Deputirten in der Hauptstadt, an welchen außer allen in Paris gerade anwesenden Edelleuten aus der Bretagne auch viele andere Adlige theilnahmen, und nicht bloß als Zuhörer, auch als Mitunterzeichner. Durch diesen Mis- griff verlor Lafayette sein Commando, Andere büßten ihre Pensionen, ihre Hofämter ein. In der Bretagne mußte ein Regiment aufgelöst werden, weil die Officiere sich weigerten ihren Befehlshabern zu gehorchen. Auch in der Provence, im Languedoc und im Roussillon zeigten sich ernsthafte Bewegungen, nirgend aber gefährlicher als im Dauphine. Als hier der unvorsichtige Gouverneur Verhaftsbriefe gegen die Parlamentsglieder anwandte, brachte ihn ein Aufstand in Grenoble bald in die Lage daß er den Beistand seiner Gefangenen für die eigene Rettung anrufen mußte. Die Truppen bewiesen sich auch hier lau, mancher Officier gab bedenkliche Erklärungen. Am Ende nahmen einige Männer von Gewicht, gleich bedacht der Anarchie zu steuern wie den Kampf gegen die Minister nicht aufzugeben, sich des Gemeinwesens an, stellten auf eigene Verantwortlichkeit die Provinzialstände des Dau- phine wieder her, welche seit 1628 nicht zusammengekom- men waren. Ein noch junger Mann von ernster Bildung, der königliche Richter in Grenoble, Mounier, trat an die Spitze dieser ständischen Schöpfung, welche ohne Erlaub- niß der Regierung gestaltet, kaum von ihr geduldet, den- noch die zarte Gränze des Gehorsams einzuhalten bemüht Aug.war. Schließlich aber gerieth man doch dahin daß man
Deputirten in der Hauptſtadt, an welchen außer allen in Paris gerade anweſenden Edelleuten aus der Bretagne auch viele andere Adlige theilnahmen, und nicht bloß als Zuhörer, auch als Mitunterzeichner. Durch dieſen Mis- griff verlor Lafayette ſein Commando, Andere büßten ihre Penſionen, ihre Hofämter ein. In der Bretagne mußte ein Regiment aufgelöſt werden, weil die Officiere ſich weigerten ihren Befehlshabern zu gehorchen. Auch in der Provence, im Languedoc und im Rouſſillon zeigten ſich ernſthafte Bewegungen, nirgend aber gefährlicher als im Dauphiné. Als hier der unvorſichtige Gouverneur Verhaftsbriefe gegen die Parlamentsglieder anwandte, brachte ihn ein Aufſtand in Grenoble bald in die Lage daß er den Beiſtand ſeiner Gefangenen für die eigene Rettung anrufen mußte. Die Truppen bewieſen ſich auch hier lau, mancher Officier gab bedenkliche Erklärungen. Am Ende nahmen einige Männer von Gewicht, gleich bedacht der Anarchie zu ſteuern wie den Kampf gegen die Miniſter nicht aufzugeben, ſich des Gemeinweſens an, ſtellten auf eigene Verantwortlichkeit die Provinzialſtände des Dau- phiné wieder her, welche ſeit 1628 nicht zuſammengekom- men waren. Ein noch junger Mann von ernſter Bildung, der königliche Richter in Grenoble, Mounier, trat an die Spitze dieſer ſtändiſchen Schöpfung, welche ohne Erlaub- niß der Regierung geſtaltet, kaum von ihr geduldet, den- noch die zarte Gränze des Gehorſams einzuhalten bemüht Aug.war. Schließlich aber gerieth man doch dahin daß man
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Deputirten in der Hauptſtadt, an welchen außer allen in
Paris gerade anweſenden Edelleuten aus der Bretagne
auch viele andere Adlige theilnahmen, und nicht bloß als
Zuhörer, auch als Mitunterzeichner. Durch dieſen Mis-
griff verlor Lafayette ſein Commando, Andere büßten
ihre Penſionen, ihre Hofämter ein. In der Bretagne
mußte ein Regiment aufgelöſt werden, weil die Officiere
ſich weigerten ihren Befehlshabern zu gehorchen. Auch in
der Provence, im Languedoc und im Rouſſillon zeigten
ſich ernſthafte Bewegungen, nirgend aber gefährlicher als
im Dauphiné. Als hier der unvorſichtige Gouverneur
Verhaftsbriefe gegen die Parlamentsglieder anwandte,
brachte ihn ein Aufſtand in Grenoble bald in die Lage daß
er den Beiſtand ſeiner Gefangenen für die eigene Rettung
anrufen mußte. Die Truppen bewieſen ſich auch hier lau,
mancher Officier gab bedenkliche Erklärungen. Am Ende
nahmen einige Männer von Gewicht, gleich bedacht der
Anarchie zu ſteuern wie den Kampf gegen die Miniſter
nicht aufzugeben, ſich des Gemeinweſens an, ſtellten auf
eigene Verantwortlichkeit die Provinzialſtände des Dau-
phiné wieder her, welche ſeit 1628 nicht zuſammengekom-
men waren. Ein noch junger Mann von ernſter Bildung,
der königliche Richter in Grenoble, Mounier, trat an die
Spitze dieſer ſtändiſchen Schöpfung, welche ohne Erlaub-
niß der Regierung geſtaltet, kaum von ihr geduldet, den-
noch die zarte Gränze des Gehorſams einzuhalten bemüht
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/146>, abgerufen am 23.11.2024.
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