Ausnahmen herabgewürdigt, und nun gab es bald keinen Halt mehr. Der Kriegsminister hatte verkündigt, aller Stellenverkauf im Heere solle aufhören, für die eingezahl- ten Summen werde Entschädigung erfolgen; das aber hielt den König nicht ab, auf einen Schlag hundert Ka- pitäne für Geld zu machen. Als St. Germain nun vol- lends Lust bezeigte die Stockschläge im Heere einzuführen und Hiebe mit der flachen Klinge wirklich in Ausführung brachte; als er unbedachter Weise das Ehrendenkmal Lud- wigs XIV., das pariser Invalidenhaus antastete, da ver- lor er auch in den unteren Ordnungen der Krieger seine frühere Geltung. Auch seine umständlichen Andachts- übungen in alter Jesuitenweise, seine Seminarien für Feldpriester entsprachen der Zeitrichtung nicht. Schließlich 1777. Sept.schüttelte man ihn ganz ab, er aber, der, je schlechtere Geschäfte er machte, sich um so fester an sein Ministerium + 1778. Jan. 15.klammerte, starb an seiner Ungnade nach wenig Monaten.
So feierte die Hofpartei nach allen Seiten Triumphe. Malesherbes erzählte manchmal von diesen Dingen im vertrauten Kreise: "Wir hatten für uns den König, Turgot und mich, allein der Hof war uns entgegen, und die Höf- linge sind weit mächtiger als die Könige."
Ausnahmen herabgewürdigt, und nun gab es bald keinen Halt mehr. Der Kriegsminiſter hatte verkündigt, aller Stellenverkauf im Heere ſolle aufhören, für die eingezahl- ten Summen werde Entſchädigung erfolgen; das aber hielt den König nicht ab, auf einen Schlag hundert Ka- pitäne für Geld zu machen. Als St. Germain nun vol- lends Luſt bezeigte die Stockſchläge im Heere einzuführen und Hiebe mit der flachen Klinge wirklich in Ausführung brachte; als er unbedachter Weiſe das Ehrendenkmal Lud- wigs XIV., das pariſer Invalidenhaus antaſtete, da ver- lor er auch in den unteren Ordnungen der Krieger ſeine frühere Geltung. Auch ſeine umſtändlichen Andachts- übungen in alter Jeſuitenweiſe, ſeine Seminarien für Feldprieſter entſprachen der Zeitrichtung nicht. Schließlich 1777. Sept.ſchüttelte man ihn ganz ab, er aber, der, je ſchlechtere Geſchäfte er machte, ſich um ſo feſter an ſein Miniſterium † 1778. Jan. 15.klammerte, ſtarb an ſeiner Ungnade nach wenig Monaten.
So feierte die Hofpartei nach allen Seiten Triumphe. Malesherbes erzählte manchmal von dieſen Dingen im vertrauten Kreiſe: „Wir hatten für uns den König, Turgot und mich, allein der Hof war uns entgegen, und die Höf- linge ſind weit mächtiger als die Könige.“
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Ausnahmen herabgewürdigt, und nun gab es bald keinen
Halt mehr. Der Kriegsminiſter hatte verkündigt, aller
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ten Summen werde Entſchädigung erfolgen; das aber
hielt den König nicht ab, auf einen Schlag hundert Ka-
pitäne für Geld zu machen. Als St. Germain nun vol-
lends Luſt bezeigte die Stockſchläge im Heere einzuführen
und Hiebe mit der flachen Klinge wirklich in Ausführung
brachte; als er unbedachter Weiſe das Ehrendenkmal Lud-
wigs XIV., das pariſer Invalidenhaus antaſtete, da ver-
lor er auch in den unteren Ordnungen der Krieger ſeine
frühere Geltung. Auch ſeine umſtändlichen Andachts-
übungen in alter Jeſuitenweiſe, ſeine Seminarien für
Feldprieſter entſprachen der Zeitrichtung nicht. Schließlich
ſchüttelte man ihn ganz ab, er aber, der, je ſchlechtere
Geſchäfte er machte, ſich um ſo feſter an ſein Miniſterium
klammerte, ſtarb an ſeiner Ungnade nach wenig Monaten.
1777.
Sept.
† 1778.
Jan. 15.
So feierte die Hofpartei nach allen Seiten Triumphe.
Malesherbes erzählte manchmal von dieſen Dingen im
vertrauten Kreiſe: „Wir hatten für uns den König, Turgot
und mich, allein der Hof war uns entgegen, und die Höf-
linge ſind weit mächtiger als die Könige.“
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/72>, abgerufen am 26.11.2024.
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