willigen. Die allgemeine Stille, welche auf diese Rede eintrat, unterbrach der Graf von Artois: "Wie, mein Herr, Sie verlangen die Berufung der Generalstaaten?" -- "Ja, gnädigster Herr, und wo möglich noch etwas Besseres." -- "Sie wollen also, ich soll dem Könige ein- berichten daß Herr von Lafayette den Antrag macht die Generalstaaten zu berufen?" -- "Ja, gnädigster Herr." -- Der Antrag fiel im Büreau, obgleich mehrfach un- terstützt; allein der Unwille gegen den Urheber aller dieser Nöthen ward in dem Grade persönlich, daß man Vor- schläge ablehnte, welche man aus jeder andern Hand be- reitwillig angenommen hätte, als z. B. die Aufhebung der inneren Zolllinien, welche schon die letzten Reichs- stände von 1614 als ein öffentliches Unglück beklagten, dessen Beseitigung Colbert betrieben hatte. Es war augen- scheinlich Plan in allen diesen Verwerfungen. Auch ließ Calonne, erbittert daß sein eigenes Messer ihn verwunde, die Notabeln durch Brochüren angreifen, welchen ohne Mühe der Beweis gelang daß viele dieser Ablehnungen dem Gemeinwohle widerstritten. Darüber beschwerte sich dann wieder die Versammlung bei dem Könige; dieser re- dete zur Güte bei den Einzelnen, weil er aber der Ver- sammlung im Ganzen grollte, hielt er seinen Minister noch fest, als schon die feinspürenden Hofleute anfingen sich von ihm loszulösen. Da Calonne den Miromenil auf einem Versuche ihn zu stürzen betraf, erlangte er vom Kö- nige daß dieser entfernt und der Parlamentspräsident
willigen. Die allgemeine Stille, welche auf dieſe Rede eintrat, unterbrach der Graf von Artois: „Wie, mein Herr, Sie verlangen die Berufung der Generalſtaaten?“ — „Ja, gnädigſter Herr, und wo möglich noch etwas Beſſeres.“ — „Sie wollen alſo, ich ſoll dem Könige ein- berichten daß Herr von Lafayette den Antrag macht die Generalſtaaten zu berufen?“ — „Ja, gnädigſter Herr.“ — Der Antrag fiel im Büreau, obgleich mehrfach un- terſtützt; allein der Unwille gegen den Urheber aller dieſer Nöthen ward in dem Grade perſönlich, daß man Vor- ſchläge ablehnte, welche man aus jeder andern Hand be- reitwillig angenommen hätte, als z. B. die Aufhebung der inneren Zolllinien, welche ſchon die letzten Reichs- ſtände von 1614 als ein öffentliches Unglück beklagten, deſſen Beſeitigung Colbert betrieben hatte. Es war augen- ſcheinlich Plan in allen dieſen Verwerfungen. Auch ließ Calonne, erbittert daß ſein eigenes Meſſer ihn verwunde, die Notabeln durch Brochüren angreifen, welchen ohne Mühe der Beweis gelang daß viele dieſer Ablehnungen dem Gemeinwohle widerſtritten. Darüber beſchwerte ſich dann wieder die Verſammlung bei dem Könige; dieſer re- dete zur Güte bei den Einzelnen, weil er aber der Ver- ſammlung im Ganzen grollte, hielt er ſeinen Miniſter noch feſt, als ſchon die feinſpürenden Hofleute anfingen ſich von ihm loszulöſen. Da Calonne den Miromenil auf einem Verſuche ihn zu ſtürzen betraf, erlangte er vom Kö- nige daß dieſer entfernt und der Parlamentspräſident
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willigen. Die allgemeine Stille, welche auf dieſe Rede
eintrat, unterbrach der Graf von Artois: „Wie, mein
Herr, Sie verlangen die Berufung der Generalſtaaten?“
— „Ja, gnädigſter Herr, und wo möglich noch etwas
Beſſeres.“ — „Sie wollen alſo, ich ſoll dem Könige ein-
berichten daß Herr von Lafayette den Antrag macht die
Generalſtaaten zu berufen?“ — „Ja, gnädigſter Herr.“
— Der Antrag fiel im Büreau, obgleich mehrfach un-
terſtützt; allein der Unwille gegen den Urheber aller dieſer
Nöthen ward in dem Grade perſönlich, daß man Vor-
ſchläge ablehnte, welche man aus jeder andern Hand be-
reitwillig angenommen hätte, als z. B. die Aufhebung
der inneren Zolllinien, welche ſchon die letzten Reichs-
ſtände von 1614 als ein öffentliches Unglück beklagten,
deſſen Beſeitigung Colbert betrieben hatte. Es war augen-
ſcheinlich Plan in allen dieſen Verwerfungen. Auch ließ
Calonne, erbittert daß ſein eigenes Meſſer ihn verwunde,
die Notabeln durch Brochüren angreifen, welchen ohne
Mühe der Beweis gelang daß viele dieſer Ablehnungen
dem Gemeinwohle widerſtritten. Darüber beſchwerte ſich
dann wieder die Verſammlung bei dem Könige; dieſer re-
dete zur Güte bei den Einzelnen, weil er aber der Ver-
ſammlung im Ganzen grollte, hielt er ſeinen Miniſter
noch feſt, als ſchon die feinſpürenden Hofleute anfingen
ſich von ihm loszulöſen. Da Calonne den Miromenil auf
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/122>, abgerufen am 23.11.2024.
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