tige Opernsaal ward dazu eingeräumt. Alle Logen füllten sich am 1sten October mit Zuschauern. Die Officiere ta- felten auf der Bühne, die Gemeinen sah man reichlich im Parterre bewirthet. Alles überließ sich kameradschaftli- cher Freude, als die Erscheinung der Königin, ihren Dau- phin an der Hand, dem Feste plötzlich einen politischen Charakter gab. Schon waren die Gemüther sehr erhitzt, als auch der König, eben von der Jagd zurückgekehrt, in den Saal trat. Nun spielte die Musik das bekannte be- deutungsvolle Lied: "O Richard, o mein König, die ganze Welt verläßt Dich!" In das Lebehoch für den König mischte sich manch ungestümer Ausruf gegen die Nationalversammlung ein. Es ist nicht wahr daß man die dreifarbige Cocarde beschimpft, mit Füßen getreten hat, allein die Damen nahmen ihre weißen Bänder ab und verwandelten sie in Cocarden, vertheilten diese, und der König ließ es geschehen daß man die weiße Cocarde auch die folgenden Tage in dem Schlosse trug, in welchem er selbst die dreifarbige führte.
Von diesem Auftritte verbreiteten sich die übertrieben- sten Gerüchte in die Hauptstadt und der Pariser kam da- rauf zurück, es tauge nimmermehr daß sein König ferner da draußen in Versailles hause, ohne die entsetzliche Noth der hier bei jedem Tagesanbruche vor den Bäckerläden kämpfenden Menge auch nur zu kennen. Viele fürchteten, man werde den König ehestens überreden, noch weiter von Paris fortzureisen.
tige Opernſaal ward dazu eingeräumt. Alle Logen füllten ſich am 1ſten October mit Zuſchauern. Die Officiere ta- felten auf der Bühne, die Gemeinen ſah man reichlich im Parterre bewirthet. Alles überließ ſich kameradſchaftli- cher Freude, als die Erſcheinung der Königin, ihren Dau- phin an der Hand, dem Feſte plötzlich einen politiſchen Charakter gab. Schon waren die Gemüther ſehr erhitzt, als auch der König, eben von der Jagd zurückgekehrt, in den Saal trat. Nun ſpielte die Muſik das bekannte be- deutungsvolle Lied: „O Richard, o mein König, die ganze Welt verläßt Dich!“ In das Lebehoch für den König miſchte ſich manch ungeſtümer Ausruf gegen die Nationalverſammlung ein. Es iſt nicht wahr daß man die dreifarbige Cocarde beſchimpft, mit Füßen getreten hat, allein die Damen nahmen ihre weißen Bänder ab und verwandelten ſie in Cocarden, vertheilten dieſe, und der König ließ es geſchehen daß man die weiße Cocarde auch die folgenden Tage in dem Schloſſe trug, in welchem er ſelbſt die dreifarbige führte.
Von dieſem Auftritte verbreiteten ſich die übertrieben- ſten Gerüchte in die Hauptſtadt und der Pariſer kam da- rauf zurück, es tauge nimmermehr daß ſein König ferner da draußen in Verſailles hauſe, ohne die entſetzliche Noth der hier bei jedem Tagesanbruche vor den Bäckerläden kämpfenden Menge auch nur zu kennen. Viele fürchteten, man werde den König eheſtens überreden, noch weiter von Paris fortzureiſen.
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tige Opernſaal ward dazu eingeräumt. Alle Logen füllten
ſich am 1ſten October mit Zuſchauern. Die Officiere ta-
felten auf der Bühne, die Gemeinen ſah man reichlich im
Parterre bewirthet. Alles überließ ſich kameradſchaftli-
cher Freude, als die Erſcheinung der Königin, ihren Dau-
phin an der Hand, dem Feſte plötzlich einen politiſchen
Charakter gab. Schon waren die Gemüther ſehr erhitzt,
als auch der König, eben von der Jagd zurückgekehrt, in
den Saal trat. Nun ſpielte die Muſik das bekannte be-
deutungsvolle Lied: „O Richard, o mein König, die
ganze Welt verläßt Dich!“ In das Lebehoch für den
König miſchte ſich manch ungeſtümer Ausruf gegen die
Nationalverſammlung ein. Es iſt nicht wahr daß man
die dreifarbige Cocarde beſchimpft, mit Füßen getreten hat,
allein die Damen nahmen ihre weißen Bänder ab und
verwandelten ſie in Cocarden, vertheilten dieſe, und der
König ließ es geſchehen daß man die weiße Cocarde auch
die folgenden Tage in dem Schloſſe trug, in welchem er
ſelbſt die dreifarbige führte.
Von dieſem Auftritte verbreiteten ſich die übertrieben-
ſten Gerüchte in die Hauptſtadt und der Pariſer kam da-
rauf zurück, es tauge nimmermehr daß ſein König ferner
da draußen in Verſailles hauſe, ohne die entſetzliche Noth
der hier bei jedem Tagesanbruche vor den Bäckerläden
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/294>, abgerufen am 27.11.2024.
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