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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Fünftes Capitel.
Ständen können Beschwerdeführungen über die Minister
an den Thron bringen. Durch das Alles knüpft sich an
das Amt der höchsten Unterthanen-Macht Mühsal und
mannigfacher Wechsel; Mistrauen im Volk, Misfallen des
Königs, innere Uneinigkeit können ein Ministerium stürzen,
ohne daß von einer peinlichen Anklage derselben durch
Unterthanen und ihrer Verurtheilung die Rede ist. Sollen
die Minister als solche angeklagt werden dürfen, so darf
doch weder jeder aus dem Volk Ankläger seyn, noch
jedes Gericht die Anklage annehmen. Dreierlei ist noth:
ein Gerichtshof, eine Vorschrift über die Procedur, und
die allgemeine Verzichtleistung des Königs auf Begnadi-
gung, und wo Abolition stattfindet, auch auf Abolition
für diesen Fall.

133. Die Amtsthätigkeit der Minister geht den gan-
zen Staat an; während untergeordnete Beamte nur ein-
zelne Theile ergreifen und verletzen können, und in der
Hauptrichtung Diener eines fremden Willens sind. Kein
Wunder daher, daß man die Minister als in höherem
Grade juristisch verantwortlich betrachtet; verantwortlich
nicht bloß für die Gesetzlichkeit, sondern auch für die
Zweckmäßigkeit ihrer Handlungen. Dennoch hat es lange
gedauert, ehe man selbst in England den rechten Weg zur
Ausführung fand. Als König Eduard III. seine eigenen
Minister durch Anklage vor dem Schatzkammergericht ver-
derben wollte (1341.), brachte ihn der Widerstand des
Parlaments zu dem Zugeständniß, daß ein Pär, auch
wenn er Minister, nicht anders als im vollen Parlament
und von seinen Standesgenossen, gerichtet werden dürfe 1).
Das Haus der Gemeinen gewann mit der Zeit das Recht
der Minister-Anklage, das Haus der Pärs, als höchster

Fuͤnftes Capitel.
Staͤnden koͤnnen Beſchwerdefuͤhrungen uͤber die Miniſter
an den Thron bringen. Durch das Alles knuͤpft ſich an
das Amt der hoͤchſten Unterthanen-Macht Muͤhſal und
mannigfacher Wechſel; Mistrauen im Volk, Misfallen des
Koͤnigs, innere Uneinigkeit koͤnnen ein Miniſterium ſtuͤrzen,
ohne daß von einer peinlichen Anklage derſelben durch
Unterthanen und ihrer Verurtheilung die Rede iſt. Sollen
die Miniſter als ſolche angeklagt werden duͤrfen, ſo darf
doch weder jeder aus dem Volk Anklaͤger ſeyn, noch
jedes Gericht die Anklage annehmen. Dreierlei iſt noth:
ein Gerichtshof, eine Vorſchrift uͤber die Procedur, und
die allgemeine Verzichtleiſtung des Koͤnigs auf Begnadi-
gung, und wo Abolition ſtattfindet, auch auf Abolition
fuͤr dieſen Fall.

133. Die Amtsthaͤtigkeit der Miniſter geht den gan-
zen Staat an; waͤhrend untergeordnete Beamte nur ein-
zelne Theile ergreifen und verletzen koͤnnen, und in der
Hauptrichtung Diener eines fremden Willens ſind. Kein
Wunder daher, daß man die Miniſter als in hoͤherem
Grade juriſtiſch verantwortlich betrachtet; verantwortlich
nicht bloß fuͤr die Geſetzlichkeit, ſondern auch fuͤr die
Zweckmaͤßigkeit ihrer Handlungen. Dennoch hat es lange
gedauert, ehe man ſelbſt in England den rechten Weg zur
Ausfuͤhrung fand. Als Koͤnig Eduard III. ſeine eigenen
Miniſter durch Anklage vor dem Schatzkammergericht ver-
derben wollte (1341.), brachte ihn der Widerſtand des
Parlaments zu dem Zugeſtaͤndniß, daß ein Paͤr, auch
wenn er Miniſter, nicht anders als im vollen Parlament
und von ſeinen Standesgenoſſen, gerichtet werden duͤrfe 1).
Das Haus der Gemeinen gewann mit der Zeit das Recht
der Miniſter-Anklage, das Haus der Paͤrs, als hoͤchſter

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[100/0112] Fuͤnftes Capitel. Staͤnden koͤnnen Beſchwerdefuͤhrungen uͤber die Miniſter an den Thron bringen. Durch das Alles knuͤpft ſich an das Amt der hoͤchſten Unterthanen-Macht Muͤhſal und mannigfacher Wechſel; Mistrauen im Volk, Misfallen des Koͤnigs, innere Uneinigkeit koͤnnen ein Miniſterium ſtuͤrzen, ohne daß von einer peinlichen Anklage derſelben durch Unterthanen und ihrer Verurtheilung die Rede iſt. Sollen die Miniſter als ſolche angeklagt werden duͤrfen, ſo darf doch weder jeder aus dem Volk Anklaͤger ſeyn, noch jedes Gericht die Anklage annehmen. Dreierlei iſt noth: ein Gerichtshof, eine Vorſchrift uͤber die Procedur, und die allgemeine Verzichtleiſtung des Koͤnigs auf Begnadi- gung, und wo Abolition ſtattfindet, auch auf Abolition fuͤr dieſen Fall. 133. Die Amtsthaͤtigkeit der Miniſter geht den gan- zen Staat an; waͤhrend untergeordnete Beamte nur ein- zelne Theile ergreifen und verletzen koͤnnen, und in der Hauptrichtung Diener eines fremden Willens ſind. Kein Wunder daher, daß man die Miniſter als in hoͤherem Grade juriſtiſch verantwortlich betrachtet; verantwortlich nicht bloß fuͤr die Geſetzlichkeit, ſondern auch fuͤr die Zweckmaͤßigkeit ihrer Handlungen. Dennoch hat es lange gedauert, ehe man ſelbſt in England den rechten Weg zur Ausfuͤhrung fand. Als Koͤnig Eduard III. ſeine eigenen Miniſter durch Anklage vor dem Schatzkammergericht ver- derben wollte (1341.), brachte ihn der Widerſtand des Parlaments zu dem Zugeſtaͤndniß, daß ein Paͤr, auch wenn er Miniſter, nicht anders als im vollen Parlament und von ſeinen Standesgenoſſen, gerichtet werden duͤrfe 1). Das Haus der Gemeinen gewann mit der Zeit das Recht der Miniſter-Anklage, das Haus der Paͤrs, als hoͤchſter

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/112>, abgerufen am 24.11.2024.