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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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stitution in diesem Punct abändere, zumal die Versamm-
lung gewiß seyn kann, daß alle Theile von Frankreich sich
in der schon bekannten Verfassung am sichersten vereinigen
werden. Man muß endlich fertig werden; auch bleibt ja
der Nation immer noch offen, künftig einmal durch eine
constituirende Versammlung jene Änderung zu treffen. Das
Resultat ist: Sieyes hat in Verfolgung des Zieles gesell-
schaftlicher Freiheit die von Andern als ihr Äußerstes be-
wunderte Republik weit hinter sich zurückgelassen, und ist
bei der wahrhaften Monarchie angelangt. Er hat übri-
gens seine Untersuchungen über diesen Punct schon vor
Anfang der Revolution abgeschlossen. Dergestalt würde,
wir dürfen es nicht bezweifeln, in den Augen von Sieyes
ein gewählter Präsident einen Monarchen bedeuten, und
sicherlich auch einer, der für wenige Jahre gewählt ist;
denn warum sollte man die gesellschaftliche Freiheit mit
den Altersschwächen eines Individuums belasten?

Stand es nun so mit der monarchischen Theorie des
als Monarchist rings verschrieenen Mannes, so darf
man sich nicht wundern daß ein Jünger Payne's, Brissot,
der in Nordamerika das Gedeihen der Grundsätze bewun-
dert hatte, welche jener dort aussäen half, in seinem Jour-
nal und im Jacobinerclub ohne Scheu erklärte, er gehorche
zwar wie billig der einmal über Frankreich verhängten
Monarchie, allein sie höre darum nicht auf, die Geißel der
Menschheit zu seyn. Brissot war in etwas anständigeren
Formen der Nachtreter von Camille Desmoulins und Ma-

ſtitution in dieſem Punct abändere, zumal die Verſamm-
lung gewiß ſeyn kann, daß alle Theile von Frankreich ſich
in der ſchon bekannten Verfaſſung am ſicherſten vereinigen
werden. Man muß endlich fertig werden; auch bleibt ja
der Nation immer noch offen, künftig einmal durch eine
conſtituirende Verſammlung jene Änderung zu treffen. Das
Reſultat iſt: Sieyes hat in Verfolgung des Zieles geſell-
ſchaftlicher Freiheit die von Andern als ihr Äußerſtes be-
wunderte Republik weit hinter ſich zurückgelaſſen, und iſt
bei der wahrhaften Monarchie angelangt. Er hat übri-
gens ſeine Unterſuchungen über dieſen Punct ſchon vor
Anfang der Revolution abgeſchloſſen. Dergeſtalt würde,
wir dürfen es nicht bezweifeln, in den Augen von Sieyes
ein gewählter Präſident einen Monarchen bedeuten, und
ſicherlich auch einer, der für wenige Jahre gewählt iſt;
denn warum ſollte man die geſellſchaftliche Freiheit mit
den Altersſchwächen eines Individuums belaſten?

Stand es nun ſo mit der monarchiſchen Theorie des
als Monarchiſt rings verſchrieenen Mannes, ſo darf
man ſich nicht wundern daß ein Jünger Payne’s, Briſſot,
der in Nordamerika das Gedeihen der Grundſätze bewun-
dert hatte, welche jener dort ausſäen half, in ſeinem Jour-
nal und im Jacobinerclub ohne Scheu erklärte, er gehorche
zwar wie billig der einmal über Frankreich verhängten
Monarchie, allein ſie höre darum nicht auf, die Geißel der
Menſchheit zu ſeyn. Briſſot war in etwas anſtändigeren
Formen der Nachtreter von Camille Desmoulins und Ma-

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[386/0396] ſtitution in dieſem Punct abändere, zumal die Verſamm- lung gewiß ſeyn kann, daß alle Theile von Frankreich ſich in der ſchon bekannten Verfaſſung am ſicherſten vereinigen werden. Man muß endlich fertig werden; auch bleibt ja der Nation immer noch offen, künftig einmal durch eine conſtituirende Verſammlung jene Änderung zu treffen. Das Reſultat iſt: Sieyes hat in Verfolgung des Zieles geſell- ſchaftlicher Freiheit die von Andern als ihr Äußerſtes be- wunderte Republik weit hinter ſich zurückgelaſſen, und iſt bei der wahrhaften Monarchie angelangt. Er hat übri- gens ſeine Unterſuchungen über dieſen Punct ſchon vor Anfang der Revolution abgeſchloſſen. Dergeſtalt würde, wir dürfen es nicht bezweifeln, in den Augen von Sieyes ein gewählter Präſident einen Monarchen bedeuten, und ſicherlich auch einer, der für wenige Jahre gewählt iſt; denn warum ſollte man die geſellſchaftliche Freiheit mit den Altersſchwächen eines Individuums belaſten? Stand es nun ſo mit der monarchiſchen Theorie des als Monarchiſt rings verſchrieenen Mannes, ſo darf man ſich nicht wundern daß ein Jünger Payne’s, Briſſot, der in Nordamerika das Gedeihen der Grundſätze bewun- dert hatte, welche jener dort ausſäen half, in ſeinem Jour- nal und im Jacobinerclub ohne Scheu erklärte, er gehorche zwar wie billig der einmal über Frankreich verhängten Monarchie, allein ſie höre darum nicht auf, die Geißel der Menſchheit zu ſeyn. Briſſot war in etwas anſtändigeren Formen der Nachtreter von Camille Desmoulins und Ma-

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/396>, abgerufen am 23.12.2024.