Bei der Würdigung von Mirabeau's nunmehriger Stellung zu der Krone kommt es wenig darauf an, wie große Summen der große Staatsmann empfangen hat, er der sein Verhältniß gegen Vertraute treffend mit den Worten bezeichnete: "Man kauft mich, aber ich verkaufe mich nicht." Der König bezahlte an ihm keinen feilen Helfer, der sein besseres Bewußtseyn um des Eigennutzes willen verläugnete, er belohnte in ihm einen Mann, der bessere Rathschläge ertheilte, als seine öffentlich be- zahlten Minister im Stande waren. Gewiß ist es ehren- voller einen Jahrgehalt nicht anzunehmen, zu welchem man sich nicht vor aller Welt bekennen darf, und hier stoßen wir auf das Verhängniß, welches sich überall an dieses Mannes Fersen klammert, daß er nun und nimmer zu einer völlig reinen Lebenslage gelangen kann. Was fruchteten ihm die 18 Livres Diäten, die seit Kurzem je- dem Abgeordneten bewilligt waren? In des Königs Hand lag allein die Macht, ihn als einen völlig Gesunden gerade
8. Die letzten Stuͤtzen des Thrones weichen.
Bei der Würdigung von Mirabeau’s nunmehriger Stellung zu der Krone kommt es wenig darauf an, wie große Summen der große Staatsmann empfangen hat, er der ſein Verhältniß gegen Vertraute treffend mit den Worten bezeichnete: „Man kauft mich, aber ich verkaufe mich nicht.“ Der König bezahlte an ihm keinen feilen Helfer, der ſein beſſeres Bewußtſeyn um des Eigennutzes willen verläugnete, er belohnte in ihm einen Mann, der beſſere Rathſchläge ertheilte, als ſeine öffentlich be- zahlten Miniſter im Stande waren. Gewiß iſt es ehren- voller einen Jahrgehalt nicht anzunehmen, zu welchem man ſich nicht vor aller Welt bekennen darf, und hier ſtoßen wir auf das Verhängniß, welches ſich überall an dieſes Mannes Ferſen klammert, daß er nun und nimmer zu einer völlig reinen Lebenslage gelangen kann. Was fruchteten ihm die 18 Livres Diäten, die ſeit Kurzem je- dem Abgeordneten bewilligt waren? In des Königs Hand lag allein die Macht, ihn als einen völlig Geſunden gerade
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0335"n="[325]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">8. Die letzten Stuͤtzen des Thrones weichen.</hi></head><lb/><p>Bei der Würdigung von Mirabeau’s nunmehriger<lb/>
Stellung zu der Krone kommt es wenig darauf an, wie<lb/>
große Summen der große Staatsmann empfangen hat,<lb/>
er der ſein Verhältniß gegen Vertraute treffend mit den<lb/>
Worten bezeichnete: „Man kauft mich, aber ich verkaufe<lb/>
mich nicht.“ Der König bezahlte an ihm keinen feilen<lb/>
Helfer, der ſein beſſeres Bewußtſeyn um des Eigennutzes<lb/>
willen verläugnete, er belohnte in ihm einen Mann,<lb/>
der beſſere Rathſchläge ertheilte, als ſeine öffentlich be-<lb/>
zahlten Miniſter im Stande waren. Gewiß iſt es ehren-<lb/>
voller einen Jahrgehalt nicht anzunehmen, zu welchem<lb/>
man ſich nicht vor aller Welt bekennen darf, und hier<lb/>ſtoßen wir auf das Verhängniß, welches ſich überall an<lb/>
dieſes Mannes Ferſen klammert, daß er nun und nimmer<lb/>
zu einer völlig reinen Lebenslage gelangen kann. Was<lb/>
fruchteten ihm die 18 Livres Diäten, die ſeit Kurzem je-<lb/>
dem Abgeordneten bewilligt waren? In des Königs Hand<lb/>
lag allein die Macht, ihn als einen völlig Geſunden gerade<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[325]/0335]
8. Die letzten Stuͤtzen des Thrones weichen.
Bei der Würdigung von Mirabeau’s nunmehriger
Stellung zu der Krone kommt es wenig darauf an, wie
große Summen der große Staatsmann empfangen hat,
er der ſein Verhältniß gegen Vertraute treffend mit den
Worten bezeichnete: „Man kauft mich, aber ich verkaufe
mich nicht.“ Der König bezahlte an ihm keinen feilen
Helfer, der ſein beſſeres Bewußtſeyn um des Eigennutzes
willen verläugnete, er belohnte in ihm einen Mann,
der beſſere Rathſchläge ertheilte, als ſeine öffentlich be-
zahlten Miniſter im Stande waren. Gewiß iſt es ehren-
voller einen Jahrgehalt nicht anzunehmen, zu welchem
man ſich nicht vor aller Welt bekennen darf, und hier
ſtoßen wir auf das Verhängniß, welches ſich überall an
dieſes Mannes Ferſen klammert, daß er nun und nimmer
zu einer völlig reinen Lebenslage gelangen kann. Was
fruchteten ihm die 18 Livres Diäten, die ſeit Kurzem je-
dem Abgeordneten bewilligt waren? In des Königs Hand
lag allein die Macht, ihn als einen völlig Geſunden gerade
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. [325]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/335>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.