sie den Satz aufstellte, die Unverletzlichkeit des Königs reiche gerade so weit als die Verantwortlichkeit seiner Mi- nister, keinen Zoll weiter; wo er von dieser ungedeckt bleibe, da sey er verwundbar; nun habe kein Minister um seine Reise gewußt, keiner seinen Protest unterzeich- net -- also! Barnave legte damals der Versammlung die ernste Frage vor: "Wollen wir die Revolution endigen? oder wollen wir sie wieder anfangen? -- Ich fürchte kei- neswegs die fremden Mächte, auch die Ausgewanderten nicht. Ach es ist nicht unsere Schwäche die ich fürchte, un- sere Stärke fürchte ich, unsere Stürme, die endlose Ver- längerung unseres Revolutionsfiebers. -- Bedenket wohl, was nach Euch geschehen wird. Ihr habt Alles zerstört was zu zerstören war. Ihr habt gethan was die Freiheit, was die Gleichheit forderte, keiner willkürlichen Gewalt ist geschont, keine Usurpation der Eigenliebe ist Euch ent- wischt, Ihr habt alle Menschen gleich gemacht, beides vor dem bürgerlichen und dem politischen Gesetze, Ihr habt dem Staate zurückgegeben Alles was ihm genommen war. Ein Schritt weiter und die Revolution stürzt sich in Ge- fahr; ein Schritt weiter auf der Bahn der Freiheit, und unser Erstes wäre die Vernichtung des Königthums; ein Schritt weiter auf der Bahn der Gleichheit, und unser Erstes wäre ein Angriff auf das Eigenthum." So Bar- nave und er gewann den Sieg. Nicht wenige aber die dem Königthum übel wollten, beriefen sich auf die große politische Autorität von Sieyes. Dieser brach hierauf sein
ſie den Satz aufſtellte, die Unverletzlichkeit des Königs reiche gerade ſo weit als die Verantwortlichkeit ſeiner Mi- niſter, keinen Zoll weiter; wo er von dieſer ungedeckt bleibe, da ſey er verwundbar; nun habe kein Miniſter um ſeine Reiſe gewußt, keiner ſeinen Proteſt unterzeich- net — alſo! Barnave legte damals der Verſammlung die ernſte Frage vor: „Wollen wir die Revolution endigen? oder wollen wir ſie wieder anfangen? — Ich fürchte kei- neswegs die fremden Mächte, auch die Ausgewanderten nicht. Ach es iſt nicht unſere Schwäche die ich fürchte, un- ſere Stärke fürchte ich, unſere Stürme, die endloſe Ver- längerung unſeres Revolutionsfiebers. — Bedenket wohl, was nach Euch geſchehen wird. Ihr habt Alles zerſtört was zu zerſtören war. Ihr habt gethan was die Freiheit, was die Gleichheit forderte, keiner willkürlichen Gewalt iſt geſchont, keine Uſurpation der Eigenliebe iſt Euch ent- wiſcht, Ihr habt alle Menſchen gleich gemacht, beides vor dem bürgerlichen und dem politiſchen Geſetze, Ihr habt dem Staate zurückgegeben Alles was ihm genommen war. Ein Schritt weiter und die Revolution ſtürzt ſich in Ge- fahr; ein Schritt weiter auf der Bahn der Freiheit, und unſer Erſtes wäre die Vernichtung des Königthums; ein Schritt weiter auf der Bahn der Gleichheit, und unſer Erſtes wäre ein Angriff auf das Eigenthum.“ So Bar- nave und er gewann den Sieg. Nicht wenige aber die dem Königthum übel wollten, beriefen ſich auf die große politiſche Autorität von Sieyes. Dieſer brach hierauf ſein
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ſie den Satz aufſtellte, die Unverletzlichkeit des Königs
reiche gerade ſo weit als die Verantwortlichkeit ſeiner Mi-
niſter, keinen Zoll weiter; wo er von dieſer ungedeckt
bleibe, da ſey er verwundbar; nun habe kein Miniſter
um ſeine Reiſe gewußt, keiner ſeinen Proteſt unterzeich-
net — alſo! Barnave legte damals der Verſammlung die
ernſte Frage vor: „Wollen wir die Revolution endigen?
oder wollen wir ſie wieder anfangen? — Ich fürchte kei-
neswegs die fremden Mächte, auch die Ausgewanderten
nicht. Ach es iſt nicht unſere Schwäche die ich fürchte, un-
ſere Stärke fürchte ich, unſere Stürme, die endloſe Ver-
längerung unſeres Revolutionsfiebers. — Bedenket wohl,
was nach Euch geſchehen wird. Ihr habt Alles zerſtört
was zu zerſtören war. Ihr habt gethan was die Freiheit,
was die Gleichheit forderte, keiner willkürlichen Gewalt
iſt geſchont, keine Uſurpation der Eigenliebe iſt Euch ent-
wiſcht, Ihr habt alle Menſchen gleich gemacht, beides vor
dem bürgerlichen und dem politiſchen Geſetze, Ihr habt
dem Staate zurückgegeben Alles was ihm genommen war.
Ein Schritt weiter und die Revolution ſtürzt ſich in Ge-
fahr; ein Schritt weiter auf der Bahn der Freiheit, und
unſer Erſtes wäre die Vernichtung des Königthums; ein
Schritt weiter auf der Bahn der Gleichheit, und unſer
Erſtes wäre ein Angriff auf das Eigenthum.“ So Bar-
nave und er gewann den Sieg. Nicht wenige aber die
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/393>, abgerufen am 23.12.2024.
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