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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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Inzwischen war für den französischen Boden nichts zu
besorgen, solange Preußen zauderte, und man sprach in
der Hauptstadt vornämlich von der Nothwendigkeit, sich
vor den inneren Feinden bei Zeiten sicher zu stellen. Unter
diesen verstand das Volk die Hofpartei (auch Königin oder
österreichisches Comite genannt) und die eidweigernden
Priester. Gegen letztere schleuderte die Nationalversamm-
Mai 25.lung ein Decret, welches jeden von ihnen zur Deportation
verurtheilte, sobald zwanzig Einwohner seines Aufent-
haltsortes darauf antragen würden. Aber der Haß, ja
die Wuth des gemeinen Mannes gegen die Königin stei-
gerte sich mit jedem Tage und hatte insofern Grund, als
sie in den Heeren des Auslands ihre Befreier erblickte und
mit dem Wiener Hofe beständigen geheimen Verkehr un-
terhielt. Jede Vermuthung dieser Art ward zur Gewißheit
ausgeprägt und mit der schreiendsten Farbe des Verraths
bemalt. Allein es ward auch für eine Gegenmine gesorgt,
um bei der Annäherung des Feindes so verderbliche Plane
in die Luft zu sprengen. Unter dem Vorwande der Wie-
derbegehung des Bastillefestes will man 20,000 auserle-
sene Nationalgarden aus den Departements nach Paris
bringen und hierauf in einem Lager bei Soissons fest-
halten, mit der Bestimmung, nöthigenfalls zum Schutze
der Hauptstadt verwandt zu werden. Dieser Entwurf ging
sogar von einem der königlichen Minister aus, dem Kriegs-
minister Servan, der in Einverständniß mit Roland und
Claviere, ohne dem Könige und den übrigen Ministern

Inzwiſchen war für den franzöſiſchen Boden nichts zu
beſorgen, ſolange Preußen zauderte, und man ſprach in
der Hauptſtadt vornämlich von der Nothwendigkeit, ſich
vor den inneren Feinden bei Zeiten ſicher zu ſtellen. Unter
dieſen verſtand das Volk die Hofpartei (auch Königin oder
öſterreichiſches Comité genannt) und die eidweigernden
Prieſter. Gegen letztere ſchleuderte die Nationalverſamm-
Mai 25.lung ein Decret, welches jeden von ihnen zur Deportation
verurtheilte, ſobald zwanzig Einwohner ſeines Aufent-
haltsortes darauf antragen würden. Aber der Haß, ja
die Wuth des gemeinen Mannes gegen die Königin ſtei-
gerte ſich mit jedem Tage und hatte inſofern Grund, als
ſie in den Heeren des Auslands ihre Befreier erblickte und
mit dem Wiener Hofe beſtändigen geheimen Verkehr un-
terhielt. Jede Vermuthung dieſer Art ward zur Gewißheit
ausgeprägt und mit der ſchreiendſten Farbe des Verraths
bemalt. Allein es ward auch für eine Gegenmine geſorgt,
um bei der Annäherung des Feindes ſo verderbliche Plane
in die Luft zu ſprengen. Unter dem Vorwande der Wie-
derbegehung des Baſtillefeſtes will man 20,000 auserle-
ſene Nationalgarden aus den Departements nach Paris
bringen und hierauf in einem Lager bei Soiſſons feſt-
halten, mit der Beſtimmung, nöthigenfalls zum Schutze
der Hauptſtadt verwandt zu werden. Dieſer Entwurf ging
ſogar von einem der königlichen Miniſter aus, dem Kriegs-
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[436/0446] Inzwiſchen war für den franzöſiſchen Boden nichts zu beſorgen, ſolange Preußen zauderte, und man ſprach in der Hauptſtadt vornämlich von der Nothwendigkeit, ſich vor den inneren Feinden bei Zeiten ſicher zu ſtellen. Unter dieſen verſtand das Volk die Hofpartei (auch Königin oder öſterreichiſches Comité genannt) und die eidweigernden Prieſter. Gegen letztere ſchleuderte die Nationalverſamm- lung ein Decret, welches jeden von ihnen zur Deportation verurtheilte, ſobald zwanzig Einwohner ſeines Aufent- haltsortes darauf antragen würden. Aber der Haß, ja die Wuth des gemeinen Mannes gegen die Königin ſtei- gerte ſich mit jedem Tage und hatte inſofern Grund, als ſie in den Heeren des Auslands ihre Befreier erblickte und mit dem Wiener Hofe beſtändigen geheimen Verkehr un- terhielt. Jede Vermuthung dieſer Art ward zur Gewißheit ausgeprägt und mit der ſchreiendſten Farbe des Verraths bemalt. Allein es ward auch für eine Gegenmine geſorgt, um bei der Annäherung des Feindes ſo verderbliche Plane in die Luft zu ſprengen. Unter dem Vorwande der Wie- derbegehung des Baſtillefeſtes will man 20,000 auserle- ſene Nationalgarden aus den Departements nach Paris bringen und hierauf in einem Lager bei Soiſſons feſt- halten, mit der Beſtimmung, nöthigenfalls zum Schutze der Hauptſtadt verwandt zu werden. Dieſer Entwurf ging ſogar von einem der königlichen Miniſter aus, dem Kriegs- miniſter Servan, der in Einverſtändniß mit Roland und Clavière, ohne dem Könige und den übrigen Miniſtern Mai 25.

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/446>, abgerufen am 23.12.2024.