Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Blick auf d. Systematik d. Staatswissensch. willen bloß beherrscht werden. Und so kommt es dem Ari-stoteles so wenig als dem Platon in den Sinn die Recht- mässigkeit eines Verhältnisses, das sich eben allenthalben darstellte, der Entscheidung eines höheren Gesetzes der Ge- rechtigkeit zu unterwerfen. Die Männer sind von den Frauen überlegener Natur. Die Frauen sind nicht Bür- ger, sie bilden einen gewissen Mittelstand zwischen Bür- gern und Sclaven. 218. Es giebt keinen Aristotelischen Staat, wie es Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch. willen bloß beherrſcht werden. Und ſo kommt es dem Ari-ſtoteles ſo wenig als dem Platon in den Sinn die Recht- maͤſſigkeit eines Verhaͤltniſſes, das ſich eben allenthalben darſtellte, der Entſcheidung eines hoͤheren Geſetzes der Ge- rechtigkeit zu unterwerfen. Die Maͤnner ſind von den Frauen uͤberlegener Natur. Die Frauen ſind nicht Buͤr- ger, ſie bilden einen gewiſſen Mittelſtand zwiſchen Buͤr- gern und Sclaven. 218. Es giebt keinen Ariſtoteliſchen Staat, wie es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0203" n="191"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch</hi>.</fw><lb/> willen bloß beherrſcht werden. Und ſo kommt es dem Ari-<lb/> ſtoteles ſo wenig als dem Platon in den Sinn die Recht-<lb/> maͤſſigkeit eines Verhaͤltniſſes, das ſich eben allenthalben<lb/> darſtellte, der Entſcheidung eines hoͤheren Geſetzes der Ge-<lb/> rechtigkeit zu unterwerfen. Die Maͤnner ſind von den<lb/> Frauen uͤberlegener Natur. Die Frauen ſind nicht Buͤr-<lb/> ger, ſie bilden einen gewiſſen Mittelſtand zwiſchen Buͤr-<lb/> gern und Sclaven.</p><lb/> <p>218. Es giebt keinen Ariſtoteliſchen Staat, wie es<lb/> einen Platoniſchen giebt, nur eine Ariſtoteliſche Staats-<lb/> lehre. Der Staat war dem Ariſtoteles uranfaͤnglich, aͤlter<lb/> ſogar als die Familie, darum im ſtrengſten Sinne Natur-<lb/> gemaͤß. Das Nicht-Staatsweſen iſt entweder aus Unver-<lb/> moͤgen ein Thier, oder aus Unbeduͤrftigkeit ein Gott. Aber<lb/> wie der Werth der Naturen verſchieden, ſo auch der Staa-<lb/> ten. <hi rendition="#g">Eine</hi> Staatsform zwar iſt abſolut verwerflich, die<lb/> Tyrannis, weil ſie allein ſich ſelber zum Zwecke macht,<lb/> nicht das Wohl der Gehorchenden; alle anderen koͤnnen<lb/> beziehungsweiſe gut ſeyn. Sie ſind aber um ſo viel beſ-<lb/> ſer, wenn ſie nicht bloß auf die Erhaltung des Staats,<lb/> was die naͤchſte Sorge ſeyn muß, ſondern ſo viel als<lb/> moͤglich zugleich auf des Volks Begluͤckung geſtellt ſind,<lb/> die von der niedern Luſt zu unterſcheiden iſt. Zu dieſem<lb/> Ende kommt es nur darauf an, daß das herrſche, was in<lb/> jedem Staate das <hi rendition="#g">Beſte</hi> iſt, denn dann findet die wahre<lb/><hi rendition="#g">Ariſtokratie</hi> ſtatt, mag auch die Zahl der Herrſcher<lb/> verſchieden ſeyn, ein Einzelner herrſchen als der Beſte, oder<lb/> mehrere als die Beſten oder das Gute ſo gleichmaͤßig ver-<lb/> theilt ſeyn, daß der groͤßere Theil des Volks, weil in ihm<lb/> ſelber das Beſte enthalten, ſich ſelber Geſetze giebt. Dar-<lb/> um iſt in dieſem hoͤheren Sinne ſowohl das Koͤnigthum<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0203]
Blick auf d. Syſtematik d. Staatswiſſenſch.
willen bloß beherrſcht werden. Und ſo kommt es dem Ari-
ſtoteles ſo wenig als dem Platon in den Sinn die Recht-
maͤſſigkeit eines Verhaͤltniſſes, das ſich eben allenthalben
darſtellte, der Entſcheidung eines hoͤheren Geſetzes der Ge-
rechtigkeit zu unterwerfen. Die Maͤnner ſind von den
Frauen uͤberlegener Natur. Die Frauen ſind nicht Buͤr-
ger, ſie bilden einen gewiſſen Mittelſtand zwiſchen Buͤr-
gern und Sclaven.
218. Es giebt keinen Ariſtoteliſchen Staat, wie es
einen Platoniſchen giebt, nur eine Ariſtoteliſche Staats-
lehre. Der Staat war dem Ariſtoteles uranfaͤnglich, aͤlter
ſogar als die Familie, darum im ſtrengſten Sinne Natur-
gemaͤß. Das Nicht-Staatsweſen iſt entweder aus Unver-
moͤgen ein Thier, oder aus Unbeduͤrftigkeit ein Gott. Aber
wie der Werth der Naturen verſchieden, ſo auch der Staa-
ten. Eine Staatsform zwar iſt abſolut verwerflich, die
Tyrannis, weil ſie allein ſich ſelber zum Zwecke macht,
nicht das Wohl der Gehorchenden; alle anderen koͤnnen
beziehungsweiſe gut ſeyn. Sie ſind aber um ſo viel beſ-
ſer, wenn ſie nicht bloß auf die Erhaltung des Staats,
was die naͤchſte Sorge ſeyn muß, ſondern ſo viel als
moͤglich zugleich auf des Volks Begluͤckung geſtellt ſind,
die von der niedern Luſt zu unterſcheiden iſt. Zu dieſem
Ende kommt es nur darauf an, daß das herrſche, was in
jedem Staate das Beſte iſt, denn dann findet die wahre
Ariſtokratie ſtatt, mag auch die Zahl der Herrſcher
verſchieden ſeyn, ein Einzelner herrſchen als der Beſte, oder
mehrere als die Beſten oder das Gute ſo gleichmaͤßig ver-
theilt ſeyn, daß der groͤßere Theil des Volks, weil in ihm
ſelber das Beſte enthalten, ſich ſelber Geſetze giebt. Dar-
um iſt in dieſem hoͤheren Sinne ſowohl das Koͤnigthum
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