Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.reiche Formen des Perfects und Passivaorists, sowie in die Eine der bekanntesten Analogiebildungen im Gebiete der Das Gebiet der Sprachformen, in welchem die reichste reiche Formen des Perfects und Passivaorists, sowie in die Eine der bekanntesten Analogiebildungen im Gebiete der Das Gebiet der Sprachformen, in welchem die reichste <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0086" n="78"/> reiche Formen des Perfects und Passivaorists, sowie in die<lb/> Verbaladjectiva, worüber ich auf mein Verbum II<hi rendition="#sup">2</hi> 389 ver-<lb/> weise.</p><lb/> <p>Eine der bekanntesten Analogiebildungen im Gebiete der<lb/> Nominaldeclination ist die nach der Terminologie der alten<lb/> Grammatiker heteroklitische Behandlung der Stämme, welche<lb/> im Nom. Sing. auf <hi rendition="#i">-ης</hi> ausgehen. Am bekanntesten ist die<lb/> Bildung des Accusativs, z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Σοκράτην</foreign></hi> im Anschluss an <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Πέρ-<lb/> σην</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Θουκυδίδην</foreign></hi>. Bei G. Meyer § 328 überblickt man am<lb/> schnellsten, wie diese Anomalie zu den verschiedensten Zeiten<lb/> (z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">ζάην</foreign></hi> bei Homer) und in den verschiedensten Dialekten,<lb/> namentlich in den aeolischen (vgl. Meister Gr. Dial. I, 154),<lb/> sich verzweigt hat. Beim Accusativ wurde, wie ich glaube,<lb/> diese Bildungsweise dadurch begünstigt, dass durch sie die<lb/> Form dieses Casus deutlicher hervortrat. Wie die Attiker in<lb/> Eigennamen die Form der vocalischen Declination allmählich<lb/> auch auf den Genitiv übertrugen, z. B. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Ἀντιγένου</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Ἀριστο-<lb/> κράτου</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Ἀλκιμένου</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">Θεοφάνου</foreign></hi>, ist aus den Zusammenstellungen<lb/> von Herwerden (Lapidum testimonia S. 15 ff.) auf Grund der<lb/> Inschriften deutlich zu erkennen. Alle diese Bildungen sind<lb/> dem zweiten Bande der Inscriptiones Atticae entnommen, mit-<lb/> hin <hi rendition="#g">viel</hi> jünger als die erwähnten Accusative. Die spätere<lb/> Sprache zeigt sich also auch hier wieder reicher an solchen<lb/> Umbildungen als die ältere. Wir können daraus lernen, nicht<lb/> überall ohne weiteres dergleichen vorauszusetzen, sondern die<lb/> Zeiten wohl zu unterscheiden.</p><lb/> <p>Das Gebiet der Sprachformen, in welchem die reichste<lb/> Fülle solcher Bildungen sich darbietet, ist das der abgeleite-<lb/> ten Stammbildung und innerhalb dessen werden wiederum die<lb/> mittleren Silben der Wörter vorzugsweise davon betroffen.<lb/> Wenn wir aber erwägen, dass die Endsilbe dem Worte sein<lb/> für die Bedeutungskategorie charakteristisches Gepräge gibt,<lb/> während andrerseits die Stammsilbe selbstverständlich eine ge-<lb/> wisse Festigkeit verlangt, so bestätigt sich uns hier die oben<lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0086]
reiche Formen des Perfects und Passivaorists, sowie in die
Verbaladjectiva, worüber ich auf mein Verbum II2 389 ver-
weise.
Eine der bekanntesten Analogiebildungen im Gebiete der
Nominaldeclination ist die nach der Terminologie der alten
Grammatiker heteroklitische Behandlung der Stämme, welche
im Nom. Sing. auf -ης ausgehen. Am bekanntesten ist die
Bildung des Accusativs, z. B. Σοκράτην im Anschluss an Πέρ-
σην, Θουκυδίδην. Bei G. Meyer § 328 überblickt man am
schnellsten, wie diese Anomalie zu den verschiedensten Zeiten
(z. B. ζάην bei Homer) und in den verschiedensten Dialekten,
namentlich in den aeolischen (vgl. Meister Gr. Dial. I, 154),
sich verzweigt hat. Beim Accusativ wurde, wie ich glaube,
diese Bildungsweise dadurch begünstigt, dass durch sie die
Form dieses Casus deutlicher hervortrat. Wie die Attiker in
Eigennamen die Form der vocalischen Declination allmählich
auch auf den Genitiv übertrugen, z. B. Ἀντιγένου, Ἀριστο-
κράτου, Ἀλκιμένου, Θεοφάνου, ist aus den Zusammenstellungen
von Herwerden (Lapidum testimonia S. 15 ff.) auf Grund der
Inschriften deutlich zu erkennen. Alle diese Bildungen sind
dem zweiten Bande der Inscriptiones Atticae entnommen, mit-
hin viel jünger als die erwähnten Accusative. Die spätere
Sprache zeigt sich also auch hier wieder reicher an solchen
Umbildungen als die ältere. Wir können daraus lernen, nicht
überall ohne weiteres dergleichen vorauszusetzen, sondern die
Zeiten wohl zu unterscheiden.
Das Gebiet der Sprachformen, in welchem die reichste
Fülle solcher Bildungen sich darbietet, ist das der abgeleite-
ten Stammbildung und innerhalb dessen werden wiederum die
mittleren Silben der Wörter vorzugsweise davon betroffen.
Wenn wir aber erwägen, dass die Endsilbe dem Worte sein
für die Bedeutungskategorie charakteristisches Gepräge gibt,
während andrerseits die Stammsilbe selbstverständlich eine ge-
wisse Festigkeit verlangt, so bestätigt sich uns hier die oben
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Zitationshilfe: | Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_sprachforschung_1885/86>, abgerufen am 16.02.2025. |