aus. Als in späteren Jahren unter Betheiligung von1762. Malesherbes ein Abdruck von Rousseau's Emil in Paris gewagt ward, zog dieser dem Verfasser eine Verurtheilung durch das pariser Parlament und einen Verhaftsbefehl zu, welchem Rousseau sich durch die Flucht entzog. Als Präsi- dent der Obersteuerkammer suchte Malesherbes die bedräng- ten Steuerpflichtigen insoweit mindestens der Willkür der Generalpächter zu entziehen, daß sie mit Bestimmtheit er- führen, was sie zu zahlen hätten, die öffentlich ausliegen- den Steuerrollen einsehen dürften. Allein sein Bemühen scheiterte an dem Widerstande der Geldmänner und ihres Beschützers Terray, und von einem Könige, der insge- heim für eigene Rechnung Kornhandel trieb, war kein of- fenes Ohr für die Bedrängniß der kleinen Leute zu hoffen. Mit eben so wenigem Erfolg, aber nicht minder freimüthig erhob er an der Spitze seines Collegiums die Stimme für den Fortbestand der Parlamente und wagte an Reichs- stände zu erinnern. Der Ausgang war daß die Steuer- kammer das Schicksal der Parlamente theilte, Aufhebung, und Verweisung ihrer Mitglieder. Innerlich getrost zog sich Malesherbes in sein Familienleben und die menschen- freundliche Verwaltung seiner Güter zurück.
Unterdessen hatte Turgot in beschränkteren Verhältnissen große Dinge ausgerichtet. Zu Paris geboren, Sprößling1727. eines altadlichen Geschlechtes aus der Normandie, hatte er sich für den geistlichen Stand bestimmt und machte seine theologischen Studien in der Sorbonne durch. Hierauf
aus. Als in ſpäteren Jahren unter Betheiligung von1762. Malesherbes ein Abdruck von Rouſſeau’s Emil in Paris gewagt ward, zog dieſer dem Verfaſſer eine Verurtheilung durch das pariſer Parlament und einen Verhaftsbefehl zu, welchem Rouſſeau ſich durch die Flucht entzog. Als Präſi- dent der Oberſteuerkammer ſuchte Malesherbes die bedräng- ten Steuerpflichtigen inſoweit mindeſtens der Willkür der Generalpächter zu entziehen, daß ſie mit Beſtimmtheit er- führen, was ſie zu zahlen hätten, die öffentlich ausliegen- den Steuerrollen einſehen dürften. Allein ſein Bemühen ſcheiterte an dem Widerſtande der Geldmänner und ihres Beſchützers Terray, und von einem Könige, der insge- heim für eigene Rechnung Kornhandel trieb, war kein of- fenes Ohr für die Bedrängniß der kleinen Leute zu hoffen. Mit eben ſo wenigem Erfolg, aber nicht minder freimüthig erhob er an der Spitze ſeines Collegiums die Stimme für den Fortbeſtand der Parlamente und wagte an Reichs- ſtände zu erinnern. Der Ausgang war daß die Steuer- kammer das Schickſal der Parlamente theilte, Aufhebung, und Verweiſung ihrer Mitglieder. Innerlich getroſt zog ſich Malesherbes in ſein Familienleben und die menſchen- freundliche Verwaltung ſeiner Güter zurück.
Unterdeſſen hatte Turgot in beſchränkteren Verhältniſſen große Dinge ausgerichtet. Zu Paris geboren, Sprößling1727. eines altadlichen Geſchlechtes aus der Normandie, hatte er ſich für den geiſtlichen Stand beſtimmt und machte ſeine theologiſchen Studien in der Sorbonne durch. Hierauf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0037"n="27"/>
aus. Als in ſpäteren Jahren unter Betheiligung von<noteplace="right">1762.</note><lb/>
Malesherbes ein Abdruck von Rouſſeau’s Emil in Paris<lb/>
gewagt ward, zog dieſer dem Verfaſſer eine Verurtheilung<lb/>
durch das pariſer Parlament und einen Verhaftsbefehl zu,<lb/>
welchem Rouſſeau ſich durch die Flucht entzog. Als Präſi-<lb/>
dent der Oberſteuerkammer ſuchte Malesherbes die bedräng-<lb/>
ten Steuerpflichtigen inſoweit mindeſtens der Willkür der<lb/>
Generalpächter zu entziehen, daß ſie mit Beſtimmtheit er-<lb/>
führen, was ſie zu zahlen hätten, die öffentlich ausliegen-<lb/>
den Steuerrollen einſehen dürften. Allein ſein Bemühen<lb/>ſcheiterte an dem Widerſtande der Geldmänner und ihres<lb/>
Beſchützers Terray, und von einem Könige, der insge-<lb/>
heim für eigene Rechnung Kornhandel trieb, war kein of-<lb/>
fenes Ohr für die Bedrängniß der kleinen Leute zu hoffen.<lb/>
Mit eben ſo wenigem Erfolg, aber nicht minder freimüthig<lb/>
erhob er an der Spitze ſeines Collegiums die Stimme für<lb/>
den Fortbeſtand der Parlamente und wagte an Reichs-<lb/>ſtände zu erinnern. Der Ausgang war daß die Steuer-<lb/>
kammer das Schickſal der Parlamente theilte, Aufhebung,<lb/>
und Verweiſung ihrer Mitglieder. Innerlich getroſt zog<lb/>ſich Malesherbes in ſein Familienleben und die menſchen-<lb/>
freundliche Verwaltung ſeiner Güter zurück.</p><lb/><p>Unterdeſſen hatte Turgot in beſchränkteren Verhältniſſen<lb/>
große Dinge ausgerichtet. Zu Paris geboren, Sprößling<noteplace="right">1727.</note><lb/>
eines altadlichen Geſchlechtes aus der Normandie, hatte<lb/>
er ſich für den geiſtlichen Stand beſtimmt und machte ſeine<lb/>
theologiſchen Studien in der Sorbonne durch. Hierauf<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[27/0037]
aus. Als in ſpäteren Jahren unter Betheiligung von
Malesherbes ein Abdruck von Rouſſeau’s Emil in Paris
gewagt ward, zog dieſer dem Verfaſſer eine Verurtheilung
durch das pariſer Parlament und einen Verhaftsbefehl zu,
welchem Rouſſeau ſich durch die Flucht entzog. Als Präſi-
dent der Oberſteuerkammer ſuchte Malesherbes die bedräng-
ten Steuerpflichtigen inſoweit mindeſtens der Willkür der
Generalpächter zu entziehen, daß ſie mit Beſtimmtheit er-
führen, was ſie zu zahlen hätten, die öffentlich ausliegen-
den Steuerrollen einſehen dürften. Allein ſein Bemühen
ſcheiterte an dem Widerſtande der Geldmänner und ihres
Beſchützers Terray, und von einem Könige, der insge-
heim für eigene Rechnung Kornhandel trieb, war kein of-
fenes Ohr für die Bedrängniß der kleinen Leute zu hoffen.
Mit eben ſo wenigem Erfolg, aber nicht minder freimüthig
erhob er an der Spitze ſeines Collegiums die Stimme für
den Fortbeſtand der Parlamente und wagte an Reichs-
ſtände zu erinnern. Der Ausgang war daß die Steuer-
kammer das Schickſal der Parlamente theilte, Aufhebung,
und Verweiſung ihrer Mitglieder. Innerlich getroſt zog
ſich Malesherbes in ſein Familienleben und die menſchen-
freundliche Verwaltung ſeiner Güter zurück.
1762.
Unterdeſſen hatte Turgot in beſchränkteren Verhältniſſen
große Dinge ausgerichtet. Zu Paris geboren, Sprößling
eines altadlichen Geſchlechtes aus der Normandie, hatte
er ſich für den geiſtlichen Stand beſtimmt und machte ſeine
theologiſchen Studien in der Sorbonne durch. Hierauf
1727.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/37>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.