gewährte selbst keine, und auch sein Bruder, der Kurfürst von Cöln, ließ sich nicht hinreißen. In dem Kaiser kämpfte die Entrüstung gegen die französische Revolution mit seinen fried- fertigen Neigungen und der Zorn trug manchmal den Sieg davon. Er besprach sich mit dem Grafen von Artois, führte durch seinen Gesandten den Grafen Mercy mit seiner Schwe- ster der Königin einen langen geheimen Briefwechsel, der ihn darüber ins Klare setzte daß sie die Emigranten fast eben so sehr als die Jacobiner verabscheue und von der völligen Unfähigkeit ihres wankelmüthigen Gemahls, die Regierung zu führen, schmerzlich durchdrungen sey. Daneben unter- handelte er mit Preußen und Spanien, und traf mit dem preußischen Könige in Pillnitz zusammen. Der König fand, als er am 25sten August 1791 in diesem kursächsischen Lust- schlosse erschien, den Kaiser schon vor. Beide Monarchen brachten ihre Kronprinzen mit. Am Abend beim Souper ward plötzlich der Graf von Artois angesagt, der mit dem Herrn von Calonne und Bouille und Polignac so eben angekommen. Der Kaiser verhehlte dem Könige nicht daß er den Krieg nicht wünsche, daß auch sein alter Lascy, den er mitgebracht, ganz dagegen sey, daß er für seine Nieder- lande fürchte, und allenthalben wo die Franzosen, deren Hülfsquellen groß, einrückten, die Verbreitung französi- scher Grundsätze vor Augen sehe. Beide Monarchen ver- einigten sich zu der Erklärung, daß sie in Gemäßheit derAug. 27. von Monsieur und dem Grafen von Artois ausgesproche- nen Vorstellungen und Wünsche die Lage, in welcher der
Französische Revolution. 27
gewährte ſelbſt keine, und auch ſein Bruder, der Kurfürſt von Cöln, ließ ſich nicht hinreißen. In dem Kaiſer kämpfte die Entrüſtung gegen die franzöſiſche Revolution mit ſeinen fried- fertigen Neigungen und der Zorn trug manchmal den Sieg davon. Er beſprach ſich mit dem Grafen von Artois, führte durch ſeinen Geſandten den Grafen Mercy mit ſeiner Schwe- ſter der Königin einen langen geheimen Briefwechſel, der ihn darüber ins Klare ſetzte daß ſie die Emigranten faſt eben ſo ſehr als die Jacobiner verabſcheue und von der völligen Unfähigkeit ihres wankelmüthigen Gemahls, die Regierung zu führen, ſchmerzlich durchdrungen ſey. Daneben unter- handelte er mit Preußen und Spanien, und traf mit dem preußiſchen Könige in Pillnitz zuſammen. Der König fand, als er am 25ſten Auguſt 1791 in dieſem kurſächſiſchen Luſt- ſchloſſe erſchien, den Kaiſer ſchon vor. Beide Monarchen brachten ihre Kronprinzen mit. Am Abend beim Souper ward plötzlich der Graf von Artois angeſagt, der mit dem Herrn von Calonne und Bouillé und Polignac ſo eben angekommen. Der Kaiſer verhehlte dem Könige nicht daß er den Krieg nicht wünſche, daß auch ſein alter Lascy, den er mitgebracht, ganz dagegen ſey, daß er für ſeine Nieder- lande fürchte, und allenthalben wo die Franzoſen, deren Hülfsquellen groß, einrückten, die Verbreitung franzöſi- ſcher Grundſätze vor Augen ſehe. Beide Monarchen ver- einigten ſich zu der Erklärung, daß ſie in Gemäßheit derAug. 27. von Monſieur und dem Grafen von Artois ausgeſproche- nen Vorſtellungen und Wünſche die Lage, in welcher der
Franzöſiſche Revolution. 27
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0427"n="417"/>
gewährte ſelbſt keine, und auch ſein Bruder, der Kurfürſt von<lb/>
Cöln, ließ ſich nicht hinreißen. In dem Kaiſer kämpfte die<lb/>
Entrüſtung gegen die franzöſiſche Revolution mit ſeinen fried-<lb/>
fertigen Neigungen und der Zorn trug manchmal den Sieg<lb/>
davon. Er beſprach ſich mit dem Grafen von Artois, führte<lb/>
durch ſeinen Geſandten den Grafen Mercy mit ſeiner Schwe-<lb/>ſter der Königin einen langen geheimen Briefwechſel, der ihn<lb/>
darüber ins Klare ſetzte daß ſie die Emigranten faſt eben<lb/>ſo ſehr als die Jacobiner verabſcheue und von der völligen<lb/>
Unfähigkeit ihres wankelmüthigen Gemahls, die Regierung<lb/>
zu führen, ſchmerzlich durchdrungen ſey. Daneben unter-<lb/>
handelte er mit Preußen und Spanien, und traf mit dem<lb/>
preußiſchen Könige in Pillnitz zuſammen. Der König fand,<lb/>
als er am 25ſten Auguſt 1791 in dieſem kurſächſiſchen Luſt-<lb/>ſchloſſe erſchien, den Kaiſer ſchon vor. Beide Monarchen<lb/>
brachten ihre Kronprinzen mit. Am Abend beim Souper<lb/>
ward plötzlich der Graf von Artois angeſagt, der mit dem<lb/>
Herrn von Calonne und Bouillé und Polignac ſo eben<lb/>
angekommen. Der Kaiſer verhehlte dem Könige nicht daß<lb/>
er den Krieg nicht wünſche, daß auch ſein alter Lascy, den<lb/>
er mitgebracht, ganz dagegen ſey, daß er für ſeine Nieder-<lb/>
lande fürchte, und allenthalben wo die Franzoſen, deren<lb/>
Hülfsquellen groß, einrückten, die Verbreitung franzöſi-<lb/>ſcher Grundſätze vor Augen ſehe. Beide Monarchen ver-<lb/>
einigten ſich zu der Erklärung, daß ſie in Gemäßheit der<noteplace="right">Aug. 27.</note><lb/>
von Monſieur und dem Grafen von Artois ausgeſproche-<lb/>
nen Vorſtellungen und Wünſche die Lage, in welcher der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Franzöſiſche Revolution. 27</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[417/0427]
gewährte ſelbſt keine, und auch ſein Bruder, der Kurfürſt von
Cöln, ließ ſich nicht hinreißen. In dem Kaiſer kämpfte die
Entrüſtung gegen die franzöſiſche Revolution mit ſeinen fried-
fertigen Neigungen und der Zorn trug manchmal den Sieg
davon. Er beſprach ſich mit dem Grafen von Artois, führte
durch ſeinen Geſandten den Grafen Mercy mit ſeiner Schwe-
ſter der Königin einen langen geheimen Briefwechſel, der ihn
darüber ins Klare ſetzte daß ſie die Emigranten faſt eben
ſo ſehr als die Jacobiner verabſcheue und von der völligen
Unfähigkeit ihres wankelmüthigen Gemahls, die Regierung
zu führen, ſchmerzlich durchdrungen ſey. Daneben unter-
handelte er mit Preußen und Spanien, und traf mit dem
preußiſchen Könige in Pillnitz zuſammen. Der König fand,
als er am 25ſten Auguſt 1791 in dieſem kurſächſiſchen Luſt-
ſchloſſe erſchien, den Kaiſer ſchon vor. Beide Monarchen
brachten ihre Kronprinzen mit. Am Abend beim Souper
ward plötzlich der Graf von Artois angeſagt, der mit dem
Herrn von Calonne und Bouillé und Polignac ſo eben
angekommen. Der Kaiſer verhehlte dem Könige nicht daß
er den Krieg nicht wünſche, daß auch ſein alter Lascy, den
er mitgebracht, ganz dagegen ſey, daß er für ſeine Nieder-
lande fürchte, und allenthalben wo die Franzoſen, deren
Hülfsquellen groß, einrückten, die Verbreitung franzöſi-
ſcher Grundſätze vor Augen ſehe. Beide Monarchen ver-
einigten ſich zu der Erklärung, daß ſie in Gemäßheit der
von Monſieur und dem Grafen von Artois ausgeſproche-
nen Vorſtellungen und Wünſche die Lage, in welcher der
Aug. 27.
Franzöſiſche Revolution. 27
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/427>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.