Oct. 9.Als der König nun seinen freien Entschluß, fortan in der Hauptstadt zu residiren, öffentlich kundgab, erwählte die Nationalversammlung die Reitbahn der Tuillerien, da wo jetzt die Straße Rivoli steht, zu ihrem künftigen Sitze. Weil aber die Einrichtung Zeit erforderte, eröffnete man Oct. 19.vorläufig im erzbischöflichen Palast die Sitzungen. Keine 800 Mitglieder fanden sich zusammen: 120 Mitglieder nahmen ihre Entlassung, unter ihnen Mounier und Lally- Tollendal; Bergasse blieb ohne Anzeige weg. Man soll aber am Vaterlande und an der Menschheit nie verzwei- feln, nie so hoch sich gegen beide stellen, daß man sie tief unter sich erblickte, nie so gering von sich denken, als ob man nichts mehr nütze, wenngleich weit in der Minder- zahl stehend. Lafayette schrieb mit rührender Wärme an Mounier, vermochte ihn jedoch nicht umzustimmen. Um so entschiedener bestand Lafayette auf der Entfernung des Herzogs von Orleans, welchen die öffentliche Stimme als den Urheber der Auftritte vom 5ten und 6ten October bezeichnete, und er mußte sich bequemen unter dem Vor- wande einer diplomatischen Sendung nach England zu gehen.
Oct. 9.Als der König nun ſeinen freien Entſchluß, fortan in der Hauptſtadt zu reſidiren, öffentlich kundgab, erwählte die Nationalverſammlung die Reitbahn der Tuillerien, da wo jetzt die Straße Rivoli ſteht, zu ihrem künftigen Sitze. Weil aber die Einrichtung Zeit erforderte, eröffnete man Oct. 19.vorläufig im erzbiſchöflichen Palaſt die Sitzungen. Keine 800 Mitglieder fanden ſich zuſammen: 120 Mitglieder nahmen ihre Entlaſſung, unter ihnen Mounier und Lally- Tollendal; Bergaſſe blieb ohne Anzeige weg. Man ſoll aber am Vaterlande und an der Menſchheit nie verzwei- feln, nie ſo hoch ſich gegen beide ſtellen, daß man ſie tief unter ſich erblickte, nie ſo gering von ſich denken, als ob man nichts mehr nütze, wenngleich weit in der Minder- zahl ſtehend. Lafayette ſchrieb mit rührender Wärme an Mounier, vermochte ihn jedoch nicht umzuſtimmen. Um ſo entſchiedener beſtand Lafayette auf der Entfernung des Herzogs von Orleans, welchen die öffentliche Stimme als den Urheber der Auftritte vom 5ten und 6ten October bezeichnete, und er mußte ſich bequemen unter dem Vor- wande einer diplomatiſchen Sendung nach England zu gehen.
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[294/0304]
Als der König nun ſeinen freien Entſchluß, fortan in
der Hauptſtadt zu reſidiren, öffentlich kundgab, erwählte
die Nationalverſammlung die Reitbahn der Tuillerien, da
wo jetzt die Straße Rivoli ſteht, zu ihrem künftigen Sitze.
Weil aber die Einrichtung Zeit erforderte, eröffnete man
vorläufig im erzbiſchöflichen Palaſt die Sitzungen. Keine
800 Mitglieder fanden ſich zuſammen: 120 Mitglieder
nahmen ihre Entlaſſung, unter ihnen Mounier und Lally-
Tollendal; Bergaſſe blieb ohne Anzeige weg. Man ſoll
aber am Vaterlande und an der Menſchheit nie verzwei-
feln, nie ſo hoch ſich gegen beide ſtellen, daß man ſie tief
unter ſich erblickte, nie ſo gering von ſich denken, als ob
man nichts mehr nütze, wenngleich weit in der Minder-
zahl ſtehend. Lafayette ſchrieb mit rührender Wärme an
Mounier, vermochte ihn jedoch nicht umzuſtimmen. Um
ſo entſchiedener beſtand Lafayette auf der Entfernung des
Herzogs von Orleans, welchen die öffentliche Stimme
als den Urheber der Auftritte vom 5ten und 6ten October
bezeichnete, und er mußte ſich bequemen unter dem Vor-
wande einer diplomatiſchen Sendung nach England zu gehen.
Oct. 9.
Oct. 19.
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/304>, abgerufen am 27.11.2024.
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