und die nächsten Departements für die Erhaltung der mit Füßen getretenen Constitution, des Gegenstandes seiner ehrlichen Begeisterung, zu gewinnen? Die Nationalver- sammlung schickte drei Commissäre ab, um die neuen Be- schlüsse zu verbreiten und neue Eide den Heeren abzuneh- men. Diese ließ Lafayette zu Sedan durch die Obrigkeit verhaften, als gesendet von einer Versammlung, welche bei Fassung jener Beschlüsse sich im unfreien Zustande be- funden habe. Das hieß ein großes Werk beginnen, dessen Durchführung geradezu unmöglich war. Alle Ehre dem reinen Willen, allein dem ist so. Will Lafayette, welcher weiß daß sein Heer ihn liebt, dieses zu dem Feinde hin- überführen, um dann vereint mit den Auswärtigen und den Ausgewanderten die Königsmacht wieder herzustellen? Unmöglich für ihn, hochgesinnt wie er ist, das zu wollen, eben so unmöglich daß er sein Heer dazu vermöge. Will er denn sich mit dem Heere gegen die Hauptstadt wenden, dort der Verfassung den Sieg erzwingen und dann zurück gegen den auswärtigen Feind? Dahin hätte ein Mann wie Lafayette sich wohl geneigt. Aber wird sich nicht durch die gerissene Lücke der Feind den Weg ins Vaterland bah- nen, die zwieträchtige Revolution besiegen? Ist er auch der übrigen Oberfeldherrn irgend gewiß? Wird die An- hänglichkeit seines Heeres, welches die höchste Gewalt in der Nationalversammlung zu ehren gewohnt ist, so weit reichen? Die Nationalversammlung war unermüd- lich, schickte neue Commissäre, neue Befehle, die Vorge-
und die nächſten Departements für die Erhaltung der mit Füßen getretenen Conſtitution, des Gegenſtandes ſeiner ehrlichen Begeiſterung, zu gewinnen? Die Nationalver- ſammlung ſchickte drei Commiſſäre ab, um die neuen Be- ſchlüſſe zu verbreiten und neue Eide den Heeren abzuneh- men. Dieſe ließ Lafayette zu Sédan durch die Obrigkeit verhaften, als geſendet von einer Verſammlung, welche bei Faſſung jener Beſchlüſſe ſich im unfreien Zuſtande be- funden habe. Das hieß ein großes Werk beginnen, deſſen Durchführung geradezu unmöglich war. Alle Ehre dem reinen Willen, allein dem iſt ſo. Will Lafayette, welcher weiß daß ſein Heer ihn liebt, dieſes zu dem Feinde hin- überführen, um dann vereint mit den Auswärtigen und den Ausgewanderten die Königsmacht wieder herzuſtellen? Unmöglich für ihn, hochgeſinnt wie er iſt, das zu wollen, eben ſo unmöglich daß er ſein Heer dazu vermöge. Will er denn ſich mit dem Heere gegen die Hauptſtadt wenden, dort der Verfaſſung den Sieg erzwingen und dann zurück gegen den auswärtigen Feind? Dahin hätte ein Mann wie Lafayette ſich wohl geneigt. Aber wird ſich nicht durch die geriſſene Lücke der Feind den Weg ins Vaterland bah- nen, die zwieträchtige Revolution beſiegen? Iſt er auch der übrigen Oberfeldherrn irgend gewiß? Wird die An- hänglichkeit ſeines Heeres, welches die höchſte Gewalt in der Nationalverſammlung zu ehren gewohnt iſt, ſo weit reichen? Die Nationalverſammlung war unermüd- lich, ſchickte neue Commiſſäre, neue Befehle, die Vorge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0462"n="452"/>
und die nächſten Departements für die Erhaltung der mit<lb/>
Füßen getretenen Conſtitution, des Gegenſtandes ſeiner<lb/>
ehrlichen Begeiſterung, zu gewinnen? Die Nationalver-<lb/>ſammlung ſchickte drei Commiſſäre ab, um die neuen Be-<lb/>ſchlüſſe zu verbreiten und neue Eide den Heeren abzuneh-<lb/>
men. Dieſe ließ Lafayette zu Sédan durch die Obrigkeit<lb/>
verhaften, als geſendet von einer Verſammlung, welche<lb/>
bei Faſſung jener Beſchlüſſe ſich im unfreien Zuſtande be-<lb/>
funden habe. Das hieß ein großes Werk beginnen, deſſen<lb/>
Durchführung geradezu unmöglich war. Alle Ehre dem<lb/>
reinen Willen, allein dem iſt ſo. Will Lafayette, welcher<lb/>
weiß daß ſein Heer ihn liebt, dieſes zu dem Feinde hin-<lb/>
überführen, um dann vereint mit den Auswärtigen und<lb/>
den Ausgewanderten die Königsmacht wieder herzuſtellen?<lb/>
Unmöglich für ihn, hochgeſinnt wie er iſt, das zu wollen,<lb/>
eben ſo unmöglich daß er ſein Heer dazu vermöge. Will<lb/>
er denn ſich mit dem Heere gegen die Hauptſtadt wenden,<lb/>
dort der Verfaſſung den Sieg erzwingen und dann zurück<lb/>
gegen den auswärtigen Feind? Dahin hätte ein Mann<lb/>
wie Lafayette ſich wohl geneigt. Aber wird ſich nicht durch<lb/>
die geriſſene Lücke der Feind den Weg ins Vaterland bah-<lb/>
nen, die zwieträchtige Revolution beſiegen? Iſt er auch<lb/>
der übrigen Oberfeldherrn irgend gewiß? Wird die An-<lb/>
hänglichkeit ſeines Heeres, welches die höchſte Gewalt<lb/>
in der Nationalverſammlung zu ehren gewohnt iſt, ſo<lb/>
weit reichen? Die Nationalverſammlung war unermüd-<lb/>
lich, ſchickte neue Commiſſäre, neue Befehle, die Vorge-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[452/0462]
und die nächſten Departements für die Erhaltung der mit
Füßen getretenen Conſtitution, des Gegenſtandes ſeiner
ehrlichen Begeiſterung, zu gewinnen? Die Nationalver-
ſammlung ſchickte drei Commiſſäre ab, um die neuen Be-
ſchlüſſe zu verbreiten und neue Eide den Heeren abzuneh-
men. Dieſe ließ Lafayette zu Sédan durch die Obrigkeit
verhaften, als geſendet von einer Verſammlung, welche
bei Faſſung jener Beſchlüſſe ſich im unfreien Zuſtande be-
funden habe. Das hieß ein großes Werk beginnen, deſſen
Durchführung geradezu unmöglich war. Alle Ehre dem
reinen Willen, allein dem iſt ſo. Will Lafayette, welcher
weiß daß ſein Heer ihn liebt, dieſes zu dem Feinde hin-
überführen, um dann vereint mit den Auswärtigen und
den Ausgewanderten die Königsmacht wieder herzuſtellen?
Unmöglich für ihn, hochgeſinnt wie er iſt, das zu wollen,
eben ſo unmöglich daß er ſein Heer dazu vermöge. Will
er denn ſich mit dem Heere gegen die Hauptſtadt wenden,
dort der Verfaſſung den Sieg erzwingen und dann zurück
gegen den auswärtigen Feind? Dahin hätte ein Mann
wie Lafayette ſich wohl geneigt. Aber wird ſich nicht durch
die geriſſene Lücke der Feind den Weg ins Vaterland bah-
nen, die zwieträchtige Revolution beſiegen? Iſt er auch
der übrigen Oberfeldherrn irgend gewiß? Wird die An-
hänglichkeit ſeines Heeres, welches die höchſte Gewalt
in der Nationalverſammlung zu ehren gewohnt iſt, ſo
weit reichen? Die Nationalverſammlung war unermüd-
lich, ſchickte neue Commiſſäre, neue Befehle, die Vorge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/462>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.