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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Einleitung.
wart, welche keine Fähigkeit zu seyn besitzt. Die Politik
muß, um lehrreich zu seyn, ihre Aufgaben nicht wählen,
sondern empfangen, wie sie im Drange von Raum und
Zeit hervorgehen aus jener tiefen Verschlingung der gesun-
den Kräfte der Menschheit mit allem dem krankhaften We-
sen, welches in der physischen Welt Übel, in der morali-
schen Böses heißet. Die Politik ist Gesundheitslehre, nicht
weil sie Gesundheit geben, sondern weil sie die Ursachen
der Krankheit entdecken und oft vermindern kann.

13. Darum mag auch selbst die Erklärung, was der
Staat bedeute, in den Fluß der Zeit hingestellt seyn. Der
Staat kann erscheinen lediglich unter dem Charakter eines
äußerlich unabhängigen Menschen-Vereins, der nicht ein-
mahl vollständige Familien zu besitzen braucht 1), geschweige
festen, oder überhaupt nur eigenen Boden, der aber doch
immer, um ein Verein (nicht mehrere) zu seyn, eine
Anzahl gemeinsamer Obliegenheiten, durch eine Regie-
rung gewahrt, enthalten muß. Er kann aber auch, wenn
alle Bedingungen als günstig angenommen werden, sich
gestalten als: ein unabhängiger Verein von körperlich und
geistig gleichartigen unter demselben Gesetze lebenden Fami-
lien, welcher, nachdem er fortwachsend einen für eine dichte
Bevölkerung ausreichenden Boden und starke anerkannte
Grundlagen seines äußern Lebens gewonnen hat, und nun
ausgewachsen ist, auch seinen innern Frieden findet, indem
die wachsende Vielgestaltigkeit seines Gemeinwesens der
Regierungs-Einheit nie entbehrt, und was nützlich, was
wahr und schön und heilig unter den Menschen ist, zu einer
diesem Volk eigenthümlichen, und mit bewußtem Fortschrei-
ten jede Volks-Classe fortbildenden Darstellung kommt. --
Denn zur Darstellung des weltlich Guten gehört auch das

Einleitung.
wart, welche keine Faͤhigkeit zu ſeyn beſitzt. Die Politik
muß, um lehrreich zu ſeyn, ihre Aufgaben nicht waͤhlen,
ſondern empfangen, wie ſie im Drange von Raum und
Zeit hervorgehen aus jener tiefen Verſchlingung der geſun-
den Kraͤfte der Menſchheit mit allem dem krankhaften We-
ſen, welches in der phyſiſchen Welt Übel, in der morali-
ſchen Boͤſes heißet. Die Politik iſt Geſundheitslehre, nicht
weil ſie Geſundheit geben, ſondern weil ſie die Urſachen
der Krankheit entdecken und oft vermindern kann.

13. Darum mag auch ſelbſt die Erklaͤrung, was der
Staat bedeute, in den Fluß der Zeit hingeſtellt ſeyn. Der
Staat kann erſcheinen lediglich unter dem Charakter eines
aͤußerlich unabhaͤngigen Menſchen-Vereins, der nicht ein-
mahl vollſtaͤndige Familien zu beſitzen braucht 1), geſchweige
feſten, oder uͤberhaupt nur eigenen Boden, der aber doch
immer, um ein Verein (nicht mehrere) zu ſeyn, eine
Anzahl gemeinſamer Obliegenheiten, durch eine Regie-
rung gewahrt, enthalten muß. Er kann aber auch, wenn
alle Bedingungen als guͤnſtig angenommen werden, ſich
geſtalten als: ein unabhaͤngiger Verein von koͤrperlich und
geiſtig gleichartigen unter demſelben Geſetze lebenden Fami-
lien, welcher, nachdem er fortwachſend einen fuͤr eine dichte
Bevoͤlkerung ausreichenden Boden und ſtarke anerkannte
Grundlagen ſeines aͤußern Lebens gewonnen hat, und nun
ausgewachſen iſt, auch ſeinen innern Frieden findet, indem
die wachſende Vielgeſtaltigkeit ſeines Gemeinweſens der
Regierungs-Einheit nie entbehrt, und was nuͤtzlich, was
wahr und ſchoͤn und heilig unter den Menſchen iſt, zu einer
dieſem Volk eigenthuͤmlichen, und mit bewußtem Fortſchrei-
ten jede Volks-Claſſe fortbildenden Darſtellung kommt. —
Denn zur Darſtellung des weltlich Guten gehoͤrt auch das

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[8/0020] Einleitung. wart, welche keine Faͤhigkeit zu ſeyn beſitzt. Die Politik muß, um lehrreich zu ſeyn, ihre Aufgaben nicht waͤhlen, ſondern empfangen, wie ſie im Drange von Raum und Zeit hervorgehen aus jener tiefen Verſchlingung der geſun- den Kraͤfte der Menſchheit mit allem dem krankhaften We- ſen, welches in der phyſiſchen Welt Übel, in der morali- ſchen Boͤſes heißet. Die Politik iſt Geſundheitslehre, nicht weil ſie Geſundheit geben, ſondern weil ſie die Urſachen der Krankheit entdecken und oft vermindern kann. 13. Darum mag auch ſelbſt die Erklaͤrung, was der Staat bedeute, in den Fluß der Zeit hingeſtellt ſeyn. Der Staat kann erſcheinen lediglich unter dem Charakter eines aͤußerlich unabhaͤngigen Menſchen-Vereins, der nicht ein- mahl vollſtaͤndige Familien zu beſitzen braucht 1), geſchweige feſten, oder uͤberhaupt nur eigenen Boden, der aber doch immer, um ein Verein (nicht mehrere) zu ſeyn, eine Anzahl gemeinſamer Obliegenheiten, durch eine Regie- rung gewahrt, enthalten muß. Er kann aber auch, wenn alle Bedingungen als guͤnſtig angenommen werden, ſich geſtalten als: ein unabhaͤngiger Verein von koͤrperlich und geiſtig gleichartigen unter demſelben Geſetze lebenden Fami- lien, welcher, nachdem er fortwachſend einen fuͤr eine dichte Bevoͤlkerung ausreichenden Boden und ſtarke anerkannte Grundlagen ſeines aͤußern Lebens gewonnen hat, und nun ausgewachſen iſt, auch ſeinen innern Frieden findet, indem die wachſende Vielgeſtaltigkeit ſeines Gemeinweſens der Regierungs-Einheit nie entbehrt, und was nuͤtzlich, was wahr und ſchoͤn und heilig unter den Menſchen iſt, zu einer dieſem Volk eigenthuͤmlichen, und mit bewußtem Fortſchrei- ten jede Volks-Claſſe fortbildenden Darſtellung kommt. — Denn zur Darſtellung des weltlich Guten gehoͤrt auch das

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/20>, abgerufen am 27.11.2024.