te Donne Marie, die von Liebe und Verlangen ausser sich selbst war, ihre Sinne zusammen, und verdop- pelte ihre lebhafte Umarmungen und ihre brünstige Seufzer. Wer wollte eine solche Antwort nicht annehmen? Jhr Glück war so vollkommen, daß sie lange in dieser stummen Trunken- heit waren. Wer kann einen solchen Zustand beschreiben? Er ist für al- le Worte und Schreibart zu hoch. Jch stelle ihn mit in Gedanken vor, ich sehne mich auch darnach, ein je- der Leser mache es eben so. Alles, was ich als ein aufrichtiger Ge- schichtschreiber erzehlen muß, ist, daß der Hahn schon einige mahl die Ankunft der Sonnen verkündigt hat- te, ohne daß der eine oder der ande- re die geringste Schwachheit in dem Streite bezeugte hätte; so gleich wa- ren ihre Waffen. Wie sie endlich ganz ermüdet, so machten sie sich zum Schlaf bereit: aber die Liebe liesse sie nicht lange in einem so schimpflichen Schlage, und weckte sie auf, um das wieder anzufangen,
was
te Donne Marie, die von Liebe und Verlangen auſſer ſich ſelbſt war, ihre Sinne zuſammen, und verdop- pelte ihre lebhafte Umarmungen und ihre bruͤnſtige Seufzer. Wer wollte eine ſolche Antwort nicht annehmen? Jhr Gluͤck war ſo vollkommen, daß ſie lange in dieſer ſtummen Trunken- heit waren. Wer kann einen ſolchen Zuſtand beſchreiben? Er iſt fuͤr al- le Worte und Schreibart zu hoch. Jch ſtelle ihn mit in Gedanken vor, ich ſehne mich auch darnach, ein je- der Leſer mache es eben ſo. Alles, was ich als ein aufrichtiger Ge- ſchichtſchreiber erzehlen muß, iſt, daß der Hahn ſchon einige mahl die Ankunft der Sonnen verkuͤndigt hat- te, ohne daß der eine oder der ande- re die geringſte Schwachheit in dem Streite bezeugte haͤtte; ſo gleich wa- ren ihre Waffen. Wie ſie endlich ganz ermuͤdet, ſo machten ſie ſich zum Schlaf bereit: aber die Liebe lieſſe ſie nicht lange in einem ſo ſchimpflichen Schlage, und weckte ſie auf, um das wieder anzufangen,
was
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0064"n="62"/>
te <hirendition="#fr"><hirendition="#g">Donne Marie</hi></hi>, die von Liebe<lb/>
und Verlangen auſſer ſich ſelbſt war,<lb/>
ihre Sinne zuſammen, und verdop-<lb/>
pelte ihre lebhafte Umarmungen und<lb/>
ihre bruͤnſtige Seufzer. Wer wollte<lb/>
eine ſolche Antwort nicht annehmen?<lb/>
Jhr Gluͤck war ſo vollkommen, daß<lb/>ſie lange in dieſer ſtummen Trunken-<lb/>
heit waren. Wer kann einen ſolchen<lb/>
Zuſtand beſchreiben? Er iſt fuͤr al-<lb/>
le Worte und Schreibart zu hoch.<lb/>
Jch ſtelle ihn mit in Gedanken vor,<lb/>
ich ſehne mich auch darnach, ein je-<lb/>
der Leſer mache es eben ſo. Alles,<lb/>
was ich als ein aufrichtiger Ge-<lb/>ſchichtſchreiber erzehlen muß, iſt,<lb/>
daß der Hahn ſchon einige mahl die<lb/>
Ankunft der Sonnen verkuͤndigt hat-<lb/>
te, ohne daß der eine oder der ande-<lb/>
re die geringſte Schwachheit in dem<lb/>
Streite bezeugte haͤtte; ſo gleich wa-<lb/>
ren ihre Waffen. Wie ſie endlich<lb/>
ganz ermuͤdet, ſo machten ſie ſich<lb/>
zum Schlaf bereit: aber die Liebe<lb/>
lieſſe ſie nicht lange in einem ſo<lb/>ſchimpflichen Schlage, und weckte<lb/>ſie auf, um das wieder anzufangen,<lb/><fwtype="catch"place="bottom">was</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[62/0064]
te Donne Marie, die von Liebe
und Verlangen auſſer ſich ſelbſt war,
ihre Sinne zuſammen, und verdop-
pelte ihre lebhafte Umarmungen und
ihre bruͤnſtige Seufzer. Wer wollte
eine ſolche Antwort nicht annehmen?
Jhr Gluͤck war ſo vollkommen, daß
ſie lange in dieſer ſtummen Trunken-
heit waren. Wer kann einen ſolchen
Zuſtand beſchreiben? Er iſt fuͤr al-
le Worte und Schreibart zu hoch.
Jch ſtelle ihn mit in Gedanken vor,
ich ſehne mich auch darnach, ein je-
der Leſer mache es eben ſo. Alles,
was ich als ein aufrichtiger Ge-
ſchichtſchreiber erzehlen muß, iſt,
daß der Hahn ſchon einige mahl die
Ankunft der Sonnen verkuͤndigt hat-
te, ohne daß der eine oder der ande-
re die geringſte Schwachheit in dem
Streite bezeugte haͤtte; ſo gleich wa-
ren ihre Waffen. Wie ſie endlich
ganz ermuͤdet, ſo machten ſie ſich
zum Schlaf bereit: aber die Liebe
lieſſe ſie nicht lange in einem ſo
ſchimpflichen Schlage, und weckte
ſie auf, um das wieder anzufangen,
was
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/64>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.