tionalversammlung mit berathender Stimme einzunehmen, bis die Verfassung demnächst ihre künftige Stellung fest- setze. Da durchdrang Einige von der linken Seite der Arg- wohn, Mirabeau wolle seinen künftigen Einfluß sicher stellen, und einer, sonst ein achtbarer Mann, Professor des kanonischen Rechtes, der Bretagner Lanjuinais, stellte, seinen Verdacht wenig verheimlichend, den GegenantragNov. 7. auf, kein Mitglied der Nationalversammlung dürfe wäh- rend der Legislatur und auch die nächsten drei Jahre eine Ministerstelle oder ein Amt oder sonst irgend eine Gunst- bezeugung von der Staatsregierung annehmen, bei Strafe der Nichtigkeit und des Verlustes seiner activen Bürger- rechte für die Dauer von fünf Jahren. Es ist unmöglich zugleich eindringender und mit schlagenderer Ironie einen unsinnigen Vorschlag zu bekämpfen als hier Mirabeau that. Er kann nicht begreifen, wie es mit der verkündig- ten Gleichheit der Rechte bestehe, daß 1200 Abgeordnete ihrer nicht genießen sollen, solche Abgeordnete, welche die Wahl des Volks als seine Auserlesenen bezeichnet hat. Giebt es einen solchen Überfluß an Begabtheiten? oder soll der König gezwungen seyn Hofschranzen und über- haupt solche Leute, welchen das Volk sein Vertrauen nicht geschenkt hat, denen vorzuziehen, welchen es Ver- trauen schenkt? -- "Nein ich glaube nicht daß das der Zweck des Antrages ist, weil niemand mich zwingen wird, eine abgeschmackte Sache zu glauben. Es muß ein gehei- mer Grund seyn und ich will versuchen, ob ich ihn er-
tionalverſammlung mit berathender Stimme einzunehmen, bis die Verfaſſung demnächſt ihre künftige Stellung feſt- ſetze. Da durchdrang Einige von der linken Seite der Arg- wohn, Mirabeau wolle ſeinen künftigen Einfluß ſicher ſtellen, und einer, ſonſt ein achtbarer Mann, Profeſſor des kanoniſchen Rechtes, der Bretagner Lanjuinais, ſtellte, ſeinen Verdacht wenig verheimlichend, den GegenantragNov. 7. auf, kein Mitglied der Nationalverſammlung dürfe wäh- rend der Legislatur und auch die nächſten drei Jahre eine Miniſterſtelle oder ein Amt oder ſonſt irgend eine Gunſt- bezeugung von der Staatsregierung annehmen, bei Strafe der Nichtigkeit und des Verluſtes ſeiner activen Bürger- rechte für die Dauer von fünf Jahren. Es iſt unmöglich zugleich eindringender und mit ſchlagenderer Ironie einen unſinnigen Vorſchlag zu bekämpfen als hier Mirabeau that. Er kann nicht begreifen, wie es mit der verkündig- ten Gleichheit der Rechte beſtehe, daß 1200 Abgeordnete ihrer nicht genießen ſollen, ſolche Abgeordnete, welche die Wahl des Volks als ſeine Auserleſenen bezeichnet hat. Giebt es einen ſolchen Überfluß an Begabtheiten? oder ſoll der König gezwungen ſeyn Hofſchranzen und über- haupt ſolche Leute, welchen das Volk ſein Vertrauen nicht geſchenkt hat, denen vorzuziehen, welchen es Ver- trauen ſchenkt? — „Nein ich glaube nicht daß das der Zweck des Antrages iſt, weil niemand mich zwingen wird, eine abgeſchmackte Sache zu glauben. Es muß ein gehei- mer Grund ſeyn und ich will verſuchen, ob ich ihn er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0311"n="301"/>
tionalverſammlung mit berathender Stimme einzunehmen,<lb/>
bis die Verfaſſung demnächſt ihre künftige Stellung feſt-<lb/>ſetze. Da durchdrang Einige von der linken Seite der Arg-<lb/>
wohn, Mirabeau wolle ſeinen künftigen Einfluß ſicher<lb/>ſtellen, und einer, ſonſt ein achtbarer Mann, Profeſſor<lb/>
des kanoniſchen Rechtes, der Bretagner Lanjuinais, ſtellte,<lb/>ſeinen Verdacht wenig verheimlichend, den Gegenantrag<noteplace="right">Nov. 7.</note><lb/>
auf, kein Mitglied der Nationalverſammlung dürfe wäh-<lb/>
rend der Legislatur und auch die nächſten drei Jahre eine<lb/>
Miniſterſtelle oder ein Amt oder ſonſt irgend eine Gunſt-<lb/>
bezeugung von der Staatsregierung annehmen, bei Strafe<lb/>
der Nichtigkeit und des Verluſtes ſeiner activen Bürger-<lb/>
rechte für die Dauer von fünf Jahren. Es iſt unmöglich<lb/>
zugleich eindringender und mit ſchlagenderer Ironie einen<lb/>
unſinnigen Vorſchlag zu bekämpfen als hier Mirabeau<lb/>
that. Er kann nicht begreifen, wie es mit der verkündig-<lb/>
ten Gleichheit der Rechte beſtehe, daß 1200 Abgeordnete<lb/>
ihrer nicht genießen ſollen, ſolche Abgeordnete, welche die<lb/>
Wahl des Volks als ſeine Auserleſenen bezeichnet hat.<lb/>
Giebt es einen ſolchen Überfluß an Begabtheiten? oder<lb/>ſoll der König gezwungen ſeyn Hofſchranzen und über-<lb/>
haupt ſolche Leute, welchen das Volk ſein Vertrauen<lb/><hirendition="#g">nicht</hi> geſchenkt hat, denen vorzuziehen, welchen es Ver-<lb/>
trauen ſchenkt? —„Nein ich glaube nicht daß das der<lb/>
Zweck des Antrages iſt, weil niemand mich zwingen wird,<lb/>
eine abgeſchmackte Sache zu glauben. Es muß ein gehei-<lb/>
mer Grund ſeyn und ich will verſuchen, ob ich ihn er-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[301/0311]
tionalverſammlung mit berathender Stimme einzunehmen,
bis die Verfaſſung demnächſt ihre künftige Stellung feſt-
ſetze. Da durchdrang Einige von der linken Seite der Arg-
wohn, Mirabeau wolle ſeinen künftigen Einfluß ſicher
ſtellen, und einer, ſonſt ein achtbarer Mann, Profeſſor
des kanoniſchen Rechtes, der Bretagner Lanjuinais, ſtellte,
ſeinen Verdacht wenig verheimlichend, den Gegenantrag
auf, kein Mitglied der Nationalverſammlung dürfe wäh-
rend der Legislatur und auch die nächſten drei Jahre eine
Miniſterſtelle oder ein Amt oder ſonſt irgend eine Gunſt-
bezeugung von der Staatsregierung annehmen, bei Strafe
der Nichtigkeit und des Verluſtes ſeiner activen Bürger-
rechte für die Dauer von fünf Jahren. Es iſt unmöglich
zugleich eindringender und mit ſchlagenderer Ironie einen
unſinnigen Vorſchlag zu bekämpfen als hier Mirabeau
that. Er kann nicht begreifen, wie es mit der verkündig-
ten Gleichheit der Rechte beſtehe, daß 1200 Abgeordnete
ihrer nicht genießen ſollen, ſolche Abgeordnete, welche die
Wahl des Volks als ſeine Auserleſenen bezeichnet hat.
Giebt es einen ſolchen Überfluß an Begabtheiten? oder
ſoll der König gezwungen ſeyn Hofſchranzen und über-
haupt ſolche Leute, welchen das Volk ſein Vertrauen
nicht geſchenkt hat, denen vorzuziehen, welchen es Ver-
trauen ſchenkt? — „Nein ich glaube nicht daß das der
Zweck des Antrages iſt, weil niemand mich zwingen wird,
eine abgeſchmackte Sache zu glauben. Es muß ein gehei-
mer Grund ſeyn und ich will verſuchen, ob ich ihn er-
Nov. 7.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/311>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.