leicht gegen
ſich ſelbſt geſchuͤtzt. Da man indeß von ſeinem Rechte
auch nicht Gebrauch machen kann, ſo wird das oberauf-
ſehende Volk auch warten koͤnnen, bis die ordentlichen
Staatsgewalten ihre Pflicht erkannt haben, ſich wieder zu
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[201/0213] Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch. zugetreten ſind, ſo koͤnnen ſie auch freiwillig wieder aus- treten. Inzwiſchen beſteht auch innerhalb des Staates ein Recht der Einzelnen, welches der Staat nicht antaſten oder der Antaſtung preißgeben darf; es iſt das Recht des Eigenthums, welches durch Arbeit erworben wird, alſo niemandem zu Leide, da jedermann zu arbeiten freiſteht. Nur darf es nicht gebrauchlos aufgehaͤuft werden, eine Beſchraͤnkung, die freilich dem Eigenthume wieder Gefahr droht, gar nicht davon zu reden, daß Locke ſelber, ſchlech- ter bewandert in der Staatswirthſchaft als Hobbes, die moͤglichſte Anhaͤufung von Gold und Silber anempfiehlt. Der Staat iſt gleichwohl da, um das Eigenthum zu ſchuͤtzen; er gewaͤhrt dieſen Schutz durch die vollziehende Gewalt, welche ihre Macht vom Volke hat, das durch die geſetzgebende Gewalt vertreten wird. Die voll- ziehende Gewalt darf einen Antheil an der Geſetzgebung haben, handelt aber nach den Vorſchriften der geſetzgeben- den Gewalt, welche in unveraͤnderlichen, alle Unterthanen gleichmaͤßig angehenden Geſetzen niedergelegt ſind. Vor Allem keine Steuer, ohne Einwilligung der Geſetzgeber. Gerathen Koͤnig und Geſetzgeber in Streit, ſo entſcheidet das Volk, ein Volk, welches Locke nur unter der Form von gleichberechtigten Einzelnen zu betrachten liebt, und welche freilich ſo aufgeſtellt am beſten die noͤthige Wache halten, daß nicht die Geſetzgebung in die Hand der Voll- ziehung falle, waͤre nur dieſe Maſſe eben ſo leicht gegen ſich ſelbſt geſchuͤtzt. Da man indeß von ſeinem Rechte auch nicht Gebrauch machen kann, ſo wird das oberauf- ſehende Volk auch warten koͤnnen, bis die ordentlichen Staatsgewalten ihre Pflicht erkannt haben, ſich wieder zu vertragen. Nur muß, damit zu ſolcher Maͤßigung Hoff- nung ſey, der geſunde Sinn lehren, daß es ſich im Staate

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/213>, abgerufen am 22.11.2024.